Werder Bremen: Derby-Sieg beim HSV Meilenstein im Aufstiegsrennen?
Auch der Hamburger SV kann Werder Bremen nicht stoppen. Zehn Spiele trennen die Grün-Weißen noch vom möglichen Bundesliga-Comeback. Fußball-Chef Clemens Fritz spricht im NDR Sportclub über das greifbar nahe Ziel. Trainer Ole Werner aber warnt: "Das Aufstiegsrennen ist spannend - und wird es bleiben."
Wer solche Spiele gewinnt, der kann auch aufsteigen. Diese unter Fußballern häufig benutzte Phrase werden diejenigen, die es mit Werder Bremen halten, nach dem gewonnenen 110. Nordderby beim Hamburger SV (3:2) zur Regel erklären. Ganz egal, ob das knappe Ergebnis nun verdient oder eher glücklich war - die grün-weißen Fans besangen tanzend vor Glück den hart erarbeiteten Meilenstein auf dem Weg zurück in die Elite-Liga.
Selbst Bremens Fußball-Chef Clemens Fritz redete im NDR Sportclub nicht mehr um das verlockende Ziel herum: "Ich hätte nichts dagegen, wenn wir aufsteigen - und der HSV auch."
Rehhagel: Nur Tore und Siege zählen
Allein das Spektakel vor erstmals wieder 25.000 Zuschauern im Volkspark, das an beste Traditionen der hanseatischen Rivalen erinnerte, zeugte von gewachsener Stärke auf beiden Seiten. "Es sind besondere Spiele", so Fritz, "die einfach einen unheimlichen Spaß machen, nicht nur in Bremen oder Hamburg, sondern in ganz Deutschland."
Und weil "das Einzige, was im Fußball zählt, Tore und Siege sind", wie schon Werders Meister-Trainer und Fußball-Philosoph Otto Rehhagel wusste, dürfen die Grün-Weißen nach dem 24. Spieltag nicht nur weiter von Platz eins der Zweiten Liga grüßen, sondern unvermindert von der direkten Rückkehr ins Oberhaus träumen. Fritz: "Hoffentlich erleben wir diese Derbys bald wieder in der Bundesliga."
Werner mit Werder neun Spiele ungeschlagen
Bei Werder-Trainer Ole Werner regiert derweil weiter die Vorsicht. "Wir gucken nach wie vor von Spiel zu Spiel", sagte der Coach, der auch im neunten Spiel mit den Bremern ungeschlagen blieb und Rehhagels Acht-Siege-Startrekord nur wegen eines unnötigen 1:1 gegen Ingolstadt knapp verpasste. Der Coach fügte zwar sogleich hinzu, "auch wenn das eine Floskel ist", aber genau diese einfache Sicht, ist es, die die Träume nicht in den Himmel wachsen lässt, sondern die Bremer womöglich zurück in die Bundesliga führen wird.
Der Ex-Kieler Werner hat es mit seiner unaufgeregten Art geschafft, aus der unter Markus Anfang profil- und mitunter orientierungslosen Mannschaft eine auf Erfolg geeichte Einheit zu formen. "Er hat erkannt, dass er nicht alles verändern muss, hat an ein paar Stellschrauben gedreht, was auch heute vor allem in der ersten Halbzeit gut geklappt hat", so Ehrenspielführer Fritz, der in 288 Spielen für Werder fünf Tore erzielt hat.
Zweite Liga: Es bleibt eng bis zum Schluss
Der 33-jährige Werner trifft den Ton und erreicht die Mannschaft, der er in wenigen Wochen eine unerschütterliche Gewissheit der eigenen Stärke vermittelt hat. Das bewährte sich vor allem in der hektischen Schlussphase in Hamburg und könnte ein Pfund im noch zehn Spiele währenden Aufstiegsrennen sein. "Nächste Woche gegen Dresden müssen wir den Sieg bestätigen", sagte Werner und holte seine Spieler sogleich zurück auf den Boden der Tatsachen.
"Jeder Sieg macht dich stärker. Wir nehmen das Selbstvertrauen mit, in dieser Atmosphäre hier in Hamburg bestanden zu haben." Werder-Trainer Ole Werner
Eines ist allen klar: Werder darf sich im Konkurrenzkampf mit Darmstadt, St. Pauli, Nürnberg, Heidenheim, Schalke und dem HSV keine Schwächephase leisten. Zwischen Platz eins und sieben liegen nur sechs Punkte. In dieser starken Zweiten Liga könnte die Rangfolge Im Handumdrehen noch auf den Kopf gestellt werden.
Werners Werder zeigt Konstanz
Wie wichtig die Erfolgsgaranten Marvin Ducksch (15 Saisontore) und Niclas Füllkrug (11) für Werders Aufschwung sind, erwies sich nicht zuletzt wieder beim HSV, als das Duo für alle drei Tore sorgte. Was aber ist, wenn einer oder gar beide fehlen? Wie sattelfest ist die Abwehr, wenn Kapitän Ömer Toprak (83 Prozent gewonnene Zweikämpfe) nicht spielen kann?
Werders Stärke unter Werner ist schließlich auch die personelle Konstanz. Das Team ist eingespielt, Stimmung und Verständnis untereinander sind gefestigt, schwere Verletzungen selten. "Natürlich freue ich mich über den Sieg", sagte Werner. "Vor allem aber darüber, dass wir das umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen haben."
Scouting-Chef Fritz: Die Mischung macht's
Aber wie will Werder, das vor der Saison den finanziellen Ruin erst durch eine Mittelstandsanleihe verhindert hat, eine konkurrenzfähige Bundesliga-Mannschaft aufstellen? "Wir haben eine gute Mischung aus erfahrenen und jungen Spielern", so Fritz.
Als Verantwortlicher für die Scouting-Abteilung trägt er neben Sport-Geschäftsführer Frank Baumann eine schwere Last, zumal die Kritik an dem auch ihnen angekreideten Abstieg längst nicht verklungen ist. Pläne aus der Schublade blieb Fritz im NDR Sportclub schuldig. Nur so viel verriet er: "Unsere Philosophie ist, junge Spieler zu entwickeln und Werte für den Verein zu schaffen."
Werner ein Dauerbrenner wie Rehhagel und Schaaf?
Gut möglich, dass Werner wie einst Rehhagel oder Double-Gewinner Thomas Schaaf dabei eine langjährige Rolle am Osterdeich zukommt. "Er passt prima zu uns, bringt eine Klarheit und Ruhe mit, die in unserer Situation sehr wichtig ist", sagte Fritz. Werner weiß: "Das Aufstiegsrennen ist spannend - und wird es bleiben."
Doch Werder scheint gerüstet. Nach schwachem Start in die Saison sind die Bremer als einziger Zweiligist in der Rückrunde noch ungeschlagen. 25 von 27 möglichen Punkte haben sie unter Werner geholt. Fünf Auswärtssiege in Serie sind gar ein Novum im Bremer Profifußball. Wer das kann, kann aufsteigen - und nach 34. Spieltagen wäre das dann sicher auch verdient.
