"Tariflohn bleibt privatwirtschaftliche Entscheidung"
Nach Ansicht des Rostocker Politikwissenschaftlers Jan Müller sind mehrere Vorhaben der künftigen rot-roten Koalition in Mecklenburg-Vorpommern schwer umzusetzen. Das gelte etwa für Tariflöhne und nachhaltigen Tourismus.
Auch wenn die künftige rot-rote Koalition in Mecklenburg-Vorpommer fordert, dass mehr Jobs nach Tarif entlohnt werden müssten, bleibt es nach Ansicht des Rostocker Politikwissenschaftlers Jan Müller eine "privatwirtschaftliche Entscheidung", dies umzusetzen. Selbst wenn die Landesregierung bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen die Zahlung von gewissen Mindestlöhnen verlange, steigere die Überwachung dieser Maßstäbe wahrscheinlich die Bürokratie, sagte Müller bei NDR MV Live. Allerdings sei es richtig, über höhere Löhne im Land zu sprechen und die Firmen daran zu erinnern, dass Fachkräfte vor allem mit mehr Gehalt gebunden oder gefunden werden können.
Kompetenz in den Ministerien
Grenzen sind laut Müller auch dem Vorhaben von SPD und Linken gesetzt, wenn es um nachhaltigen Tourismus geht. Die Frage sei, wie weit Politik "überhaupt so etwas steuern" könne. Gegebenenfalls würden große Unternehmen halt "Bettenburgen" durchsetzen, wenn der Trend dies verlange. Müller bezweifelte weiterhin, dass die geplanten neue Posten eines Tourismusbeauftragten und eines Werftenbeauftragten notwendig sind. Die Expertise sollte eigentlich in den zuständigen Ministerien vorhanden sein, so der Politikwissenschaftler.
"Punktsieg" für die Linke
Tausend zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer einstellen zu wollen, bezeichnete Müller als "Punktsieg" der Linken. Allerdings habe sich der kleinere Koalitionspartner auch zwingend in einem Politikbereich klar durchsetzen müssen, "ansonsten wird es relativ schwer, das Profil zu wahren". Es sei auch "nicht sehr verwerflich", wenn die Umsetzung des plakativen Wahlkampf-Ziels nun eine "komplexe Lösung" verlange.
Akzentverschiebung statt Aufbruch
Auch vom "Aufbruch 2030", den SPD und Linke verkünden, verspricht sich Müller nicht viel, "aber das ist auch nichts Schlimmes". Schließlich regiere die SPD seit 1998 und habe nun nur den kleinen Koalitionspartner gewechselt. Er rechne mit einer "Akzentverschiebung", aber in vielen Bereichen auch mit einem Weiter-So.
