Eric Smith vom FC St. Pauli jubelt © IMAGO/MIS

3:0 - FC St. Pauli gewinnt 108. Stadtderby gegen den HSV

Stand: 14.10.2022 22:17 Uhr

Ausgerechnet im Hamburger Stadtduell in der zweiten Fußball-Bundesliga gegen HSV hat der FC St. Pauli seine Negativserie beendet. Nach zuvor sieben sieglosen Spielen besiegten die Kiezkicker am Freitagabend zu Hause den Tabellenführer mit 3:0 (0:0). Für den HSV war es die dritte Saisonniederlage.

von Florian Neuhauss

Dabei profitierte die Mannschaft von Trainer Timo Schultz von einer Roten Karte gegen HSV-Kapitän Sebastian Schonlau, der nach einer Notbremse vom Platz musste. Das Gästeteam von Coach Tim Walter hatte auch in der gut 60-minütigen Unterzahl mehr Ballbesitz, aber erspielte sich kaum Chancen. Besser machte es St. Pauli: Eric Smith traf nach einer Ecke in der 61. Minute per Kopf. In der Schlussphase machten dann Marcel Hartel nach einer schönen Kombination (74.) und David Otto per Kopf (89.) alles klar. Drei Gegentore hatte der HSV in dieser Saison noch nicht kassiert.

"Das war das Spiel, das wir gebraucht haben. Wir hatten einen guten Start mit der Roten Karte. Wir haben dafür gekämpft und uns belohnt." St. Paulis Eric Smith

St. Paulis Kapitän Jackson Irvine jubelte: "Wir haben unseren Plan umgesetzt und den Fans eine Show geboten. Wir haben taktisch etwas umgestellt und wirklich gut performt." Ganz anders sah die Gefühlswelt bei den Gästen aus. "Es tut weh, so ein Spiel zu verlieren", sagte HSV-Torhüter Daniel Heuer Fernandes. "Davon lassen wir uns aber nicht unterkriegen. Für die Fans tut es mir richtig leid, gemeinsam kommen wir aber stärker zurück.“

Die Hausherren verschafften sich mit dem Dreier Luft in der unteren Tabellenhälfte. Dem HSV droht derweil der Verlust der Tabellenführung: Sowohl Darmstadt 98 (am Sonnabend beim Karlsruher SC) als auch der SC Paderborn (Sonntag gegen den SV Sandhausen) können vorbeiziehen.

Polizei-Einsatz sorgt für Aufregung, St. Pauli protestiert

Große Aufregung hatte es in Hamburg schon vor dem Anpfiff gegeben. Die Polizei hatte wie bereits in den vergangenen Jahren auf strikte Fan-Trennung gesetzt. Allerdings versuchten gut 150 maskierte St.-Pauli-Anhänger zu den HSV-Fans zu gelangen. Dies verhinderte die Polizei, die zuvor einen Marsch von rund 3.000 HSV-Fans zum Stadion begleitet hatte. Der Polizei-Einsatz sorgte allerdings für reichlich Diskussionen, nachdem auch ein Video bei Twitter hochgeladen worden war. Darin: Schläge der Polizei gegen einen am Boden liegenden Fan - in die Seite und Richtung Kopf. Der FC St. Pauli reagierte - ebenfalls bei Twitter - schnell, fragte nach der Verhältnismäßigkeit und forderte Aufklärung.

Die Polizei teilte mit, dass "Teile dieser Gruppe in Gewahrsam genommen" wurden. "Ein im Internet kursierendes Video zeigt eine solche Ingewahrsamnahme, bei der ein Polizist Zwang in Form von körperlicher Gewalt anwendet", twitterte die Polizei.

Und weiter: "Warum in diesem Fall Zwang angewendet werden musste, ist im Moment noch nicht klar. Dies ist jedoch regelhaft der Fall, wenn sich eine Person gegen polizeiliche Maßnahmen z.B. sperrt." Ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde, gelte es noch zu prüfen.

Polizeisprecherin Sandra Levgrün verteidigte nach dem Schlusspfiff den Einsatz: "Das war eine gezielte Aktion. Wir sind dazwischengegangen und haben damit verhindert, dass die HSV-Fans massiv angegriffen wurden. Diese Videos sehen nie schön aus. Aber das macht kein Kollege aus Spaß."

