erixx-Akkuzüge: Madsen rechnet vor Januar nicht mit Verbesserungen

Stand: 19.12.2023 20:54 Uhr

Ein Software-Fehler sorgt für Ausfälle von erixx-Akkuzügen zwischen Kiel und Lübeck. Reisende müssen auch über Weihnachten und den Jahreswechsel mit Problemen rechnen. Das Problem soll nach Hersteller-Angaben erst im Frühjahr 2024 behoben sein.

Grund für die Beeinträchtigungen auf der Strecke zwischen Kiel und Lübeck sind die anhaltenden Ausfälle der neuen batterieelektrischen Triebzüge (BEMUS). Aktuell sind im Netz Ost laut Wirtschaftsministerium nur knapp die Hälfte der Fahrzeuge der neuen Akkuzug-Flotte des Herstellers Stadler einsatzbereit.

Vor Januar keine Besserung in Sicht

Am Dienstag hat sich Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruge Madsen (CDU) mit den dem Chef von Stadler Deutschland, Jure Mikolčić, und dem erixx-Chef Rainer Blüm getroffen. Laut Madsen sei demnach erst ab dem 7. Januar mit einer leichten Besserung zu rechnen, da der aktuelle erixx-Ersatzfahrplan erst dann ende. "Wir hoffen, dass uns Stadler ab der zweiten Januarwoche wieder genügend Fahrzeuge für einen regulären Fahrplan zur Verfügung stellt", sagte erixx-Holstein-Geschäftsführer Blüm.

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Ein Erixx-Akkuzug steht in einer Werkshalle. © NDR Foto: Ole Wrobel

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Aktuell nur Stundentakt zwischen Kiel und Lübeck

Die Züge des Bahnunternehmens erixx Holstein fahren aktuell nur im Stundentakt zwischen Kiel und Lübeck. Die Strecke Kiel - Oppendorf bedient das Unternehmen mit einem Schienenersatzverkehr. Geschäftsführer Blüm nannte als Ursache Softwareprobleme, die die Steuerung der Akkus betreffen. Für die Bereitstellung und Wartung der Akku-Züge ist aber nicht erixx, sondern Hersteller Stadler zuständig. "Wir hoffen, dass sie den Fehler so schnell wie möglich finden und ein Software-Update produzieren", sagte Blüm. Auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein teilte Hersteller Stadler mit, dass die Probleme seit Anfang Dezember auftreten. Das Software- und Diagnosesystem zeige Fehlfunktionen an, die zu Fahrzeugstörungen führen.

Hersteller bittet, Ausfälle zu entschuldigen

"Wir müssen uns zunächst bei den Fahrgästen, bei unserem Kunden NAH.SH und beim Land Schleswig-Holstein entschuldigen, dass es zu den aktuellen Ausfällen kommt", sagte Mikolčić. Und weiter: "Wir sehen, dass es Verbesserungsbedarf gibt, stellen aber die Qualität und die Fortschrittlichkeit der Technologie nicht infrage."

Techniker sollen Fehler beheben, bis das Update kommt

Um die Verfügbarkeit von Zügen zu erhöhen, habe man das Personal in der Werkstatt sowie in den mobilen Teams mehr als verdoppelt, damit die Techniker die Fehler schnell beheben können. Ein Software-Update, dass den Fehler komplett abstellen soll, soll laut Stadler im Frühjahr 2024 verfügbar sein. Laut erixx stehen aktuell nur 13 der 26 Akku-Züge bereit.

Aus der sogenannten Transferflotte, die extra für Probleme mit den Akku-Zügen aufgestellt wurde, stehen laut erixx sechs von zwölf Diesel-Zügen zur Verfügung. Das macht zusammen mit den 13 Akku-Zügen 19 Fahrzeuge. Um die Strecken reibungslos betreiben zu können, sagt Blüm, benötige man 26 Fahrzeuge.

