Ein paar Cents sind in einer Geldbörse zu sehen. © dpa-Bildfunk Foto: Peter Steffen

Raus aus der Schuldenfalle - Experte gibt Tipps

Sendedatum: 23.03.2021 09:00 Uhr

Wer hohe Schulden hat, findet oft keinen Weg heraus. Dabei gibt es Hilfe: Wie man mit Hilfe der Neuerungen im Insolvenzrecht schneller aus der Schuldenfalle kommt, erklärt Experte der von Caritas Schuldnerberatung in Rostock, Toralf Möller.

Was sind die häufigsten Ursachen für eine Überschuldung?

Die häufigsten beruflichen Ursachen sind Arbeitslosigkeit oder eine gescheiterte Selbstständigkeit. Im Privaten können es zudem eine schwere, langwierige Krankheit, eine Trennung, Scheidung oder auch der Tod eines Partners sein. Suchtprobleme oder das Leben auf Kredit können ebenfalls zu einer Überschuldung führen. Also zu einem Leben, bei dem die Ausgaben dauerhaft höher sind als die Einnahmen.

Was sind die ersten Schritte, um aus der Schuldenfalle herauszukommen?

Toralf Möller empfiehlt: "Rat suchen bei einer Schuldnerberatung, am besten einen Termin ausmachen." Er gibt seinen Klienten zur Vorbereitung zwei Empfehlungen. Erstens: Eine Übersicht mit den Ein- und Ausgaben des Haushaltes. Zweitens: eine Übersicht mit den höchsten Verbindlichkeiten zu erstellen. "Das helfe dann bei der Beratung im ersten Termin schon sehr.", meint Möller.

An wen sollten sich Betroffene wenden?

An Schuldnerberatungsstellen, die gemeinnützig sind und ihre Hilfe kostenfrei anbieten. Das empfiehlt Toralf Möller. Er warnt davor, zu kommerziellen Anbietern zu gehen, die Geld verlangen, denn das treibe Schulden nur noch weiter in die Höhe. Kostenfreie Schuldnerberatungsstellen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern von den unterschiedlichsten Wohlfahrtsverbänden. Von der AWO über die Volkssolidarität und das Deutsche Rote Kreuz bis zur Caritas. Allerdings: Die Nachfrage ist groß, es kann dauern, bis Betroffene einen Termin erhalten.

Wie funktioniert die Schuldnerberatung während der Pandemie?

Laut Toralf Möller gibt es bei der Caritas Schuldnerberatung in Rostock derzeit wegen der Pandemie keine offenen Sprechstunden mehr. Es könnten aber natürlich Termine gemacht werden. Zusätzlich gebe es auch eine Beratung per E-Mail oder auch per Videoschalte. Hat der Betroffene einen Termin, dann gebe es keine Wartezeit, das Büro werde vorher und hinterher gelüftet und desinfiziert. Wenn gemeinsam Unterlagen durchgesehen werden müssen, funktioniert das laut Möller nicht per E-Mail, das gehe nur bei einem gemeinsamen Termin.

Um sich von seinen Schulden befreien zu können, ist oftmals eine sogenannte Privatinsolvenz nötig. Was passiert dabei?

Der Betroffene muss zuvor alle seine Verbindlichkeiten sammeln und eine Aufstellung mit allen Forderungen, die es gegen ihn gibt, machen. In dem Verfahren wird ein Verwalter benannt, ein Rechtsanwalt, der sich um die Tilgung der Schulden kümmert. Der Betroffene muss sein Einkommen bis auf das Existenzminimum dafür zur Verfügung stellen. Drei Jahre lang. Dann ist er schuldenfrei. Diese neue Regelung gilt für alle Verfahren, die nach dem 1. Oktober 2020 begonnen wurden - für alle davor gilt die alte Regelung. Da hat es maximal sechs Jahre gedauert, bis jemand als schuldenfrei galt.

Was sind die Vor- und Nachteile einer Privatinsolvenz?