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HSV: Heuer Fernandes hält die Null - Schonlau sieht Rot

Ob die Spieler von den Geschehnissen vor dem Stadion etwas mitbekommen hatten? Jedenfalls legten die Hausherren unbeeindruckt los. Noch keine Minute war gespielt, da köpfte St. Paulis Irvine schon nach einer Ecke knapp drüber. Ludovit Reis hatte nach einem beherzten Solo eine Chance für den HSV, scheiterte aber an Torhüter Nikola Vasilj (11.). Fünf Minuten später hätte es eigentlich schon 1:0 für St. Pauli stehen müssen. Den unplatzierten Schuss von Etienne Amenyido parierte jedoch Heuer Fernandes.

St. Pauli verteidigte zwar mit einer Fünferkette, schaltete aber immer wieder schnell um. Die Gäste wussten hingegen mit ihrem Ballbesitz nicht so viel anzufangen. Die Stimmung am Millerntor war hitzig - auf den Rängen und auch auf dem Platz. Schiedsrichter Deniz Aytekin hatte viel zu tun, es war allerdings so laut im Stadion, dass die Spieler mehrfach von seinen Pfiffen nichts mitbekamen.

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Eine Fußballtabelle vor eine Fußballmotiv © Colourbox Foto: Pressmaster

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Nicht so in der 28. Minute - da waren alle Augen auf den Unparteiischen gerichtet. Nach einem langen Abschlag von Vasilj war Amenyido deutlich schneller als die HSV-Verteidiger. Schonlau versetzte seinem Gegenspieler von hinten einen leichten Schubser, der St. Paulianer fiel - und Aytekin zeigte sofort Rot. Notbremse.

St. Pauli macht es am Ende deutlich

Die Unterzahl ließen sich die Gäste jedoch nicht anmerken und blieben ihrem Ballbesitzfußball treu. St. Pauli verpasste es in dieser Phase nachzusetzen. Die Schultz-Elf fand nicht in die Aktion, sondern reagierte weiter. Die besseren Chancen hatten sie dennoch: Igor Matanovic scheiterte in der 44. Minute am Pfosten.

"Wir sind richtig enttäuscht und frustriert. Im bisher wichtigsten Spiel der Saison haben wir nicht geliefert, das tut weh." HSV-Spieler Jonas Meffert

So stand die Partie nach der Pause auf Messers Schneide. Der HSV setzte Nadelstiche - und forderte in der 55. Minute Elfmeter. Ransford-Yeboah Königsdörffer ging nach einem Kontakt mit Jakov Medic vor dem Tor zu Boden. "Das war eine ähnliche Situation wie bei der Roten Karte gegen uns. Diese 50:50-Szenen sind aber heute nicht zu unseren Gunsten ausgefallen", befand HSV-Coach Walter. Der Unterschied zur Schonlau-Szene: Königsdörffer hatte schon keine Chance mehr auf den Ball, als er fiel.

Doppelt bitter für die Gäste: Sechs Minuten später führte St. Pauli durchs Smiths Kopfballtor. Der HSV zeigte sich wie schon nach dem Platzverweis unbeeindruckt. Doch diesmal setzte St. Pauli nach. Irvine drang von rechts in den Strafraum ein und legte vor dem Tor quer. Hartel war frei und schob zum 2:0 ein (74.). St. Paulis Sieg war verdient, fiel aber ein Tor zu hoch aus. Heuer Fernandes und Ersatzkapitän Jonas Meffert sahen bei einer Flanke schlecht aus, und Otto köpfte zum Endstand ein (89.).

12.Spieltag, 14.10.2022 18:30 Uhr

FC St. Pauli

3

Hamburger SV

0

Tore:

  • 1:0 Smith (61.)
  • 2:0 Hartel (74.)
  • 3:0 D. Otto (89.)

FC St. Pauli: Vasilj - Saliakas (80. Zander), Dzwigala, Medic, Paqarada (86. Ritzka) - Smith, Aremu (86. Metcalfe) - Irvine, Hartel - Amenyido (71. Daschner), Matanovic (80. D. Otto)
Hamburger SV: Heuer Fernandes - Heyer (88. Bilbija), Vuskovic, Schonlau, Muheim - Meffert - Reis, Benes (65. Dompé) - Jatta, Glatzel, Königsdörffer (75. Kittel)
Zuschauer: 29500 (ausverkauft)

Weitere Daten zum Spiel

Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Bundesligashow | 14.10.2022 | 18:00 Uhr

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