Renate und Siegfried Volkmer betrachten die Unterlagen einer mutmaßlich betrügerischen Solaranlagen-Firma © NDR Foto: Gino Egbers

Betrugsmasche? Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Solar-Firma

Stand: 12.05.2025 10:38 Uhr

Siegfried Volkmer aus Hildesheim kaufte eine Solaranlage im Wert von über 18.000 Euro. Bezahlen sollte er im Voraus. Bekommen hat er sie nicht. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Hannover.

von Gino Egbers

Wenn Renate und Siegfried Volkmer ihr Haus irgendwann ihren Enkeln vererben, soll es nachhaltigen Strom nutzen. Dafür wollten die Rentner im letzten Jahr Solaranlagen auf das Dach bauen lassen. Auf einer Solarmesse in Hildesheim sind die beiden mit der Firma "Hass Solartechnik" in Kontakt gekommen. "Die waren nett und sympathisch und haben uns ihre Angebote gezeigt", erzählt die 82-jährige Renate Volkmer. Wenige Tage später stand ein Mitarbeiter der Firma vor der Tür und legte einen Vertrag vor. Etwas überrumpelt unterschrieb Siegfried Volkmer ihn. Bemerkte nicht, dass er 95 Prozent der Anlage vorab zahlen musste - über 17.000 Euro in Vorkasse.

Angebliche Lieferengpässe - Paar wird misstrauisch

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Der 90-Jährige bezahlte. Zwar wurden wenige Teile anschließend geliefert, der Großteil kam aber nicht. Immer wieder verschiebt die Firma geplante Liefertermine. Begründet das mit Krankheitsfällen oder Lieferengpässen. Siegfried Volkmer wird misstrauisch: "Als die Firma erzählte, die Module seien nicht lieferbar, wurde uns langsam klar, dass wir betrogen wurden. Weil ich wusste von Bekannten: Module gibt es wie Sand am Meer. Da gibt es keine Lieferengpässe." In der Zwischenzeit ändert das Unternehmen seinen Namen. Aus "Hass Solartechnik" wird "Seitz Energie".

Über 60 Anzeigen in ganz Deutschland

Siegfried Volkmer schaut auf einen Laptop, auf dem die Website eines möglicherweise betrügerischen Solar-Unternehmens zu sehen ist. © NDR Foto: Gino Egbers
Der Online-Auftritt des Unternehmens habe auf ihn professionell gewirkt, sagt Siegfried Volkmer.

Die Volkmers erstatten Anzeige. Weil aber Teile der Anlage geliefert wurden, gehen die Behörden zunächst nicht von einem Verbrechen aus. Das Verfahren wird eingestellt. Erst als sich die Anzeigen häufen, schaltet sich die Staatsanwaltschaft Hannover ein. Inzwischen ist klar: Die Volkmers sind kein Einzelfall. Das Geschäft mit den Solaranlagen: eine Masche. Laut Staatsanwaltschaft gibt es gegen "Seitz Energie" über 60 Anzeigen aus der ganzen Bundesrepublik. Alle nach dem gleichen Schema. Die Schadenshöhe schätzt die Behörde auf über eine Millionen Euro, wobei der Einzelschaden zwischen 10.000 und 35.000 Euro liege. Auch die Verbraucherzentrale Niedersachsen warnt online vor Geschäften mit der Firma "Seitz Energie". Demnach gab es gehäuft Meldungen von Haustürgeschäften, bei denen die Kunden, ähnlich wie bei den Volkmers, überrumpelt wurden. Auch beschwerten sich viele Kunden über bezahlte Anlagen, die nicht geliefert wurden.

Hausdurchsuchungen in Hessen und Niedersachsen

Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen "Seitz Energie" wegen gewerbsmäßigen Betrugs. Dafür wurden im April die Wohnräume der Geschäftsführer im Landkreis Hameln-Pyrmont, im hessischen Darmstadt Dieburg und in Frankfurt durchsucht. Die sichergestellten Beweise werden derzeit ausgewertet. NDR Anfragen ließ die Firma unbeantwortet. Auf einen postalisch zugeschickten Fragenkatalog reagierten die beschuldigten Personen nicht. Auch telefonisch ließ sich keiner der Personen erreichen.

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Solarunternehmen aus der Region hilft

Mittlerweile haben Renate und Siegfried Volkmer ihre Solaranlage auf dem Dach. Eine Firma aus der Umgebung baute sie ihnen kostenlos. Das Solarunternehmen sah durch "Seitz Energie" den Ruf der Solarbranche angekratzt und begründete die Aktion mit einer "Wiedergutmachung". Siegfried Volkmer hat ein Netzwerk aufgebaut und steht mit vielen Geschädigten von "Seitz Energie" in Kontakt. "Egal wo der Prozess ist. Wenn es soweit ist, werde ich hinfahren und mir den angucken", sagt der 90-Jährige kämpferisch.

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