Wüstefeld, der HSV und die Woche der Wahrheit
HSV-Vorstand Thomas Wüstefeld steht stark unter Druck. Ein Ausschuss innerhalb des Vereins soll ermitteln, ob er bei seinen akademischen Titeln betrogen hat. Gleichzeitig muss der 53-Jährige bei der Stadt Hamburg für die dringend benötigte Bürgschaft für die Stadionsanierung werben.
Es könnte die Woche der Wahrheit für Thomas Wüstefeld und auch den Fußball-Zweitligisten werden. Gremienvertreter aus dem Ehren- und Seniorenrat des HSV sollen von Wüstefeld Unterlagen erhalten, um zu prüfen, ob die vom "Hamburger Abendblatt" recherchierten Zweifel an seinen akademischen Titeln "Prof. Dr." berechtigt sind, oder nicht.
Hinzu kommen die massiven Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Medizinunternehmer. Es geht um Millionenklagen, eine mögliche Strafanzeige wegen Untreue und angeblich illegal verkaufte Medizinprodukte. Unter dem Aktenzeichen 415 HKO 44/21 verhandelt das Landgericht Hamburg einen Wettbewerbsverstoß. Der Finanzvorstand des Hamburger SV hat alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Wüstefeld als angeschlagener Bittsteller bei der Stadt
Als solcher wird der 53-Jährige heute beim Haushaltsausschuss der Hamburger Bürgerschaft vorstellig, um über den Stand der Sanierung des Volksparkstadions zu berichten, in dem 2024 fünf EM-Spiele angepfiffen werden sollen. Wüstefeld tritt an als extrem angeschlagener Bittsteller, der einen Bürgen für das Darlehen in zweistelliger Millionenhöhe des HSV-Hauptsponsors HanseMerkur braucht.
Schwer vorstellbar, dass er mit einer Zusage aus dem Rathaus geht. "In der jetzigen Gemengelage halte ich eine Bürgschaft für ausgeschlossen", sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Thilo Kleibauer, dem "Hamburger Abendblatt". Auch sein SPD-Kollege Milan Pein sagte: "Der HSV täte allein aus Imagegründen gut daran, sich um eine Lösung in der freien Wirtschaft zu bemühen."
Millionen für Stadiongrundstück sind weg
Die Verärgerung in weiten Teilen der Politik über den Umgang des HSV mit den Einnahmen aus dem Stadiongrundstücksverkauf ist groß. Die Stadt Hamburg hatte dem Traditionsclub vor zwei Jahren für 23,5 Millionen Euro das Grundstück abgekauft, auf dem das Volksparkstadion steht. Der HSV sollte das Geld eigentlich für die Sanierung des Stadions verwenden, die bis zu 40 Millionen Euro kosten soll. Tatsächlich aber steckte der Zweitligist die Millionen in den laufenden und während der Corona-Pandemie sehr verlustreichen Geschäftsbetrieb und muss die Stadionsanierung nun aus anderen Quellen finanzieren.
Berichte über abspringende Sponsoren hat der HSV dementiert, doch die Gemengelage mit vielen Baustellen, die ein belasteter Vorstand abarbeiten soll, ist explosiv und lässt wieder einmal das Sportliche in den Hintergrund rücken, wo das Team von Trainer Tim Walter gerade die Tabellenspitze erobert hat.
"Der HSV muss Transparenz herstellen", sagte Dennis Paustian-Döscher, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen. Anders formuliert: Thomas Wüstefeld muss Transparenz herstellen.