Wie sicher ist das LNG-Terminal Brunsbüttel?

Stand: 16.06.2023 07:00 Uhr

Auf einen Unfall am LNG-Terminal in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) seien die Behörden nicht vorbereitet, kritisiert das "Klimabündnis gegen LNG". Das Umweltministerium weist die Kritik zurück.

von Carsten Rauterberg

Wenn es auf dem schwimmenden LNG-Terminal krachen sollte, durch eine Schiffskollision oder ein Feuer, dann seien die Bevölkerung in Brunsbüttel und die Umwelt nicht ausreichend geschützt. Das sagt der Sprecher des "Klimabündnisses gegen LNG" Reinhard Knof. Das schwimmende LNG-Terminal werde schon jetzt im Elbehafen betrieben, obwohl ein externer Notfallplan noch gar nicht vorliege. Knof wirft dem Betreiber des Terminals ein hohes Maß an Ignoranz gegenüber dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung, der ortsansässigen Industrie und der Umwelt vor.

Bündnis sieht Gefahr von Schiffskollisionen auf der Elbe

Kollisionen von Schiffen auf der nahen Elbe sind laut Knof nicht auszuschliessen. Schließlich komme es immer wieder vor, dass Schiffe einen Maschinenschaden oder einen Defekt an der Ruderanlage hätten. In so einem Fall könnte ein manövrierunfähiges Schiff zum Beispiel in das LNG-Terminal oder ein LNG-Tankschiff krachen, da diese im Elbehafen und damit in unmittelbarer Nähe der Fahrrinne der Elbe lägen, so Knof. Darauf seien die Behörden nicht vorbereitet, kritisiert er.

Umweltministerium: Ständig ein Schlepper vor Ort

Das Umweltministerium weist die Kritik zurück. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens habe der Betreiber dieses Thema mit den zuständigen Behörden geklärt, so ein Ministeriumssprecher. Sowohl die Verkehrsüberwachung auf der Elbe als auch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt seien informiert. Darüber hinaus sei ständig ein Schlepper vor Ort und weitere Schlepper seien in der Nähe, um das Spezialschiff in einem möglichen Schadensfall schnell vom Anleger im Elbehafen wegzubringen.

Wie steht es um Betriebe in der Umgebung?

Das "Klimabündnis gegen LNG" warnt allerdings auch vor möglichen Kettenreaktionen. Ein Notfall wie zum Beispiel ein Großfeuer auf dem schwimmenden LNG-Terminal könnte auch Folgen für die nahegelegenen Chemiebetriebe, die Sonderabfallverbrennungsanlage SAVA und das abgeschaltete Atomkraftwerk haben, so Reinhard Knof. Dazu sagte der Sprecher des Umweltministeriums, dass der Betreiber die benachbarten Betriebe vor der Inbetriebnahme des Terminals informiert habe. Weitere Einzelheiten würden dann in dem externen Notfallplan, der von der Katastrophenschutzbehörde des Kreises erstellt werde, geregelt. In der bundesweiten Störfall-Richtlinie - auch Seveso-3- Richtline genannt - werde ein externer Notfallplan innerhalb von zwei Jahren verlangt. Ein Entwurf sei bereits fertig und im Mai öffentlich ausgelegt worden. Der Kreis Dithmarschen als untere Katastrophenschutzbehörde nehme jetzt alle Einwände entgegen.

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Feuerwehr ausreichend ausgebildet?

Der Sprecher des Bündnisses kritisiert zudem den aus seiner Sicht unzureichenden Ausbildungsstand der Feuerwehr Brunsbüttel bei möglichen Großfeuern oder anderen Schadenslagen. Das Umweltministerium verweist dazu auf die jahrelange Zuständigkeit der Feuerwehr für den Chemiepark Brunsbüttel sowie die Erfahrung der Feuerwehr bei der Schiffsbrandbekämpfung. Ein Sprecher der Stadt Brunsbüttel sagte, die Feuerwehr Brunsbüttel sei um zusätzliche hauptamtliche Einsatzkräfte verstärkt worden. Zudem sei gerade auf der Südseite in unmittelbarer Nähe des Elbehafens eine neue Feuerwache in Betrieb genommen worden. Stadt, Hafenbetreiber Brunsbüttel Ports, der Terminalbetreiber und die Feuerwehr würden hier eng zusammen arbeiten. Bei Not- und Unglücksfällen würden 24 Stunden, sieben Tage die Woche sechs Einsatzkräfte zur Verfügung stehen, so der Sprecher. Außerdem würden jetzt alle Einsatzkräfte in ein spezielles Trainingszentrum für Schiffsbrände und LNG-Unfälle in Rotterdam geschickt. Allerdings könnten die Mitglieder der Wehr erst nach und nach geschult werden.

Land weist Forderung nach Betriebs-Stopp zurück

Bei einem Feuer auf dem Spezialschiff des LNG-Terminals könnten Temperaturen von bis zu 1.000 Grad entstehen, so Umweltschützer Reinhard Knof. Weil die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen nicht vorlägen, stellt er eine klare Forderung: "Jetzt muss ein vernünftiger Notfallplan her mit allen notwendigen Maßnahmen und solange der nicht vorliegt, muss der Betrieb des LNG-Terminals erstmal eingestellt werden." Diese Forderung weist die Landesregierung zurück. Der Betreiber habe vor der Inbetriebnahme alle Genehmigungen mit hohen Sicherheitsanforderungen beantragt und auch erhalten. "Ein Untersagen des Betriebs ist nur möglich, wenn der Betreiber gegen rechtliche Vorgaben verstößt", sagte ein Sprecher des Umweltministeriums.

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Schleswig-Holstein Magazin | 15.06.2023 | 19:30 Uhr

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