Minister Madsen verlangt Antworten von Stadler und DB Regio

Die Transferflotte wird von DB Regio gestellt. Für Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) sind die Software-Probleme bei Stadler und defekte Dieselzüge der DB Regio-Flotte ein nicht tragbarer Zustand: "Bis Stadler die Probleme halbwegs in den Griff bekommt, wird unsere NAH.SH zusammen mit erixx alle Bemühungen darauf richten, vor allem in den Stoßzeiten stabile und verlässliche Verbindungen mit ausreichender Kapazität anzubieten", sagte Madsen. Zudem erinnerte er daran, dass sich die Maluszahlungen für den Hersteller für den schleppenden Start der bislang 34 ausgelieferten BEMUS auf eine Millionen-Strafe zubewege.

Laut NAH.SH-Geschäftsführer Dr. Arne Beck werde aktuell mit der Nordbahn verhandelt, ob einige ihrer Züge vorübergehend bei erixx eingesetzt werden können. Dies könne ab Januar zu weiteren Entlastungen führen. Während Stadler darauf verweist, dass manche Softwarefehler schneller gelöst werden können als befürchtet, verdeutlicht Beck, dass manche Fahrzeuge der Transferflotte auch längerfristig ausfallen. Grund hierfür seien umfangreichere Schäden sowie eine angespannte Ersatzteillage. Die unzureichende Fahrgastinformation begründet er mit der Komplexität des Systems und verweist auf den BD Navigator. Hier sei die Datenlage hinsichtlich Ausfällen und Verspätungen am besten.

Erixx will kurzfristig fahrende Züge verlängern

Beim Unternehmen erixx hofft man, dass Stadler und DB Regio möglichst schnell Züge aus den Werkstätten zurück auf die Schiene schicken - damit der Schienenersatzverkehr auf der Strecke Kiel - Oppendorf beendet und die Strecke Kiel - Lübeck wieder zwei Mal pro Stunde bedient werden kann. Wann das soweit sein wird, ist unklar. In den kommenden Tagen will erixx seine Züge verlängern und so durch mehr Sitzplätze den Komfort für seine Passagiere verbessern.

VIDEO: Reaktionen der DB Regio zu erixx Holstein (1 Min)

SPD kritisiert Landesregierung

Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Niclas Dürbrook, verwies am Dienstag auf die Verantwortung der Landesregierung. Diese habe dafür zu sorgen, dass auf Schleswig-Holsteins Schienen funktionierende Züge unterwegs seien. Dürbrook bezeichnet die Akkuzüge als "echte Innovation". Der Praxisbetrieb sei wenig erprobt und Ausfälle somit nicht überraschend. Er bemängelt, dass die Transferflotte, für die das Land 30 Millionen Euro bereitstellt, ebenfalls nicht funktioniert. "Der Ausfall der Transferflotte ist neben der katastrophalen Kommunikation der eigentliche Skandal", so Dürbrook.

DB Regio verteidigt sich

Die Transferflotte sei ursprünglich nur für den Übergang bis zur Auslieferung der neuen Akku-Züge gedacht gewesen, so die DB Regio. Erst wegen der massiven Probleme sei dann im Nachgang gemeinsam mit erixx und NAH.SH der Vertrag verlängert worden. Gleichzeitig wurde die Flotte um sieben Züge erweitert, um erixx und Nordbahn genügend Fahrzeuge für ihren Bahnbetrieb zur Verfügung stellen zu können.

Für die eigens von DB Regio betriebenen Strecken, zum Beispiel zwischen Kiel und Hamburg sowie Lübeck und Hamburg, kündigte das Unternehmen eine "Qualitätsoffensive" an. So sollen mehr Servicekräfte eingesetzt und die Kommunikation verbessert werden. Auch der Schienenersatzverkehr soll laut DB Regio ausgeweitet werden.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 19.12.2023 | 19:30 Uhr

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