Die Vorteile: Der Betroffene weiß genau, ab welchem Zeitpunkt er wieder schuldenfrei ist. Es gibt einen Vollstreckungsschutz, das heißt, der Gerichtsvollzieher darf nicht mehr klingeln, die Post der Gläubiger landet beim Insolvenzverwalter. Die Nachteile: Schuldner bekommen eine schlechte Schufa-Bewertung. Das kann etwa bei der Wohnungssuche aber auch in bestimmten Berufen, etwa in der Versicherungsbranche schwierig werden. Möller rät: "Offen mit der Privatinsolvenz umgehen. Damit signalisieren die Betroffenen, sie haben ihre Situation im Griff und sie sind zu einem bestimmten Zeitpunkt schuldenfrei."

Was passiert, wenn jemand in der Privatinsolvenz trotzdem wieder Schulden macht?

Das komme darauf an, sagt Toralf Möller, seien es Schulden, die nicht vermeidbar sind, passiere demjenigen nichts. Hier nennt Möller als Beispiel etwa hohe Energierechnungen, die jetzt in der Corona-Pandemie auf Viele zukommen dürften. Wer aber trotz seines Insolvenzverfahrens bewusst weiter Schulden mache, also etwa auf Kredit einkauft, für den erlischt die Restschuldbefreiung.

Wie funktionieren denn die Schufa-Einträge?

Experte Toralf Möller im Hörfunkstudio  Foto: Jan-Philipp Baumgart
Toralf Möller von der Schuldnerberatung in Rostock zu Gast bei uns im Studio

Toralf Möller rät: "Es ist wichtig, sich einen Überblick zu verschaffen, was in der Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) genau steht." Dafür sei es möglich, sich einmal im Jahr einen kostenfreien Auszug zu holen. Das betreffende Formular gibt es in der Schuldnerberatung. Den Auszug können Ratsuchende dann gemeinsam mit ihrem Berater durchgehen, der genau erklären kann, wofür welcher Eintrag steht.

Bei der Schufa werden etwa Zwangsvollstreckungen eingetragen, Kreditverträge, aber auch Verträge mit Telekommunikationsunternehmen. Wer einen Kreditvertrag unterzeichnet, der gibt seinem Vertragspartner die Erlaubnis, diesen Kredit bei der Schufa eintragen zu lassen. Ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Vertrag erfüllt wird, dann ist der Score bei der Schufa hoch und die Zinsen für den Vertrag niedrig. Wer einen schlechteren Schufa-Score hat, der bekomme höhere Zinsen oder auch teilweise gar keinen Vertrag, so Möller.

Wann werden negative Schufa-Einträge wieder gelöscht?

In der Regel mit der Erfüllung. Also, hat man seine Schulden beglichen, wird der Eintrag gelöscht. Es gibt aber auch Unternehmen, die vergessen, die Erledigung der Schufa zu melden. Toralf Möller rät dann: "Wenn Forderungen während einer Privatinsolvenz beglichen worden sind, verfügt der Insolvenzverwalter über einen entsprechenden Nachweis. Den können Schuldner dann an die Schufa schicken, dort wird der Eintrag gelöscht. Die Fristen zur Löschung von Daten, sind auf der Schufa-Homepage zu finden."

Wie sehr schlägt die Corona-Pandemie auf die Situation von Schuldnern durch?

Toralf Möller merkt die zusätzliche Belastung für die Menschen durch die Corona-Pandemie durchaus: Kurzarbeitergeld, Arbeitslosigkeit - all das führt zu weniger Einkommen und eventuell dann auch zu weiteren Schulden. Bei der Caritas Schuldnerberatung in Rostock gibt es laut Möller daher schon jetzt nur noch Termine ab April. Aber: Am Telefon hätten die Berater auch jetzt schon ein offenes Ohr, sagt er. Ganz wichtig sei: Wer mit seinen Schulden nicht mehr klarkommt, der möge sich bitte schnell an eine Beratungstelle wenden. "Gehen Sie die Aufgabe an, machen Sie einen Termin. Schauen Sie, wo Profis in Ihrer Nähe sind", rät Möller.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Die Stefan Kuna Show | 23.03.2021 | 09:00 Uhr

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