VW lässt Mitarbeiter aus Ukraine ausfliegen
Volkswagen hat seinen in der Ukraine tätigen Mitarbeitern angeboten, ausgeflogen zu werden. Das sagte Konzernchef Herbert Diess am Freitag auf einer Konferenz.
Es gehe nun vor allem darum, die Sicherheit der Beschäftigten in der Region zu gewährleisten. Der europäische und der Welt-Konzernbetriebsrat der VW AG zeigte sich "tief erschüttert". VW erklärte nach den ersten Kampfhandlungen, "mit großer Sorge und Betroffenheit die Nachrichten über den russischen Angriff" zur Kenntnis genommen zu haben. Diess sagte, man habe eine Taskforce eingerichtet, um weitere mögliche Folgen etwa auf die Lieferbeziehungen abzuschätzen.
Wichtige Absatzmärkte betroffen
Zentral- und Osteuropa sind für VW wichtige Absatzmärkte. Fast 660.000 Wagen lieferten die VW-Marken dorthin vergangenes Jahr aus. Die Kernmarke Volkswagen verkaufte voriges Jahr in den Regionen etwa 206.000 Neuwagen. VW betreibt auch in Russland eine Fertigung. Das Werk Kaluga befindet sich südwestlich der Hauptstadt Moskau.
Auch andere niedersächsische Unternehmen betroffen
Der Landmaschinenhersteller Grimme zeigte sich von der Entwicklung in der Ukraine entsetzt. Man habe sowohl mit russischen als auch mit ukrainischen Mitarbeitern und Partnern gesprochen, und alle hätten sich geschockt gezeigt, sagte Unternehmenssprecher Jürgen Feld am Donnerstag. Die Mitarbeiter im ukrainischen Kiew versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. Das Unternehmen müsse jetzt mit Sanktionen im Russland-Handel rechnen. Das sei besonders gravierend, weil im vorigen Geschäftsjahr gerade dieser Handel sehr erfolgreich und Russland somit eines der wichtigsten Exportländer gewesen sei. Jetzt stehe möglicherweise sogar ein Lieferstopp bevor. Bis auf weiteres würden keine deutschen Mitarbeiter in die Ukraine entsendet werden, kündigte der Grimme-Sprecher an.
"Warten, welche Sanktionen es geben wird"
Der Stallausrüster Big Dutchman aus Calveslage bei Vechta betreibt in der ukrainischen Hauptstadt Kiew einen Sitz mit rund 30 Mitarbeitern. Man habe heute noch keinen Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen gehabt, sagte Sprecher Andreas Böske NDR Niedersachsen am Donnerstag. Was der Krieg in der Ukraine und die möglichen Folgen wirtschaftlich für Big Dutchman bedeuten, sei noch nicht abzusehen, sagte Böske. Das Unternehmen hat auch einen Standort in Russland. "Wir warten jetzt darauf, was heute an möglichen Sanktionen entschieden wird", so Böske.
Krone hat seine Mitarbeitenden bereits zurückgeholt
Der Nutzfahrzeuge- und Landmaschinenhersteller Krone aus Lingen (Landkreis Emsland) hat nach Informationen von NDR Niedersachsen seine deutschen Mitarbeitenden bereits vergangene Woche aus der Ukraine zurückgeholt. Das Unternehmen hat in der Ukraine nach eigenen Angaben drei Vertriebsstandorte.
Börsenkurse reagieren auf Krieg
An den Börsen sind die wirtschaftlichen Folgen bereits jetzt sichtbar. Bereits am Mittwoch - noch vor dem Angriff - gab der VW-Kurs um 0,9 Prozent nach, am Donnerstag ging die Talfahrt weiter. Der Kurs gab in der Spitze um mehr als sieben Prozent nach. Der deutsche Leitindex DAX fiel zu Handelsbeginn um 4,4 Prozent auf ein 13-Monats-Tief von 13.986 Punkten. Damit steuert der deutsche Leitindex auf den größten Tagesverlust seit dem Börsen-Crash vom März 2020 zu. Im Laufe des Vormittags überschritt der DAX die 14.000er-Marke dann wieder.
IHK fürchtet Gegensanktionen
Die Hauptgeschäftsführerin der Industrie- und Handelskammern in Niedersachsen, Maike Bielfeldt, warnte bereits am Mittwoch vor wirtschaftspolitischen Reaktionen Moskaus. "Wenn es zu weiteren Sanktionen kommt, wird das erwartbar Gegensanktionen auslösen", sagte sie. Es sei noch nicht genau abzusehen, welche Branchen es wie stark direkt treffen würde. "Fest steht aber, dass alle der knapp 1.000 in Russland engagierten niedersächsischen Unternehmen leiden werden", schätzte Bielfeldt. "Denn auch wenn sie in einem ersten Schritt nicht unmittelbar betroffen sein sollten, werden alle mit der Unsicherheit konfrontiert sein, welche Maßnahmen noch folgen werden", sagte Bielfeldt. Dieses Risiko könne möglicherweise auch zu Rückzügen führen. Der bilaterale Handel mit Russland konzentriert sich auf Maschinen, Autos und Elektronik.
Metaller: Krise könnte Konjunkturmotor abwürgen
Die Metallarbeitgeber, die einige Maschinen- und Anlagenbauer mit Osteuropa-Geschäft vertreten, betonten die Energieversorgung. "Die Auseinandersetzung mit Russland hat das Zeug, den Konjunkturmotor in Deutschland nach zwei Corona-Jahren das dritte Jahr in Folge abzuwürgen", sagte Hauptgeschäftsführer Volker Schmidt. Weitere Preissteigerungen bei Erdgas müssten abgefedert werden - und es sei eine entschlossene Diversifizierung der Quellen nötig. Verflüssigtes Erdgas (LNG) soll zum Beispiel aus den USA und anderen Ländern geliefert werden. Schmidt forderte in dem Zusammenhang, mögliche LNG-Terminals in Stade und Wilhelmshaven schneller zu planen.
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