70. Thronjubiläum: Vielen Dank, liebe Queen, auf Wiedersehen!
Heute beginnen die viertägigen Feierlichkeiten zum 70. Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. In Großbritannien scheint der Jubel keine Grenzen zu kennen, aber auch hierzulande wird der Stichtag - mindestens medial - ausgiebig gewürdigt. Dazu ein Kommentar von Jürgen Deppe.
Manchmal geht einem erst spät auf, wenn eine historische Chance verpasst wurde. In diesem Fall schon vor 70 Jahren, als das "vereinigte Königreich" einfach mal hätte signalisieren können: Okay, wir sind zwar Briten und deshalb ein bisschen speziell, aber auch wir sind im 20. Jahrhundert und bei der von uns selbst erfundenen parlamentarischen Demokratie angekommen: Schluss mit diesem anachronistischen Palast-Ballast! Wir beenden das Königsdrama in x Akten an dieser Stelle und tun mal so, als wären auch wir gegenwärtig. Diese Chance also wurde Anno 1952 verpasst.
Spätmittelalterliche Huldigung einer Queen, die auf Weltherrschaft macht
Und was machen wir heute? Wir feiern das Jubiläum Buckingham-besoffen, als hätte es die Downing Street nie gegeben. Zugegeben, Boris Johnson gibt nicht gerade die beste Alternative zur Queen ab. Aber das kann doch kein Grund dafür sein, sich Anno 2022 an Reiteraufmärschen, Blaskapellen und militärischen Brimborium zu ergötzen; spätmittelalterlich einer Königin zu huldigen, die als Regentin des Commonwealth of Nations nach wie vor in 54 Staaten ihr Zepter schwingt und auf Weltherrschaft macht!
Ja, das Brexit-Britannien mag im Moment nicht viel Anlass für nationalen Stolz abgeben, aber muss man das in einem mehrtägigen royalen Rausch ersäufen? Allein, was das alles kostet! Dieser hochadelige Zinnober sowieso, Jahr für Jahr, aber nun diese Super-Sause obendrein! Dass Opium für Volk und Sand in den Augen so teuer sein kann.
Auch auf dem europäischen Festland: Massen vor dem Monitor
Das könnte uns Deutschen hier auf dem europäischen Festland alles herzlich egal sein - schließlich haben wir die Monarchie schon vor langer, langer Zeit erfolgreich überwunden und sind damit beschäftigt, die parlamentarische Demokratie gegen zurückgebliebene Reichsbürger und kaisertreue Kleingeister zu verteidigen. Und trotzdem fliehen auch hierzulande die Massen mindestens am Monitor für ein paar rosarote Tage ins Traumland von Krönchen, Schlösschen und Pferdchen.
Ja, sind wir denn mit dem Klammerbeutel gepudert? Wenn diese Queen tatsächlich mal irgendwann ihren Platz räumt und sich in die Geschichtsbücher zurückzieht, wo sie schon lange hingehört, dann sollte das bitte nicht nur für die Queen als Person, sondern auch für die Institution "Königshaus" gelten.