Coach Stefan Leitl beim Training von Hannover 96 © picture alliance/dpa | Michael Matthey

Leitls Projekt Hannover 96: runderneuert, aggressiv und erfolgreich?

Stand: 03.09.2022 10:42 Uhr

Hannover 96 hat seine Hausaufgaben gemacht, die Schwachstellen der Mannschaft erkannt und mit vielen guten Transfers behoben. Mit Trainer Stefan Leitl ist auch ein neuer Fußball-Lehrer da, der 96 zu einem der spannendsten Projekte in der Zweiten Liga macht.

von Matthias Heidrich

Nach einem durchwachsenen Saisonstart mit einem Punkt aus drei Spielen ist Hannover 96 zuletzt auf die Überholspur gewechselt: Drei Siege in Folge gegen Regensburg, Magdeburg und Fürth haben die Niedersachsen vor dem Auswärtsspiel am Sonntag (13.30 Uhr, im NDR Livecenter) bei Hansa Rostock von Tabellenplatz 15 auf Rang neun klettern lassen.

"Wichtig ist, dass wir einen intensiven Fußball spielen. Das ist in der Zweiten Liga dringend notwendig." 96-Trainer Stefan Leitl

Coach Leitl, der am Sonntag (22.50 Uhr) zu Gast im NDR Sportclub ist, wird nicht müde zu betonen, dass für ihn zunächst die Leistung zählt und erst dann das Ergebnis. Beides scheint sich bei den Niedersachsen peu à peu zu synchronisieren, während die neu aufgestellte und ausgewogener besetzte Mannschaft Leitls Spielstil immer mehr verinnerlicht.

Körperlich präsent und effizient in der Offensive - der Blick in die GSN-Daten verrät, wie Leitl das 96-Team im Vergleich zur Vorsaison umprogrammiert und wo die aktuellen Stärken, aber auch die Schwächen der Hannoveraner liegen.

Diese Kader-Baustellen hat 96 geschlossen

Bevor Leitl ans Werk gehen konnte, hat Sportdirektor Marcus Mann 96 verändert und die Kader-Schwachstellen behoben. Fürth-Neuzugang Havard Nielsen (drei Saisontore, ein Assist) hat viel offensive Effizienz mitgebracht, dem offensiven Mittelfeld wurde mit Louis Schaub, Antonio Foti und Max Besuschkow mehr Kreativität verliehen.

Im defensiven Mittelfeld bringt Fabian Kunze (kam aus Bielefeld) den Schuss Körperlichkeit in das 96-Spiel, den es gebraucht hat. Auch Neuzugang Phil Neumann (Holstein Kiel) leistet hier seinen Part in der Innenverteidigung, gewinnt 65,91 Prozent seiner Kopfballduelle und ist zudem enorm schnell - Topspeed 34,25 km/h.

Beide sind bei Leitl Stammspieler. Ebenso wie Derrick Köhn, der von Willem II Tilburg aus den Niederlanden zu 96 gewechselt ist, und die linke Seite mit Aggressivität (54 Prozent gewonnene Defensivzweikämpfe), aber auch Offensivdrang (ein Tor und drei Vorlagen) beackert. Kurz vor Transferfensterschluss hat 96 zudem noch den jungen Innenverteidiger Bright Arrey-Mbi vom FC Bayern München ausgeliehen.

Das hat Leitl gegenüber der Vorsaison verändert

Die Aggressivität, Leitl spricht eher von Intensität, ist allgemein der Unterschied zur Vorsaison. Mit 175,17 Zweikämpfen im Schnitt pro Partie führt Hannover die meisten in der Zweiten Liga und gewinnt davon über 50 Prozent (89,67).

Leitl lässt seine Jungs quasi von der Leine. "Ich fördere, dass wir immer den Mut haben, nach vorne zu spielen", sagt der 45-Jährige. "Das geht vielleicht auch mal in die andere Richtung, aber lieber zweimal probieren als gar nicht."

Mit rund 25 Dribblings pro Partie (in der vergangenen Saison waren es 20) liegen die mutigen Niedersachsen auf Platz zwei im Ligavergleich. Nur Magdeburg, wo Trainer Christian Titz sein bekanntes Hochrisikospiel aufziehen lässt, kann da mit knapp 30 mehr vorweisen. Allerdings sind gut 17 der 96-Dribblings auch erfolgreich, das ist Ligaspitze.

Der Offensiv-Gedanke zeigt sich auch in der taktischen Aufstellung. Während 96 unter Christoph Dabrowski meist nur mit einer Spitze agierte, setzt Leitl auf zwei Stürmer - im 4-3-1-2- oder zuletzt auch 3-4-1-2-System.

Das macht Hannover 96 richtig gut

Die aggressive und mutige Spielweise - mit 3.934 intensiven Läufen (schneller als 15 km/h) liegt 96 auf Platz drei - zeigt Wirkung. 6,67 kreierte Torchancen pro Spiel sind der viertbeste Wert der Liga. In der Spielzeit 2021/2022 hat es Hannover nur auf 5,1 gebracht.

"Wenn man die Qualität unser herausgespielten Torchancen betrachtet, sieht man schon, dass wir uns auch spielerisch entwickelt haben." 96-Trainer Stefan Leitl

Die Chancen auch zu nutzen, ist die Quintessenz. Und dabei ist die Leitl-Elf aktuell gut, braucht nur 0,88 "Expected Goals" für einen Treffer - Rang sieben in der Liga und weitaus besser als im vergangenen Jahr mit 1,46.

Lediglich 63,83 Ballverluste pro Begegnung - in der Vorsaison waren es zehn mehr - tragen ihren Teil dazu bei, dass die Niedersachsen trotz ihrer direkten Spielweise gute Ergebnisse einfahren. Nur Paderborn (58,17) und der HSV (63,2) agieren aktuell sicherer.

Daran muss Hannover 96 arbeiten

Wenig verwunderlich, dass eine aggressive Spielweise auch Fouls provoziert. 14,7 pro Spiel (Platz 16) werden auf Dauer aber zu viel sein. Ebenso wie durchschnittlich 3,17 Gelbe Karten (17.), was viele Sperren nach sich ziehen kann. Intensität mit Cleverness zu paaren, ist hier die Kunst und wird sicher noch kommen. Taktisch gesehen dürfte eine Baustelle der Niedersachsen das Pressingverhalten sein. Nur knapp 39 Prozent der Pressingaktionen sind von Erfolg gekrönt (Rang 14), da ist Luft nach oben.

Mit gut 17 lässt 96 mit Abstand die meisten Torschüsse des Gegners zu. Allerdings liegt die Torwahrscheinlichkeit pro Schuss nur bei 10 Prozent (Rang 3). 96 lässt den Gegner also vor allem in ungefährlichen Räumen zum Abschluss kommen.

Wie wird es gegen Rostock aussehen? Hansa ist hier das ungefährlichste Team der Liga, lediglich 25 Prozent der Schüsse kommen bei der Mannschaft von Trainer Jens Härtel aufs Tor des Gegners. "In Rostock gibt es auch drei Punkte, die wollen wir natürlich mitnehmen", sagt Leitl, der weiß, was es braucht, um sein 96-Projekt zu verfeinern: "Selbstvertrauen verstärkt sich über Siege. Dann kann man auch eine Entwicklung schneller vorantreiben."

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 04.09.2022 | 22:50 Uhr

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