Teilweise scharfe Kritik an neuen Corona-Maßnahmen
Seit Dienstag ist klar, dass der bestehende Lockdown verlängert wird und die Kontaktbeschränkungen noch einmal verschärft werden. Reaktionen aus Schleswig-Holstein.
Kritik kommt unter anderem von der FDP. Bundesvize Wolfgang Kubicki sagte, er habe den Eindruck, dass mit den Maßnahmen vom "massiven Versagen der Bundesregierung" bei der Beschaffung von Impfstoff und FFP-2-Masken abgelenkt werden solle: "Wir haben eine Verpflichtung gegenüber den Bürgern unseres Staates. Wir haben keine Verpflichtung dahingehend, Menschenleben bei uns zu opfern, damit wir als gute Europäer gelten."
Der Fraktionsvorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ralf Stegner, sieht das anders: "Die Verlängerung des Lockdowns bis Ende Januar ist folgerichtig." Ob die neuen Kontaktbeschränkungen eine Wirkung zeigen, müsse aber abgewartet werden. Auch die Grünen in Schleswig-Holstein tragen die Beschlüsse mit, "weil das Infektionsgeschehen noch keine Entwarnung gibt", sagte Fraktionschefin Eka von Kalben.
Sager: Wird der Bogen überspannt?
Auch der Chef des Landeskreistags, Reinhard Sager, ist mit den neuen Maßnahmen nicht komplett einverstanden. Er habe Zweifel, ob mit den Bewegungseinschränkungen und Kontaktverboten der Bogen nicht überspannt werde, sagte der CDU-Politiker den Funke-Zeitungen. Mit den Maßnahmen würde man jedenfalls große Teile der Bevölkerung in Schwierigkeiten bringen, auf deren Mitmachen man angewiesen sei, so Sager.
Wirtschaft: Bei Beschlüssen fehlt Augenmaß
Die Wirtschaft in Schleswig-Holstein hätte sich bei den Beschlüssen mehr Augenmaß gewünscht. Bereits jetzt sehen sich knapp zwei Drittel der Innenstadthändler in Existenzgefahr, warnt der Einzelhandelsverband Nord. Viele Einzelhändler im Land hätten sich gewünscht, dass der Lockdown früher gelockert wird. "Viele Handelsunternehmen, die von einem zweiten Lockdown betroffen sind, haben ihr Eigenkapital weitestgehend aufgezehrt und benötigen deshalb jetzt wirtschaftliche Unterstützung", sagt Sprecherin Mareike Petersen.
IHK: Einzelhandel öffnen, um in der Krise zu überleben
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) fordert, den Einzelhandel - trotz Lockdown - Schritt für Schritt, wieder zu öffnen. "Wir erwarten, dass hier mit Augenmaß rangegangen wird, denn der Einzelhandel hat sich bisher nicht als Hotspot für die Verbreitung des Virus erwiesen. Insofern sollte er auch eine Chance haben - unter Wahrung der Hygieneauflagen - seinen Geschäften nachzugehen, seinen Kundenstamm zu halten und in dieser Krise zu überleben", sagt Can Özren von der IHK Lübeck. Wünschenswert sei auch eine finanzielle Unterstützung des Einzelhandels. Es sei wichtig, dass das Geld, das angekündigt wurde, auch wirklich bei den Unternehmen ankommt.
Günther hofft auf Solidarität
Um die weitere Verbreitung des Coronavirus zu stoppen, haben die Ministerpräsidenten der Länder und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag beschlossen, dass sich in den kommenden drei Wochen ein Hausstand nur noch mit einer Person aus einem anderen Hausstand treffen darf. In Hotspots wird es Einschränkungen der Bewegungsfreiheit geben. Der Einzelhandel und die Gastronomie bleiben geschlossen.
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) erläuterte am Dienstagabend die Ergebnisse aus der Runde und appellierte an die Menschen in Schleswig-Holstein, sich weiter solidarisch zu zeigen. Dann werde es möglich sein, im Februar Perspektiven für Lockerungen aufzuzeigen. Das Ganze lebe davon, dass die Menschen aus eigener Überzeugung mitmachten, sagte Günther. Er erneuerte die Hoffnung, dass künftig mehr Impfdosen zur Verfügung stehen.
