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Immobilienkauf dank Erbe oder Schenkung: Chance und Risiko

Stand: 04.08.2022 07:36 Uhr

Der Traum von der eigenen Immobilie bleibt für viele genau das: ein Traum, der dann doch aus den eigenen Ersparnissen nicht finanzierbar ist. Bei manch einem springen dann Eltern oder andere Verwandte ein und geben Geld dazu. Doch das ist nicht ohne Risiken.

von Verena von Ondarza

Als gelernter Bankkaufmann und Jurist ist Michael Herte ein Mann der Zahlen. Zu ihm in die Beratung der Verbraucherzentrale Kiel kommen viele Menschen, schon bevor sie ihre Traum-Immobilie gefunden haben. Dann geht es erst mal darum herauszufinden, wie überhaupt ein Haus oder eine Wohnung zu finanzieren ist. Herte rechnet vor, wie sich die Rückzahlung gestalten wird, wenn man bestimmte Annahmen trifft bei Zins und Tilgung. "Dann merken wir schon, dass viele sagen: 'Nein, wir sind überfordert. Das schaffen wir nicht.'", beschreibt Herte den Prozess. "Und dann passiert es immer wieder, dass die nach einer gewissen Zeit sich wieder bei uns melden und sagen: 'Wir haben im Kreis der Familie darüber gesprochen, und hier tun sich Möglichkeiten auf.'"

Für mehr als ein Viertel der Käufer ist Erbe oder Schenkung die Voraussetzung

Was Herte in seiner Beratung erlebt, deckt sich mit jüngsten Erhebungen. Der Immobilienfinanzierer Interhyp beispielsweise stellte in seiner diesjährigen Leistbarkeitsstudie fest, dass mehr als die Hälfte der Befragten den Traum von Eigentum - angesichts der Entwicklung von Preisen und Zinsen - schon aufgegeben haben und nicht mehr aktiv suchen. Und viele von denen, die auf der Suche bleiben, könnten das nur mit Finanzspritzen aus der Familie, sagt Mirjam Mohr, Vorständin bei Interhyp.

Hier zeige die Befragung, dass für mehr als ein Viertel der Deutschen ein Erbe oder eine Schenkung eine Voraussetzung für den Immobilienerwerb ist. Das bedeute aber auch: "Wer jetzt nicht auf Geldmittel aus der Familie zurückgreifen kann, der braucht einfach ein höheres Einkommen", so Mohr. Vermögen in der Familie wird so zur Voraussetzung, um eigenes Vermögen aufzubauen. Deshalb warnt Mohr davor, dass diese Entwicklung zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft führen könne.

Die oberen zehn Prozent erben mehr als die Hälfte des Vermögens

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Schon jetzt sei die Verteilung von Vermögen - insbesondere auch von Immobilienvermögen - in Deutschland sehr ungleich, sagt Martina Lynartas, die an der Freien Universität Berlin zu Ungleichheit forscht. Nur etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland besitze eine Wohnung oder ein Haus. Geld aus Erbe oder Schenkungen verstärke diesen Effekt. "Ich spreche da gerne von dem Matthäus-Effekt: Wer hat, dem wird gegeben." Mittlerweile gingen die Schätzungen davon aus, dass in Deutschland jährlich um die 400 Milliarden Euro vererbt werden. Das entspreche mehr als zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes. "Die oberen zehn Prozent erhalten mehr als die Hälfte aller Erbschaften und Schenkungen. Was wir beobachten ist eine Zunahme der absoluten Vermögensungleichheit in Deutschland", sagt Lynartas.

Aber selbst Eltern, bei denen das Geld nicht so locker sitzt, wollen sich oft an der größten und wichtigsten Investition ihrer Kinder beteiligen, sagt Verbraucherberater Herte: "Bei vielen ist der Wunsch da, dass es meinen Kindern so gehen muss wie mir. Wenn es nicht gelingt das umzusetzen, dann liegt irgendwo ein Defizit vor." Deshalb bemühten sich manche Eltern ganz stark. "Bei denen, die liquide Mittel haben, da ist es relativ einfach", sagt Herte. "Aber bei denjenigen, die vielleicht ihre eigene Immobilie mit einbringen, da sehe ich schon Schwierigkeiten."

Vorsicht beim Schenken: Pflegekasse kann Geld zurückfordern

Viele Eltern würden nicht bedenken, dass sie später selbst auf ihr Vermögen angewiesen sein könnten. Etwa im Falle einer Krankheit oder wenn sie regelmäßig Pflege brauchen. Im schlimmsten Fall könnte der Staat über die Pflegekasse dann Geld, das Eltern ihren Kindern zur Immobilienfinanzierung geschenkt haben, zurückverlangen. Die staatliche Pflegekasse springt nämlich erst dann ein, wenn das eigene Vermögen weitestgehend aufgebraucht ist.

Und für diese Berechnung zählt auch Geld, das in den vergangenen zehn Jahren verschenkt wurde. Deshalb sollten sowohl die Schenker als auch die Beschenkten genau prüfen, wieviel Geld sie tatsächlich in eine Immobilie stecken können. Die Pflegekasse kann, bevor sie die Kosten der Pflege übernimmt, das Vermögen genau prüfen. Dazu gehört auch die Frage, ob in den vergangenen zehn Jahren relevante Summen verschenkt wurden.

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