Stand: 09.09.2019 11:08 Uhr

"Grüner Knopf": Wie gut ist das Textilsiegel?

von Ann-Brit Bakkenbüll
Ein Anstecker mit dem Symbol des staatlichen Textilsiegels "Grüner Knopf" am Revers eines Anzug-Jacketts. © dpa picture alliance Foto: Britta Pedersen
Ein grüner Knopf soll zum Symbol für umweltfreundliche und fair produzierte Kleidung werden.

Das Textilsiegel "Grüner Knopf" soll es Verbrauchern erleichtern, umweltfreundliche und unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellte Kleidung zu erkennen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat das erste staatlich kontrollierte Textilsiegel in Berlin vorgestellt. Zwar gibt es bereits einige Textilsiegel, doch viele von ihnen decken nur einzelne Aspekte ab, etwa ökologische oder arbeitsrechtliche Kriterien.

"Grüner Knopf": Anforderungen an Unternehmen

Um einem Kleidungsstück das Siegel "Grüner Knopf" verleihen zu dürfen, muss das Unternehmen bei der Produktion 26 Kriterien erfüllen, zum Beispiel

  • Verbot von Kinderarbeit bei der Herstellung
  • Zahlung von Mindestlöhnen
  • Recht auf Vereinigungsfreiheit und kollektive Verhandlungen
  • Verzicht auf gefährliche Chemikalien
  • Einsparung von Kohlendioxid (CO2)

Zusätzlich muss das Unternehmen seine Sorgfaltspflicht anhand von 20 Kriterien nachweisen, beispielsweise internationale Mindeststandards wie die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

Die Einhaltung der Kriterien sollen unabhängige Prüforganisationen wie TÜV und Dekra überprüfen, die von der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) ausgewählt werden.

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Ökologische und soziale Kriterien für Textilsiegel

In der Einführungsphase können Unternehmen die Erfüllung der Standards mithilfe bereits erlangter Zertifikate nachweisen. Anerkannt werden einzelne Siegel, die zugleich soziale und ökologische Kriterien abdecken und Kombinationen von zwei Siegeln, die entweder soziale oder ökologische Kriterien berücksichtigen.

Anerkannte Siegel, die soziale und ökologische Kriterien zugleich abdecken:

  • GOTS: Global Organic Textile Standard
  • Oeko-Tex Made in Green
  • Fairtrade Textilstandard
  • Naturtextil IVN zertifiziert BEST

Anerkannte Siegel für soziale Kriterien:

  • Fair Wear Foundation
  • SA8000

Anerkannte Siegel für ökologische Kriterien

  • Blauer Engel
  • Bluesign product
  • Cradle-to-Cradle

Ausnahmen in der Einführungsphase

In der Einführungsphase, die bis Mitte 2021 geplant ist, deckt der "Grüne Knopf" allerdings nur die letzten beiden Produktionsstufen der Textilherstellung ab, also das Zuschneiden und Nähen (Konfektionierung) und das Bleichen und Färben (Nassprozesse). Unberücksichtigt bleiben zunächst Produktionsstufen wie der Rohstoffanbau, Spinnen und Weben.

Kritik am Textilsiegel "Grüner Knopf"

Einige Nichtregierungsorganisationen (NGO) äußern Kritik an den Anforderungen des Siegels:

  • Der vom "Grünen Knopf" geforderte Mindestlohn sei in vielen Ländern nicht ausreichend für ein Leben in Würde, kritisiert etwa die Christliche Initiative Romero. Sie fordert stattdessen die Zahlung existenzsichernder Löhne.

  • Auch die Sonderregelung für in der EU produzierende Unternehmen bewertet die Christliche Initiative Romero kritisch. Diese Untenrehmen müssen für die Produktzertifizierung keine Nachweise über die Einhaltung der sozialen Kriterien erbringen. Doch vor allem in Bulgarien und Rumänien - Ländern mit großer Textilproduktion in Europa - würden Arbeits- und Menschenrechte oft nicht eingehalten.

  • Der Branchenverbands "textil und mode" warnt vor einem möglichen Etikettenschwindel: Unklar sei, wie das Bundesentwicklungsministerium die Einhaltung der Standards garantieren wolle. Wer die gesamte Lieferkette im Hinblick auf ökologische und soziale Aspekte prüfen wolle, brauche eine Kontrollinstanz. Doch allein die Produktion eines Herren-Oberhemdes umfasse bis zu 140 Produktionsstufen.

  • Einige Kritiker befürchten, dass internationale Unternehmen mit dem nationalen Siegel "Grüner Knopf" möglicherweise nichts anfangen können - vor allem im Vergleich zu bereits etablierten Zertifikaten. Bundesentwicklungsminister Müller kündigte jedoch bereits an, sich zukünftig auch auf EU-Ebene für gesetzliche Regelungen einzusetzen.

Textilsiegel: Alternativen zum "Grünen Knopf"

Über Textilsiegel und ihre Mindestanforderungen informiert die Webseite Siegelklarheit.de. Als strenge und unabhängige Siegel gelten zum Beispiel

  • IVN Best
  • GOTS
  • das Siegel der Fair Wear Foundation
  • Fairtrade Textilstandard

Fazit: Staat muss auf Einhaltung der Kriterien achten

Der "Grüne Knopf" kann Verbraucher beim Einkauf von Textilien stärker für soziale Fairness und Umweltschutz sensibilisieren. Damit gehen die Ansprüche des "Grünen Knopfes" über die vieler bekannter Textilsiegel hinaus, die zum Teil nur jeweils den ökologischen Aspekt oder die Arbeitsbedingungen abdecken. Ein Erfolg kann das staatliche Textilsiegel allerdings nur dann werden, wenn die unabhängigen Prüforganisationen die Einhaltung der Kriterien wirklich scharf kontrollieren und Verstöße ahnden.

Dieses Thema im Programm:

Markt | 09.09.2019 | 20:15 Uhr

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