Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält eine Regierungserklärung  Foto: Bernd von Jutrczenka

SH begrüßt Bau von LNG-Terminal in Brunsbüttel

Stand: 28.02.2022 13:34 Uhr

Um sich aus der Abhängigkeit von russischem Gas zu befreien, hat Bundeskanzler Scholz den schnellen Bau von zwei Flüssigerdgas-Terminals angekündigt: in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) und Wilhelmshaven (Niedersachsen).

In Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) soll alsbald ein Terminal für Flüssigerdgas (LNG) entstehen. Das hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in seiner Regierungserklärung als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine angekündigt. "Die Ereignisse der letzten Tage und Wochen haben uns doch gezeigt: Eine verantwortungsvolle, vorausschauende Energiepolitik ist nicht nur entscheidend für unsere Wirtschaft und unser Klima - sondern entscheidend auch für unsere Sicherheit", sagte Scholz.

Mit dem Bau der LNG-Terminals möchte man Scholz zufolge eine sichere Energieversorgung des Landes gewährleisten. Als zweiten Standort nannte der Kanzler Wilhelmshaven in Niedersachsen. Außerdem soll eine Kohle- und Gasreserve aufgebaut werden. Scholz versprach zudem, die Bundesregierung behalte die hohen Energiepreise im Blick.

Buchholz: Planfeststellungsverfahren läuft

Von heute auf morgen ist so ein Vorhaben allerdings nicht umzusetzen. Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) sagte NDR Schleswig-Holstein, dass man im Planfeststellungsverfahren sei, "das heißt, da sind noch nicht alle Unterlagen vorhanden". Er geht davon aus, dass Baurecht erst in einem bis anderthalb Jahren bestehen wird. Allerdings nur, wenn es keine Klagen gegen das Projekt geben sollte.

Deshalb macht Schleswig-Holsteins CDU-Landtagsfraktionschef Tobias Koch Druck. Unter den jetzigen Umständen eines Krieges mitten in Europa müsse es möglich sein, die Planungen innerhalb der nächsten Monate abzuschließen und zu genehmigen, so der CDU-Politiker. Es müsse auf Vorgaben für das Vergabeverfahren verzichtet werden, damit das private Investoren-Konsortium die Bauaufträge ohne weitere Verzögerungen erteilen könne. "Es braucht ein Beschleunigungsgesetz des Bundes, mit dem die weiteren Planungs-, Genehmigungs- und Vergabeverfahren radikal verkürzt werden", so Koch. Unter realistischen Annahmen sei sonst erst in vier bis fünf Jahren mit der Fertigstellung des Projekts zu rechnen.

LNG-Terminal könnte in vier Jahren fertig sein

Noch sei nach den Aussagen von Bundeskanzler Scholz unklar, ob sich die Bundesregierung auch am Bau beteiligen wolle, so Buchholz. Bisher trieb ein Firmen-Konsortium die Planungen voran. Außerdem sei in Berlin Planungsbeschleunigung beschlossen worden. "Da sind Möglichkeiten da, die man für dieses LNG-Terminal nutzen kann, um mit nur noch einer Klageinstanz nach hinten raus und einer sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses auch sofort bauen zu können", sagte Buchholz. Das würde bedeuten, dass die Infrastruktur innerhalb von vier Jahren fertig sein könnte.

Kernkraftwerk Brunsbuettel mit Umspannwerk und Industrie an der Elbe. © IMAGO / blickwinkel
Zukünftiger Standort des neuen LNG-Terminals in Brunsbüttel: nahe des Kernkraftwerks.
Große Zustimmung aus SH für Terminal

In Schleswig-Holstein ist das Vorhaben hochwillkommen: "Schleswig-Holstein wird alles unternehmen, um das klare Bekenntnis des Bundeskanzlers zum Bau eines LNG-Terminal in Brunsbüttel zügig voranzutreiben", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) Günther am Sonntag.

Auch SPD-Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller äußerte sich zu zur energiepolitischen Dimension: "Energiepolitisch hat die Bundesregierung die richtigen Konsequenzen gezogen." Vor allem der Ausbau der Erneuerbaren sei jetzt wichtig, sagte der Politiker. Jede Windkraftanlage und jedes neue Solarmodul stärke die energiepolitische Unabhängigkeit. "Wenn wir es richtig machen, gewinnt Deutschland nicht nur an Energiesouveränität, sondern macht auch den unerlässlichen Sprung in Richtung Klimaneutralität. Beides schützt unser Land und unsere Freiheit", so Losse-Müller.

Grüne: Erneuerbare Energien wichtig für unabhängige Energieversorgung

Auch die Grünen in Schleswig-Holstein betonen die Bedeutung der erneuerbaren Energien für die unabhängige Energieversorgung. "Der massive Ausbau der regenerativen Energien ist klima- wie sicherheitspolitisch unumgänglich", hieß es von den beiden Spitzenkandidatinnen für die Landtagswahl, Finanzministerin Monika Heinold und Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré, am Sonntag. Sie unterstützen die Pläne für das LNG-Terminal in Brunsbüttel. Das Vorhaben ist bei den Grünen umstritten. Vor einer Woche hatte ein Landesparteitag den Bau klar abgelehnt - gegen den Willen der Grünen-Landesminister und Spitzenkandidatinnen.

Anlage auch für grünen Wasserstoff nutzbar

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bereits angekündigt, den Bau eines eigenen deutschen LNG-Terminals vorantreiben zu wollen. Die Anlage müsse so gebaut werden, dass sie "wasserstoffready" sei. Das bedeutet, dass die Anlage künftig auch genutzt werden kann, um klimafreundlichen Wasserstoff umzuschlagen.

Bislang gibt es kein eigenes Terminal für Flüssigerdgas in Deutschland, Pläne dafür aber seit Längerem. Die Gasbranche beklagte aber unzureichende Rahmenbedingungen für Investitionen. In einem Papier des Ministeriums hieß es, es sei eine finanzielle staatliche Unterstützung zu prüfen.

Stand der Planungen: Baubeginn unklar

Wann das LNG-Terminal in Brunsbüttel tatsächlich gebaut wird, ist nach derzeitigem Stand noch nicht geklärt. Die Investoren von der German LNG Terminal GmbH wollten sich zuletzt nicht zu den aktuellen politischen Diskussionen äußern, ihre Planungen aber fortsetzen. Mit den Äußerungen von Minister Buchholz zu möglichen beschleunigten Verfahren könnte nun mehr Tempo in die Planungen kommen.

Katja Freitag, die Sprecherin der Investoren, hatte zuvor auf die nächsten Schritte verwiesen: unter anderem die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange. Das sind neben der Kommune Brunsbüttel und benachbarten Unternehmen auch Natur- und Umweltverbände. In Hinblick auf die Standortnähe zum stillgelegten Atomkraftwerk und zur Sonderabfallverbrennungsanlage SAVA muss noch geklärt werden, ob besondere Anforderungen zu erfüllen sind.

Kritik von Natur- und Umweltverbänden: Sicherheitsrisiko

Natur- und Umweltverbände kritisieren den Bau des LNG-Terminals wegen des hohen Sicherheitsrisikos. Laut einem Sprecher der Deutschen Umwelthilfe sei ein LNG-Terminal an diesem Standort einem Gutachten zufolge nicht genehmigungsfähig. Der notwendige Bebauungsplan im Industriegebiet Brunsbüttel hat nach wie vor Bestand.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 27.02.2022 | 12:00 Uhr

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