Polizei über Wohnorte von Corona-Infizierten informiert
Von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV

Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU) greift bei der Bekämpfung der Corona-Epidemie zu außergewöhnlichen Mitteln. Er hat die Gesundheitsämter der Landkreise angewiesen, die Polizei über die Wohnorte der Corona-Infizierten zu informieren. Das Schreiben liegt dem NDR vor. Die Behörden sollen täglich um 16 Uhr eine aktuelle Patienten-Liste an die beiden Polizeipräsidien schicken.
Landkreise haben datenschutzrechtliche Bedenken
Glawe beruft sich auf das Sicherheits- und Ordnungsgesetz (SOG) des Landes. Es gehe darum, die Pandemie schnellstmöglich mit "dem größten Erfolg" zu bekämpfen. Deshalb sei es im Rahmen der "Gefahrenabwehr" wichtig, dass die Polizei erfahre, ob sich an einem Einsatzort möglicherweise eine Covid-19-infizierte Person aufhalte. Bei den Landkreisen gibt es nach NDR Informationen datenschutzrechtliche Bedenken gegen das Vorgehen, einige verwiesen auf die ärztliche Schweigepflicht, die gebrochen werde. Allerdings sei Glawes Schreiben eine Weisung, an die sei man gebunden.
Seuchenschutz versus Persönlichkeitsrechte
Der Datenschutzbeauftragte des Landes, Heinz Müller, spricht von zwei Interessen, die gegeneinander abgewogen werden müssten - der Seuchenschutz und die Persönlichkeistrechte. Mit Blick auf die lebenswichtigen Interessen der Beamten sei es zulässig, eine Patientenliste weiterzureichen. Er habe dem Vorgehen deshalb zugestimmt.
Linke kritisiert Verstoß gegen ärztliche Schweigepflicht
Die Linksfraktion warnt vor einer Stigmatisierung der Betroffenen und kritisiert einen Verstoß gegen den Datenschutz und die ärztliche Schweigepflicht. Es sei außerdem ein Missbrauch der Daten zu befürchten, so der Innenexperte Peter Ritter. Die Gesundheitsämter seien schon jetzt überlastet, da könnten sie nicht auch noch Meldelisten anfertigen. Im Land sind 366 Menschen mit dem Corona-Virus infiziert.
