Detailaufnahme der Marcussen-Orgel in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. © NDR Foto: Anja Deuble
Detailaufnahme der Marcussen-Orgel in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. © NDR Foto: Anja Deuble
Detailaufnahme der Marcussen-Orgel in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. © NDR Foto: Anja Deuble
AUDIO: Klangbeispiel: Präludium und Fuge g-Moll für Orgel von Brahms (8 Min)

Die Orgeln im Hamburger Michel

Stand: 17.04.2024 13:12 Uhr

Im Hamburger Michel befinden sich gleich sechs Orgeln. Drei davon bilden zusammen die größte Orgelanlage Norddeutschlands.

Der zentrale Spieltisch für die Orgeln in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. © NDR Foto: Anja Deuble
Der zentrale Spieltisch für die Orgeln in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis.

Verteilt sind die Instrumente von der Krypta, sozusagen dem Untergeschoss der Kirche, bis auf den Dachboden. Drei der Orgeln bilden im Kirchenraum mit stolzen 145 Registern und mehr als 11.000 Pfeifen die größte Orgelanlage im Norden Deutschlands. Jede einzelne Orgel zeichnet sich durch Besonderheiten aus. Eine kann beispielsweise den Regen imitieren, eine andere den Ruf der Nachtigall mit einer kleinen Pfeife.

Kurzinfos zu den Orgeln

Adresse
Englische Planke 1, 20459 Hamburg

Orgelbauer
Steinmeyer, Klais, Marcussen & Søn, Hartwig & Tilmann Späth, Joahnnes Strebel, Klop

Entstehungsjahre
1914 - 2017

Disposition
Sechs Orgeln, insgesamt mehr als 11.000 Pfeifen, 145 Register

Gut zu wissen
Auch im Michel stand eine Schnitger-Orgel. Sie wurde 1750 beim Brand der Kirche zerstört.

Die Steinmeyer-Orgel

Über dem Hauptportal der Michaeliskirche Hamburg baute 1962 die Orgelbauwerkstatt G. F. Steinmeyer & Co. ein Orgel-Schwergewicht: Das Instrument verfügt über fünf Manuale, 86 Register und 6.697 Pfeifen. Dadurch hat diese Orgel einen besonders vielseitigen Klang, der zugleich warm und elegant ist. Im Jahr 2015 bekam die Orgel ein Glockenspiel, das ihr einen besonders festlichen Klang verleiht. Die Orgel geht auf eine 1912 erbaute Walcker-Orgel zurück.

Die Marcussen-Orgel

Blick auf die Marcussen-Orgel in der Nordempore der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. © NDR Foto: Anja Deuble
Die Marcussen-Orgel im Hamburger Michel

Diese Orgel auf der Nordempore von St. Michaelis ist die älteste in der wiederaufgebauten Kirche. Die sogenannte "Konzertorgel" wurde ursprünglich 1914 durch den dänischen Orgelbauer Marcussen & Søn erbaut. Man könnte sie die Romantikerin nennen, denn sie zeichnet sich durch einen besonders weichen, warmen Klang aus und eignet sich bestens zur Begleitung sinfonischer Aufführungen mit Chor und Orchester. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Orgel bei den Angriffen auf Hamburg stark beschädigt. Sie wurde schließlich umgebaut, allerdings eher zu ihrem klanglichen Nachteil, da der Charakter stark verfremdet wurde. 2009 wurde die Orgel noch einmal überarbeitet und der Originalzustand wieder hergestellt. Seitem erklingt die Orgel wieder mit dem warmen, romantischen Klang, den sie einst hatte. Dieser wird durch 42 Register und 2.671 Pfeifen erzeugt.

 

Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel

Blick auf die Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Orgel in der Südempore der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis. © NDR Foto: Anja Deuble
Die Chororgel im Hamburger Michel ist nach Carl Philipp Emanuel Bach benannt.

Die Orgel auf der Südempore ist die Nachfolgerin der zuvor aufgegebenen Chororgel. 2010 wurde sie durch den Orgelbauer Hartwig & Tilmann Späth in St. Michaelis aufgestellt. Technik und Disposition entsprechen barocken Klangidealen, in Anlehnung an alte Hamburger Musiktraditionen, die damit wieder aufleben sollen. Namenspate ist der als "Hamburger Bach" bezeichnete Komponist Carl Philipp Emanuel Bach, Sohn von Johann Sebastian Bach. Der Bach-Sohn war ab 1768 Kirchenmusikdirektor in Hamburg. Auch wenn das Instrument am Barockklang orientiert ist, entsprechen seine Möglichkeiten einer modernen Orgel. Sie hat 676 Pfeifen, von denen eine wie der Ruf der Nachtigall klingt.

Das Fernwerk

Bereits 1912 wurde im Michel ein Fernwerk gebaut, das auf dem Dachboden der Kirche stand. Im Zweiten Weltkrieg wurde es zerstört. Deshalb bekam die Kirche 2009 ein neues Fernwerk, das in Anlehnung an das alte von der Firma Klais gebaut wurde. Durch einen 20 Meter langen Schallkanal und ein Schallloch in der Kirchendecke wird der Klang des Fernwerks im Kirchenraum hörbar gemacht - so war es auch schon beim ersten Fernwerk. Sein faszinierender Klang entsteht durch die 1.222 Pfeifen und 17 Register auf einem Manual mit Pedal. Ein besonderes Merkmal ist die Trommel mit Kieselsteinen, die den Michel mit dem Klang wie bei einem prasselnden Regen erfüllen kann.

Die Krypta-Orgel

Zur Begleitung von Gottesdiensten und Konzerten, die in der Krypta des Michel stattfinden, findet sich unter der Hauptkirche die Krypta-Orgel Felix Mendelssohn Bartholdy. Das farbenreiche, romantische Instrument wurde 1917 von Johannes Strebel gebaut. 2009 restaurierte der Orgelbau Hartwig und Tilmann Späth das Instrument, das erst ein Jahr zuvor seinen Platz in der Krypta erhielt. Seither verfügt das Instrument über einen fahrbaren elektrischen Spieltisch. Mit 435 Pfeifen und den sieben Registern, verteilt auf zwei Manuale und Pedal, ist sie die kleinste der sechs Orgeln in St. Michaelis.

Die Truhenorgel

Die jüngste Orgel im Michel ist eine Anfertigung der niederländischen Orgelbaufirma Klop. Seit 2017 bereichert sie die Kirche mit ihrem besonderen Klang. Dieser entsteht durch ihre Holzpfeifen. Die Truhenorgel ist mobil und kann problemlos dorthin transportiert werden, wo sie gebraucht wird.

Gut zu wissen

Rund 60 Jahre nach der Fertigstellung des Michel 1669 baute der berühmte Orgelbauer Arp Schnitger eine große Orgel in der Kirche ein. Nachdem der Michel durch einen Blitzschlag in Brand geriet, erhielt er 1762, nach dem Wiederaufbau, eine neue Orgel von Johann Gottfried Hildebrandt. Auch diese Orgel fiel den Flammen zum Opfer, als die Kirche 1906 erneut brannte. Die Firma E. F. Walcker & Cie baute 1912 das seinerzeit größte Orgelwerk der Welt im Hamburger Michel auf, mit 12.173 Pfeifen und 168 Registern auf fünf Manualen und Pedal. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand daraus die heutige Steinmeyer-Orgel.

 

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