Obstbauer in Nienhagen beheizt ganzes Dorf mit Biogasanlage

Stand: 21.03.2024 12:10 Uhr

Die Biogasanlage des Obsthofes Lohse in Nienhagen sollte eigentlich nur Strom produzieren und Gewächshäuser beheizen. Es blieb aber so viel Abwärme übrig, dass damit nun fast alle Häuser im Dorf beheizt werden.

von Helmut Eickhoff

Milan Lohse streift durch das Gewächshaus. Er kontrolliert die Erdbeeren. Sie sind noch grün, werden aber jeden Tag größer. "Vielleicht können kurz nach Ostern die ersten Früchte geerntet werden." Ein sehr früher Zeitpunkt für Erdbeeren. Dass das geht, hat einen besonderen Grund. Einen Steinwurf weit entfernt steht eine Biogasanlage, die nicht nur Strom produziert, sondern auch das Glashaus heizt. Milan Lohse betreibt die Anlage im Heidekreis seit 2011, während sein Bruder Danny sich vor allem um den Hof der Lohses kümmert. Mit der Abwärme, die bei der Biogas-Verstromung anfällt, werden Folientunnel und Glashäuser geheizt. So kann schon besonders früh im Jahr Obst geerntet werden.

Neuer Geschäftszweig: Holzhackschnitzel-Trocknung

Die Biogasanlage von Obstbauer Milan Lohse. © NDR Foto: Helmut Eickhoff
Die Biogasanlage dient auch zum Heizen von Ställen und Wohnungen.

Milan Lohse nutzt die Abwärme aber auch noch auf andere Weise. Anfangs trocknete er damit Sägespäne. Diese wurden dann als Einstreu an Viehhändler verkauft. Mittlerweile werden auf dem Hof große Mengen an Holzhackschnitzel produziert und mit der Abwärme der Biogasanlage getrocknet. "Abnehmer sind Wohnungsgesellschaften aus Hannover, die ihre Wohnblöcke damit heizen. Oder auch Landwirte, die ihre Viehställe damit beheizen", so Milan Lohse.

Biogas des Bauern kann das ganze Dorf beheizen

Heino Fegebank schaut in die Kamera. © NDR Foto: Helmut Eickhoff
Heino Fegebank ist an das Nahwärme-Netz von Milan Lohse angeschlossen und spart damit 1.000 Euro jährlich.

Aber selbst mit der Holzhackschnitzel-Trocknung und dem Heizen der Gewächshäuser bleibt noch Abwärme übrig. Um diese auch noch zu nutzen, hat Lohse ein Nahwärme-Netz in seinem Ort aufgebaut. Einer der Abnehmer ist Heino Fegebank. Er hat bislang mit Öl geheizt. "Meine Heizung ist 25 Jahre alt. Die hätte ich wahrscheinlich nicht mehr lange betreiben können." Also machte Fegebank mit beim Nahwärmeprojekt. Er spart dadurch zudem 1.000 Euro an Energiekosten jährlich. Mittlerweile sind mehr als 50 Häuser in Nienhagen an das Nahwärmenetz angeschlossen - fast der ganze Ort. Auch Björn Gehrs (SPD), der Bürgermeister der Samtgemeinde Schwarmstedt, zu der Nienhagen gehört, ist begeistert: "Es gibt ja viele Wärmeplanungsdiskussionen, aber das sind oft erstmal Pläne, die entwickelt werden müssen. Hier ist es konkret, hier ist fast der ganze Ort angeschlossen. Das ist etwas, worauf Nienhagen stolz sein kann."

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Für den Branchenverband Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) ist das ein gutes Beispiel dafür, wie Biogasanlagen zur Wärmewende beitragen können. "Eine Wärmeplanung für Kommunen im ländlichen Raum ist ohne solche Anlagen kaum möglich", sagt Silke Weyberg, Geschäftsführerin des LEE. Sie befürchtet aber ein Aus vieler Biogasanlagen. Die Anlagen haben 20 Jahre eine feste Stromvergütung nach dem "Erneuerbare-Energien-Gesetz" (EEG) bekommen. Mit dem Auslaufen dieser Verträge müssen sich die Betreiber neu für eine festen, niedrigeren Strompreis bewerben: Schlechte Aussichten für Biogasanlagenbetreiber. Etwa zwei Drittel der Anlagen drohe bis 2030 das Aus, schätzt der LEE und fordert, dass größere Mengen Strom für die Erzeugung durch Biogasanlagen ausgeschrieben werden.

Auch CDU fordert Unterstützung für Biogas-Anlagen

Die CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag stößt ins gleiche Horn. Die Landesregierung solle sich dafür beim Bund starkmachen. "Biogasanlagen sind ein wichtiger Baustein im Energiemix", so Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte von den Grünen. Die Agrarministerkonferenz habe den Bund erst zuletzt aufgefordert, die Ausschreibungsbedingungen zu verbessern und die Vergütung hochzusetzen.

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Hallo Niedersachsen | 21.03.2024 | 19:30 Uhr

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