Windbranchentag in Husum: Zuversicht und Zukunftssorgen
Der Koalitionsvertrag lässt zum Ausbau der Windkraft noch einige Fragen offen. Rund 800 Branchenvertreter informierten sich in Husum über die neuesten Entwicklungen.
Wechselhaft - mit dieser Stimmung sieht die Windbranche der Arbeit der neuen Bundesregierung entgegen. Das ergab die Abstimmung gleich zu Beginn des Treffens an der Messe Husum, das mit 800 Teilnehmenden eine Rekordbeteteiligung verzeichnete. Nach jahrelanger Flaute kam der Bau neuer Anlagen zuletzt wieder in Schwung. "Die Ampel-Regierung hat uns unglaublich vorangebracht, Habeck hat einen Schub gebracht," stellte die Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie Bärbel Heidebroek fest. Doch jetzt lasse der neue Koalitionsvertrag Interpretationsspielräume.
Schätzungen zum Strombedarf liegen weit auseinander
So ist strittig, wie viel elektrische Energie Deutschland künftig brauchen könnte. Schätzungen gehen weit auseinander. Sie liegen zwischen 560 und 800 Terrawattstunden und hängen auch davon ab, wie stark die Wirtschaft künftig wächst. Heidebroek warnte davor, von einer Rezession auszugehen und die Ziele für den Windkraftausbau entsprechend zu drosseln.
Subventionierte Gaskraftwerke konkurrieren mit Batteriespeichern
Kritisch sehen die Branchenvertreter auch die Ankündigung der neuen Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU), neue Gaskraftwerke zu fördern, die mit Erdgas Strom erzeugen sollen. Sie sollen laufen, wenn Wind und Sonne schwächeln. Die Gaskraftwerke stünden aber in Konkurrenz zu Batteriespeichern, die keine Zuschüsse erhalten und dann seltener gebaut würden, so Heidebroek. Den Bau von Reserve-Kraftwerken hatte auch der frühere Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angestrebt, allerdings mit der Vorgabe, später klimaneutral erzeugten Wasserstoff zu nutzen. Wann davon ausreichende Mengen zur Verfügung stehen, ist derzeit nicht abzusehen.
Flaschenhals Netzanschluss
Schon seit Längerem fordert der Bundesverband Windenergie, dass sich Wind- und Solarparks einen Anschluss an das Stromnetz teilen können. Neue Projekte scheitern oft daran, dass die Einspeisepunkte überlastet sind. Das Argument: Wind und Sonne ergänzen sich. Nachts und im Winter spielt die Solarenergie ohnehin keine Rolle. Bei einem gemeinsamen Anschluss müssten Betreiber dann allerdings in den Stunden auf Einnahmen verzichten, in denen der Einspeisepunkt ausgelastet ist.
Mehr Tempo bei Windpark-Genehmigungen
Bei den Genehmigungen für neue Windparks ist Schleswig-Holstein schneller als der Bundesdurchschnitt. Laut Staatssekretär Joschka Knuth (Grüne) benötigen sie insgesamt 18 Monate im Durchschnitt. Vom Zeitpunkt an gerechnet, an dem die Unterlagen vollständig sind, seien es nur sieben Monate. Neun Gigawatt (GW) Leistung sind bereits an Land installiert und 2,7 GW zusätzlich genehmigt. Damit kommen bald rund 500 Anlagen in Schleswig-Holstein hinzu. Allerdings sollen auch 800 ältere und kleinere Anlagen abgebaut werden, die meist einzeln stehen und nicht in den dafür vorgesehenen Gebieten liegen.
Neue Regionalpläne im Zeitplan
Wo neue Anlagen entstehen können, regeln in Schleswig-Holstein die Regionalpläne. Im nördlichen Bereich hat das Oberverwaltungsgericht den Plan allerdings gekippt, im Südbereich laufen weiterhin mehr als 50 Klagen. Zumeist wehren sich potentielle Windparkbetreiber dagegen, dass ihre Flächen ausgeschlossen wurden. Deshalb ist eine Neuauflage der Regionalpläne geplant, die zudem das neue Flächenziel von drei Prozent berücksichtigt. Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) zeigte sich in Husum zuversichtlich, dass die neuen Regionalpläne noch vor der nächsten Landtagswahl 2027 in Kraft treten. Auch sie appellierte an die neue Bundesregierung, an den Ausbauzielen festzuhalten.
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