HSV kämpft gegen den Kiel-Fluch und die Krise
Der HSV empfängt Holstein Kiel heute Abend zum Zweitliga-Spitzenspiel. Die seit vier Partien sieglosen Hamburger stehen gegen den Tabellenzweiten unter Zugzwang. Die Statistik spricht jedoch gegen sie.
Keinen der bisher fünf Vergleiche im Bundesliga-Unterhaus konnten die Hanseaten für sich entscheiden. Im Hinrunden-Duell fehlten dem Team von Coach Daniel Thioune nur Sekunden zum Premieren-Erfolg gegen die KSV: Joshua Mees glich in der Nachspielzeit zum 1:1 aus (90.+1). Anschließend kassierte der HSV drei Pleiten in Folge und hatte seinen schon beinahe traditionellen Herbstblues. Vergangenheit - zumindest was die Jahreszeit betrifft. Denn auch kurz nach dem meteorologischen Frühlingsanfang stecken die Hamburger wieder in der Krise.
Nach lediglich einem Sieg aus den vergangenen sechs Spielen ist der Aufstiegs-Topkandidat auf Platz vier abgerutscht. Bei einer Pleite heute (20.30 Uhr, im Livecenter bei NDR.de) gegen Holstein wären sowohl die Kieler als auch Spitzenreiter VfL Bochum bereits sechs Zähler entfernt.
Thioune: "Eher ein kleiner Bruch als eine Krise"
Die Lage ist also ernst. Aber eben nicht hoffnungslos. Erst recht nicht, wenn man nicht nur auf die nackten Resultate, sondern auch ihre Zustandekommen schaut. Genau das hat Thioune natürlich getan und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass alles außer eben die Ergebnisse eigentlich in Ordnung ist beim HSV. "Ich denke nicht, dass wir grundsätzlich von einer Krise sprechen müssen. Wir haben eine gute Entwicklung genommen, - auch in den letzten Wochen. Was uns zuletzt jedoch gefehlt hat, sind die Ergebnisse", sagte der 46-Jährige.
Mit Ausnahme des irritierenden Auftritts seiner Mannschaft bei Schlusslicht Würzburg (Thioune: "Ein Ausreißer nach unten") habe er "viel Gutes" gesehen. "Ich würde daher eher von einem kleinen Bruch statt von einer Krise sprechen", erklärte der Coach.
HSV ohne Quartett ins Nordduell
Wie bereits während des besagten Herbst-Blues hält Thioune auch nun im Hamburger Frust-Frühling wieder schützend die Hand über seine Mannschaft, die laut ihm immer "on fire" ist, wenn der Schiedsrichter anpfeift. Nun muss das Team das Vertrauen des Trainers zurückzahlen. Doch ausgerechnet vor dem Duell mit dem Aufstiegskonkurrenten aus Kiel ist die Personallage beim HSV sehr angespannt. Die Verteidiger Toni Leistner und Rick van Drongelen sowie Mittelfeldspieler Klaus Gjasula fallen verletzt aus. Kapitän Tim Leibold ist nach seiner Roten Karte im Stadtderby beim FC St. Pauli (0:1) gesperrt.
Thioune stimmt deswegen aber nicht das Klagelied an. "Auch wenn das zahlreiche Ausfälle sind, werden wir gute Lösungen finden, denn unser Kader hat eine gute Breite und die Mannschaft ist in sich sehr stabil", sagte der Coach.
Holstein kann fast in Bestbesetzung auflaufen
Personell beinahe aus dem Vollen schöpfen kann derweil Holstein-Trainer Ole Werner. Lediglich Innenverteidiger Stefan Thesker (Achillessehnenanriss) und Angreifer Noah Awuku stehen ihm nicht zur Verfügung. Große Veränderungen in der Startelf im Vergleich zu den erfolgreichen Vorwochen, in denen Kiel fünf von sieben Zweitliga-Partien gewann und zudem ins Pokal-Halbfinale einzog, sind nicht zu erwarten. Werner setzt auf eine eingespielte erste Elf, die durch große Kompaktheit, nahezu perfekte Abstimmung und technisch anspruchsvolles Spiel besticht.
Die tolle Entwicklung bei seinem Ex-Club hat auch der frühere KSV-Kapitän David Kinsombi beobachtet. Und für den 2019 von Holstein nach Hamburg gewechselten Mittelfeldmann ist der Höhenflug der "Störche" keine Überraschung. "Es ist eine logische Schlussfolgerung aus den letzten Jahren, dass Kiel da oben steht. Ich denke, dass die Jungs dort sehr befreit aufspielen können und den Schwung aus den letzten Jahren mitnehmen können", sagte der 25-Jährige bei "HSV-TV".
Kiel geht mit "besonderem Kribbeln" in das Nordduell
Viel Lob vom "Ex" für Holstein, das gemessen an den jüngsten Auftritten beider Teams als Favorit in das Nordduell geht. Und die Statistik spricht ja ohnehin für die KSV. Doch die Vergangenheit interessiert Coach Werner in der Gegenwart ziemlich wenig. "Auf Serien geben wir nicht allzu viel. Wir können uns für die vergangenen Auftritte gegen den HSV nichts kaufen", sagte der 32-Jährige. Auf jeden Fall sei gegen "den großen HSV" Anspannung da. "Es gibt ein besonderes Kribbeln", beschreibt der Trainer die Vorfreude und verspricht: "Wir werden die Lockerheit behalten. Wir wissen, woher wir kommen."
Die Flucht in die Außenseiterrolle, sie wird bei Holstein trotz Tabellenplatz zwei beibehalten. Spätestens bei einem Sieg in Hamburg würde das Kieler Understatement bei dann sechs Punkten Vorsprung auf den Nordrivalen aber langsam etwas an Glaubwürdigkeit verlieren.
Mögliche Aufstellungen:
HSV: Ulreich - Gyamerah, Ambrosius, Heyer, Vagnoman - Onana - Kinsombi, Dudziak - Jatta, Terodde, Kittel
Kiel: Gelios - Dehm, Lorenz, Wahl, Kirkeskov - Meffert - Mühling, Lee - Bartels, Reese - Serra
