Sind Cannabis-Konsumenten grundsätzlich fahruntüchtig?
In Goslar beginnt heute der jährliche Verkehrsgerichtstag. Die Experten diskutieren unter anderem über einen höheren Cannabis-Grenzwert im Straßenverkehr.
"Der bisherige Grenzwert bei der THC-Konzentration taugt nicht, da er keine Aussage über Fahruntüchtigkeit trifft", sagte Andreas Krämer vom Deutschen Anwaltverein. Der Wert müsse wie beim Alkohol so festgelegt werden, dass nur berauschte Fahrerinnen und Fahrer sanktioniert würden. Derzeit werde ab einem Wert von einem Nanogramm - der kleinstmöglichen sicher nachweisbaren Konzentration - eine Drogenfahrt angenommen, so Krämer. THC ist der psychoaktive Wirkstoff in Cannabis.
THC wirkt sehr unterschiedlich
Problematisch sei allerdings, dass THC anders als Alkohol bei verschiedenen Menschen ganz unterschiedliche Reaktionen auslöst, erklärte der Leiter der Unfallforschung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, Siegfried Brockmann. Er plädiert für einen Grenzwert von drei Nanogramm THC pro Milliliter Blut.
ADAC will an Grenzwert festhalten
Der Präsident des Bundes gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr, Helmut Trentmann, geht davon aus, dass mit der Freigabe von Cannabis die Zahl der Fahrten unter Drogeneinfluss steigen wird. Er fordert deshalb unter anderem eine breite Aufklärung aller Verkehrsteilnehmenden. Darüber hinaus sollten Alkohol- und Drogenkontrollen im Straßenverkehr verstärkt werden. Der ADAC will wegen der teils unklaren Dosis-Wirkungs-Beziehung an der Ein-Nanogramm-Grenze festhalten. "Die Sicherheit im Straßenverkehr darf nicht zur Disposition stehen", sagte ein Sprecher.
Radverkehr und E-Scooter sind weitere Themen
Beim Verkehrsgerichtstag befasst sich einer der insgesamt sieben Arbeitskreise mit diesem Thema. Außerdem sprechen die Fachleute aus Justiz, Wissenschaft, Behörden und Verbänden unter anderem über Radverkehrssicherheit und Haftungsfragen bei E-Scootern. Der jährliche Kongress zählt zu den wichtigsten Treffen von Verkehrssicherheitsexperten in Deutschland. Er endet am Freitag mit Empfehlungen an den Gesetzgeber. In diesem Jahr war das Treffen wegen der Corona-Pandemie von Januar auf August verschoben worden.