FC St. Pauli: Kritik wegen Schultz-Aus - aber wieder schwarze Zahlen

Stand: 17.12.2022 18:44 Uhr

Die Mitgliederversammlung des FC St. Pauli am Sonnabend stand im Zeichen des freigestellten Trainers Timo Schultz. Die wirtschaftliche Bilanz des Fußball-Zweitligisten fällt positiv aus.

Rund 1.150 St. Paulianer kamen zur Mitgliederversammlung im CCH, die aufgrund des großen Andrangs mit einer halbstündigen Verspätung begann. Vor allem die Trennung von Schultz vor knapp zwei Wochen hatte zuletzt für viel Unverständnis und Unruhe bei den Anhängern gesorgt. Auch am Sonnabend gab es immer wieder Kritik an der Vereinsführung, wobei die erwartete Schärfe ausblieb.

Künftig mehr Frauen als Männer im Aufsichtsrat

Das Präsidium um Oke Göttlich wurde bei 19 Gegenstimmen mit großer Mehrheit entlastet. "Wir sehen uns in vielen Bereichen auf dem rechten Weg", sagte Göttlich, dessen Präsidium anders als der Aufsichtsrat nicht zur Wahl stand.

In den siebenköpfigen Aufsichtsrat wurden mit Sandra Schwedler, Dr. Philippe Niebuhr und Sönke Goldbeck drei bestehende Aufsichtsratsmitglieder wiedergewählt, neu im Gremium dabei sind Kathrin Deumelandt, Inga Schlegel, René Born und Anna-Maria Hass. Damit hat der FC St. Pauli künftig mehr Frauen als Männer im Aufsichtsrat. Ein Novum im deutschen Fußball.

"Warum muss es Timo Schultz ausbaden?"

Die Aufsichtsratsvorsitzende Schwedler hatte zuvor in ihrer Rede den Rauswurf des beliebten Schultz verteidigt. Ihre Begründung: Der Verein sei nicht in der Lage gewesen, dem jungen Trainer ausreichend gute Bedingungen für eine erfolgreiche Arbeit zu geben. Zwischenruf aus dem Saal: "Warum muss es dann Timo Schultz ausbaden?"

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Göttlich, für den es zwischendurch ebenso wie für Sportchef Andreas Bornemann Pfiffe und Buhrufe gab, dankte Schultz in seiner Rede erneut für seinen Einsatz: "Timo, du bist ein echter St. Paulianer, seit 17 Jahren im Verein aktiv. Du hast tolle Siege erreicht, und wir haben auch schmerzliche Niederlagen gemeinsam erlebt. Ich danke dir für deinen Einsatz, für deinen Charme, für deine Arbeit in den vergangenen Jahren."

Göttlich: Überzeugt, dass Trainerwechsel hilft

Der Clubboss unterstrich aber auch, dass man zu der Entscheidung stehe: "Wir sind der festen Überzeugung, dass ein Wechsel auf dem Trainerposten hilft, jetzt notwendige neue Impulse im sportlichen Bereich zu setzen. Wir müssen die negative Entwicklung stoppen und umkehren", so der 47-Jährige.

Niemand habe sich die Entscheidung leicht gemacht, betonte Bornemann. Der 51 Jahre alte Sportchef erklärte das umstrittene Aus für Schultz in einem langen Monolog - und erntete dafür sogar Applaus. St. Pauli ist als Tabellen-15. nur einen Zähler von einem direkten Abstiegsplatz entfernt.

Göttlich stützt Bornemann - Top 25 "realistisches Ziel"

Ziel des FC St. Pauli sei es, zu den Top 25 Clubs in Deutschland zu gehören, so Göttlich. "Das halten wir für ein realistisches Ziel innerhalb unserer Möglichkeiten im Wettbewerb des Profifußballs." Er sei natürlich "nicht zufrieden mit der sportlichen Bilanz in meiner Amtszeit", man sei hinter dem ausgegebenen Ziel zurückgeblieben und auch nicht aufgestiegen. "Aber: Wir sind auch nicht abgestürzt, so wie einige andere Vereine mit viel Tradition. Wir konnten unseren FC St. Pauli konsolidieren und auf eine gesunde Basis stellen. Wir haben die Rahmenbedingungen geschaffen, um mehr zu erreichen."

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Die Strategie sei es, den Kader und die Infrastruktur nach und nach zu verbessern. Bornemann habe den FC St. Pauli in den vergangenen Jahren weitergebracht. "Er hat den Kader verkleinert, die Qualität erhöht, er hat Spieler mit Potenzial verpflichtet - und er hat Transfererlöse erwirtschaftet, die dem FC St. Pauli geholfen haben, über die Corona-Krise zu kommen." Viele Anhänger sehen allerdings in Bornemann mit einer verfehlten Transferpolitik den Hauptverantwortlichen für die sportliche Misere.

FC St. Pauli schreibt wieder schwarze Zahlen

Wirtschaftlich steht der FC St. Pauli allerdings gut da. Nach zwei Geschäftsjahren im Minus, das zuletzt vor allem Corona-bedingt 5,75 Millionen Euro betragen hatte, verbuchte der Kiezclub wieder einen Konzernüberschuss in Höhe von 360.000 Euro.

Auch den Umsatz konnten die Hamburger nach dem Einbruch im Vorjahr steigern: Er lag zwischen dem 1. Juli 2021 und dem 30. Juni 2022 bei rund 50,3 Millionen Euro. Im Geschäftsjahr zuvor waren es gut 37 Millionen Euro gewesen. Sein Eigenkapital erhöhte der FC St. Pauli von 7,76 auf 8,1 Millionen Euro.

Vizepräsident Höltkemeyer: Verein wirtschaftlich gesund

Vizepräsident Carsten Höltkemeyer betonte, es sei ein Erfolg, dass der FC St. Pauli trotz der enormen Einnahmeverluste in der Corona-Krise nun wieder ein positives Ergebnis vermelden könne. Der Verein sei wirtschaftlich gesund und stabil. Gleichzeitig stünden weiterhin schwere Monate bevor, denn durch die Energiekrise seien die Ausgaben enorm gestiegen.

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 17.12.2022 | 19:30 Uhr

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