Konsum als Kulturerlebnis - Pop-Up-Store in Lübeck
Innenstädte veröden. Pop-Up-Stores werden hier zum Gegenmittel: Sie ziehen in leerstehende Läden ein, bieten Lokales, Regionales und schaffen Gemeinschaft - so wie "Feines aus Lübeck".
Die Breite Straße - Lübecks zentrale Einkaufsmeile. Ketten, Cafés, Menschenströme. Und mittendrin: ein ehemaliger Schuhladen. Jahrelang stand er leer. Jetzt steht "Feines aus Lübeck" im Schaufenster - und dahinter: Surfboards aus Holz, Brot aus der Region, handgefertigte Gürtel.
Im Austausch mit den Menschen
Elf Manufakturen aus der Umgebung zeigen hier, wie Kreatives lokal umgesetzt werden kann - in einem sogenannten Pop-Up-Store: ein Laden auf Zeit.
Pop-up-Stores ziehen in leerstehende Geschäftsflächen ein, meist für wenige Wochen. Für kleine Labels, wie das von Rudi, ist das eine Chance: sichtbar werden, ausprobieren – ohne großen Druck. Rudi ist Bootsbauer und Inhaber von "Woody’s Surfboards": "Ich habe, als ich vor zwei Jahren diese Surfboard Geschichte angefangen habe, eine Möglichkeit gesucht, an die Leute ranzukommen", erzählt der 52-Jährige. Internet-Verkauf finde er nicht so interessant, dann sei ihm die Möglichkeit hier im Pop-Up-Store angeboten worden. "Da dachte ich: Keiner weiß, dass es mich gibt, ich will meine Produkte aber zeigen und gucken, welche Rückmeldung es gibt."
Der Stadt ein Gesicht geben
Rudi baut Surf- und SUP-Boards aus Holz. Nicht für den Massenmarkt – sondern für Menschen aus der Region. Was ihn interessiert, ist der direkte Austausch. Nicht der Kauf per Klick. Und genau das ist es auch, was Pop-Up-Stores leisten: Sie machen Konsum wieder persönlich. Und sie geben der Stadt ein Gesicht.
Prof. Marcus Menzl ist Stadtsoziologe an der Technischen Hochschule Lübeck. Für ihn sind Pop-Up-Konzepte ein wichtiger Baustein, um Innenstädte wieder lebendig zu machen. "Wir müssen gucken, dass wir mehr Erlebnischarakter in die Innenstadt bekommen und nicht überall Gleichförmigkeit haben, mit dem immer gleichen Finalisten." Für ihn seien da solche Pop-Up-Stores wie dieser "Gold wert". "Der macht neugierig."
Mietfreie Verkaufsflächen dank Wirtschaftsförderung
Ermöglicht wird das Ganze durch die Stadt Lübeck: Wirtschaftsförderung, Gebäudemanagement und Stadtplanung haben das Projekt gemeinsam initiiert, gefördert durch das Bundesprogramm "Zukunftsfähige Innenstädte". Die Fläche wird mietfrei zur Verfügung gestellt, damit solche Ideen Raum bekommen.
Für Stadtsoziologe Marcus Menzl ist klar: Wer lokal konsumiert, schafft mehr als Umsatz - nämlich Verbindung. "Wir haben in unserer Gesellschaft viele Tendenzen, die auseinander driften; Es gibt unterschiedlichste Haltungen, politische Zuspitzungen und manche Leute reden von Parallelgesellschaften." Da seien Orte wichtig, wo viele Menschen zusammenkommen und es Begegnungen gibt. "Dafür sind Innenstädte ja eigentlich geschaffen. Das sind die Orte, wo die Menschen zusammen kommen."
Gemeinschaftsgefühl wecken
Konsum wird hier also zur kulturellen Handlung und sorgt auch für manche generationsübergreifenden Überraschungen, wie im Verkauf von Rudis Balance-Boards: "Ich dachte, das ist ganz nett für Kinder, aber alle Boards, die ich verkauft habe, gingen an Damen über 50. Das war überhaupt nicht mein Zielpublikum." Er sei davon ausgegangen, das sei so ein "Fun-Ding". "Aber im Gegenteil: "Die Leute gehen da drauf und sagen: Oh das ist so gut, ich kann mein Becken trainieren."
Wie wir einkaufen, hat auch damit zu tun, wie wir leben. Pop-Up-Stores wie in Lübeck zeigen: Konsum kann Austausch sein, Stadt kann Gemeinschaft bedeuten – und Kultur kann eben auch im Schaufenster stehen.
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