Weiter Kritik am LNG-Terminal Brunsbüttel: Viel Lärm, wenig Nutzen?

Stand: 23.02.2024 10:53 Uhr

Vor einem Jahr großer Jubel in der Landes-und Bundespolitik: Das schwimmende LNG-Terminal geht in Brunsbüttel an den Start. Den Anwohnern ist seitdem allerdings selten zum Jubeln zumute.

von Carsten Rauterberg

Das schwimmende LNG-Terminal in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) wurde vor einem Jahr mit einer großen Feier und Polit-Prominenz eröffnet. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) waren in den Brunsbütteler Elbehafen gekommen. Doch zwölf Monate später gibt es immer noch Kritik von Anwohnern. Das Umwandlungschiff "Hoegh Gannet" verursache zu großen Lärm und zu hohe Schadstoff-Emissionen. Umweltverbände zweifeln zudem den Nutzen des LNG-Terminals an, weil es nur geringe Mengen Gas ins Netz einspeise. Betreiber und Umweltministerium weisen die Kritik zurück.

Anwohner genervt

Seit der Inbetriebnahme des LNG-Umwandlungschiffes fordern die Bewohnerinnen und Bewohner eines angrenzenden Wohngebietes, dass der Betreiber den Lärm reduziert. Zudem fordern sie eine bessere Kommunikation. "Bei Beschwerden muss der Betreiber für uns immer erreichbar sein", sagt Anwohner Christian Barz. Ein Infotelefon, das nur Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr geschaltet sei, reiche nicht aus, kritisiert er.

Anwohner Axel Wendt, der den Ortsbeirat Brunsbüttel-Süd leitet, sieht das genauso. Der CDU-Kommunalpolitiker ergänzt: "Der Nutzen des LNG-Terminals scheint eher gering zu sein. Man muss überlegen, ob das Umwandlungsschiff überhaupt noch Sinn macht." Statt der geplanten fünf Milliarden Kubikmeter Gas sollen in Brunsbüttel nur 3,7 Milliarden Kubikmeter eingespeist werden. Das schwimmende LNG-Terminal mache derzeit nur etwa 1,5 Prozent des deutschen Gasimports aus. Das geht aus Datren der Bundesnetzagentur hervor. Aus Sicht von Wendt und Barz ein sehr geringer Anteil, der den Betrieb und den Aufwand nicht rechtfertige.

Betreiber weist Kritik zurück

Der Betreiber des LNG-Terminals, die Deutsche Energy Terminal GmbH (DET), weist die Kritik der Anwohnerinnen und Anwohner zurück. Ein Sprecher der bundeseigenen Gesellschaft sagte, man sei dabei, weitere Schalldämpfer einzubauen, um den Lärm für die Anwohner zu reduzieren. Der Einbau solle in Kürze abgeschlossen sein. Zudem habe er bei der letzten Ratsversammlung zugesagt, künftig regelmäßig und häufiger vor Ort zu sein, um die Kommunikation mit der Stadt Brunsbüttel und den Anwohnern zu optimieren. Auf der Homepage der DET wolle man zudem ständig aktuelle Informationen einstellen. Auch die Einrichtung des Bürgertelefons solle zur Verbesserung des Verhältnisses zu den Anwohnern beitragen, so der Sprecher weiter. Eine Erreichbarkeit rund um die Uhr könne man aber nicht leisten.

Umweltministerium: LNG-Infrastruktur wichtig

Eine Sprecherin des Umweltministeriums in Schleswig-Holstein hält das schwimmende LNG-Terminal in Brunsbüttel für unverzichtbar. Trotz der Tatsache, dass die eingespeiste Menge geringer sei als geplant, brauche man das schwimmende LNG-Terminal. Dass die eingespeiste Menge derzeit so gering sei, habe technische Gründe. Wenn es in Brunsbüttel erst einmal ein festes LNG-Terminal gebe, könnten auch die eingespeisten Gasmengen erhöht werden.

Das feste Terminal in Brunsbüttel soll in einigen Jahren fertig sein. Bis dahin soll das schwimmende LNG-Terminal in Betrieb bleiben. Das Umweltministerium hat die Genehmigung erst vor kurzem bis 2026 verlängert.

Zweifel von Umweltverbänden

Umweltverbände, wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH), bezweifeln die Argumentation von Betreiber und Umweltministerium. Nach Angaben des DUH-Energieexperten Constantin Zerger gibt es zahlreiche Untersuchungen zu diesem Thema. "Auch bei extrem kalten Wintern droht uns in Deutschland keine Gasmangellage, auch wenn es einmal kälter werden sollte. Die Importe zum Beispiel aus europäischen Nachbarländern wie Niederlande und Belgien und auch aus Norwegen sorgen dafür, daß die deutschen Gas-Speicher voll sind." Daher habe er Zweifel, ob ein festes LNG-Terminal in Brunsbüttel überhaupt notwendig sei. Zerger fordert: "Mit den heutigen Informationen müssen wir alles auf den Prüfstand stellen. Die Schlussfolgerung nach der Analyse der aktuellen Lage bei der Gasversorgung kann nur sein: Wir brauchen keine neuen LNG-Projekte."

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Anwohner mit konkretem Vorschlag

Auch die Anwohner aus dem Wohngebiet Brunsbüttel-Süd beschäftigen sich mit der aktuellen Lage der Gasversorgung. Axel Wendt schlägt vor, die Niederlande oder Norwegen könnten ja künftig den Anteil des Brunsbütteler LNG-Terminals an der deutschen Gasversorgung übernehmen, dann brauche man das Terminal im Elbehafen nicht mehr. Das wies ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums zurück. Die Importmengen von Gas aus Norwegen könnten aufgrund von Kapazitäten nicht einfach erhöht werden. Und auch die Importmengen, die über belgische und niederländische Terminals kommen, können die dortigen Betreiber wegen der begrenzten Leistungskapazitäten nicht erhöhen. Der Vorschlag sei daher unrealistisch, so der Sprecher.

Bund und Land schaffen weitere Fakten

Trotz aller Diskussionen vor Ort und trotz der Kritik der Deutschen Umwelthilfe schaffen Bund und Land neue Fakten. Die Planungen für das feste und dann dauerhafte LNG-Terminal Brunsbüttel haben Fahrt aufgenommen. Erst vor einigen Tagen hat das Wirtschaftsministerium in Kiel eine erste Teilgenehmigung veröffentlicht. Wenn alles klappt, soll das feste LNG-Terminal Brunsbüttel 2028 in Betrieb gehen.

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