Erst Regen, nun Frost: Kartoffeln bleiben tonnenweise in der Erde

Stand: 01.12.2023 11:55 Uhr

Es hätte eine der besseren Ernten für Niedersachsens Kartoffelbauern werden können. Doch das nasse Herbstwetter hat nicht mitgespielt. In Niedersachsen sind Tonnen von Kartoffeln noch in der Erde.

von Helmut Eickhoff

In Zeiten des Klimawandels, längerer Dürreperioden und trockener Böden sehnten sich zeitweise viele nach Regen. Doch im Moment gilt: Zu viel ist auch nicht gut. Nach dem regenreichen Herbst stehen in Niedersachsen jede Menge Felder und Äcker unter Wasser. Der frühe Wintereinbruch tut sein Übriges. Das wird vor allem dort zum Problem, wo die Ernte noch nicht vollständig abgeschlossen ist.

Videos
Jede zweite deutsche Kartoffel kommt aus Niedersachsen. Mehr als 100.000 Hektar Kartoffelfelder gibt es hier - so viel wie in keinem anderen Bundesland. © NDR/video:arthouse/Christina Georgi
ARD Mediathek

Kleine Knolle, große Maschinen - Kartoffelernte in Niedersachsen (06.10.2022)

"Die Nordreportage" begleitet die Produktion vom weltweit größten Produzenten von Kartoffelrodetechnik. Video

Bis zu 10 Prozent der Kartoffelernte noch im Boden

"Es sind aktuell im Emsland und der Grafschaft sicherlich noch bis zu 10 Prozent der Kartoffeln im Boden, die auch teilweise nicht mehr gerodet werden können", berichtet Dirk Oevermann von der Erzeugergemeinschaft für Industriekartoffeln im Emsland und der Grafschaft Bentheim. Oevermann geht davon aus, dass ein großer Teil davon im Boden bleiben wird. "Wenn in den letzten Wochen etwas geerntet wurde, dann nur unter Einsatz von schweren Maschinen und in Verbindung mit sehr hohen Rodungskosten." Oft müssten steckengebliebene Maschinen mit einem enormen Aufwand aus den durchnässten Böden geholt werden.

Erntebilanz noch unklar

"Viele Landwirte hat die Situation kalt erwischt. Es gibt Betriebe, die haben die Hälfte ihrer Kartoffeln noch nicht geerntet", sagt Thorsten Riggert vom Landvolk Niedersachsen. Vor allem Landwirte im Westen Niedersachsens seien betroffen. Dort würden viele Höfe mit der Kartoffelernte später beginnen als etwa in der Region Uelzen-Lüneburg-Wendland, sagt Riggert. Nässebedingte Ernteausfälle in dieser Dimension habe es Jahre - wenn gar Jahrzehnte - nicht gegeben. Riggert hofft auf trockenes und windiges Wetter. "Damit es oberflächlich abtrocknen kann. Es darf aber auch nicht zu kalt werden, sonst gibt es Frostschäden." Wie die Erntebilanz ausfallen wird, ist noch unklar. "Für genaue Zahlen ist es zu früh", so Gerald Burgdorf von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Eine erste Hochrechnung habe einen leicht überdurchschnittlichen Ertrag prognostiziert. "Da sind aber nässebedingte Ernteschäden nicht mitgerechnet."

Zuckerrübenernte verzögert sich

Ein Rübenroder erntet Zuckerrüben von einem Feld. © dpa-Bildfunk Foto: Philipp Schulze
Auch die Ernte von Zuckerrüben verzögert sich durch den Regen. (Symbolbild)

Auch Zuckerrübenbauern hadern mit dem Wetter. Gut ein Fünftel der Zuckerrüben sei noch auf dem Feld, so Gerald Burgdorf von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. "Normalerweise ist die Rübenernte schon Mitte November durch. Das Roden der Früchte hat sich aber in den vergangenen Wochen durch den vielen Regen immer wieder verzögert."

Wenige Landwirte gegen Ernteausfälle versichert

Mögliche Ernteausfälle bekommt nicht jeder Landwirt ersetzt. "Es gibt für solche extremen Wetterereignisse Versicherungen, aber die Prämien sind in den vergangenen Jahren exorbitant angestiegen", sagt Dirk Oevermann. Aus diesem Grund hätten die meisten Landwirte eine solche Versicherung nicht abgeschlossen. In manch anderem EU-Staat werde diese Versicherung gefördert. In Deutschland geschehe das nicht. "Es wäre wünschenswert, wenn die Politik bei zunehmenden Wetterkapriolen unterstützt", sagt Oevermann. Thorsten Riggert vom Landvolk Niedersachsen bestätigt laufende Verhandlungen in der Sache mit der Politik und der Versicherungsbranche. "Noch ist aber keine Lösung in Sicht."

Weitere Informationen
Eine Aussaatdrohne hebt auf einem Feld ab. © NDR

Testbetrieb auf dem Acker - Aussaat per Drohne

Im Raum Uelzen hat ein Landwirt zum ersten Mal Pflanzensamen mit einer Drohne gesät. Das Ergebnis ist vielversprechend. (19.11.2023) mehr

Ein Imker entdeckelt die Bienenwaben voll Honig. © Fabian Sommer/dpa Foto: Fabian Sommer/dpa

Honig: Gute Ernte in Niedersachsen, Preise steigen trotzdem

Bienen und Imker waren 2023 besonders fleißig: Pro Bienenvolk kamen 39 Kilo Honig zusammen. Die Preise ziehen dennoch leicht an. (06.11.2023) mehr

Christoph Hahn, promovierter Biologe, steht mit einer Grünkohlpflanze auf einem Versuchsfeld der Universität Oldenburg. © picture alliance/dpa | Hauke-Christian Dittrich Foto: Hauke-Christian Dittrich

"Oldenburger Palme": Start in Grünkohl-Saison mit neuer Sorte

Oldenburg hat am Sonntag den Beginn der Grünkohl-Zeit gefeiert. Die Universität stellte eine neue Züchtung vor. (06.11.2023) mehr

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 01.12.2023 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Landwirtschaft

Mehr Nachrichten aus Niedersachsen

EIn Flugzeug startet hinter Stacheldraht. © picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt Foto: Christoph Hardt

Kirchenasyl gebrochen: Behörden schieben russische Familie ab

Die Familie hatte Kirchenasyl in Bienenbüttel. Vater und Sohn wollten ihrer Einberufung in den Ukraine-Krieg entgehen. mehr