Die "Godess"-Sonde des IOW © Peter Holtermann (IOW) Foto: Peter Holtermann (IOW)
Die "Godess"-Sonde des IOW © Peter Holtermann (IOW) Foto: Peter Holtermann (IOW)
Die "Godess"-Sonde des IOW © Peter Holtermann (IOW) Foto: Peter Holtermann (IOW)
AUDIO: Plastikmüll behindert Ostseeforschung (3 Min)

Ostseeforschung: Plastikmüll legt Messstation lahm

Stand: 20.02.2023 16:00 Uhr

Durch eine Beschädigung der Messstation "Godess" im Gotlandtief fehlen dem Institut für Ostseeforschung in Warnemünde wichtige Daten. Diese sollten Aufschluss über Abläufe in der Ostsee geben.

von Ramon Gerwien, Ostseestudio Rostock

Die "Godess" ist eine Messstation in der Ostsee weit vor den mecklenburgischen Ufern zwischen der schwedischen Insel Gotland und der lettischen Westküste. Dort misst sie normalerweise wichtige Daten. Doch Anfang Dezember schickte sie ihrem Konstrukteur, Ralf Prien vom Institut für Ostseeforschung in Warnemünde (IOW), eine automatisierte E-Mail: "Hallo, ich bin an der Oberfläche", zitierte der Meeresforscher die Nachricht. Laut Prien sollte sie dort nicht sein, denn der starke Wellengang auf hoher See könnte die Messtation beschädigen. Den Grund für den Fehler kannte zu diesem Zeitpunkt niemand.

Hohe Wellen erschweren die Bergung

Es musste schnell gehandelt werden. Doch die Wege auf dem Meer sind weit. Ein Forschungsschiff des IOW unterbrach seine Aufgabe, um der Messstation zu helfen. Vier Tage später kam das Schiff bei ihr an. Doch es gab ein Problem: Der Kran an Bord war zu schwach, um die schwere Messstation im Ganzen zu bergen. Das Team konnte nur die Messplattform retten. Ein zweites Team musste sich in die Februarstürme wagen. Fahrtleiter Peter Holtermann befürchtete schon, dass die hohen Wellen eine Bergung verhindern. "Doch wir hatten Glück. Für einen halben Tag war die Welle gering genug. Als wir das Gerät an Bord hievten, war ich schockiert. Quadratmetergroße Plastikplanen waren der Grund für den Ausfall der 'Godess'". Der Meereswissenschaftler hatte nicht damit gerechnet, dass solch große Plastikstücke mitten in der Ostsee treiben. "Ich kenne solche Bilder aus Bali, wo man in so einem Plastik-Wassergemisch schwimmt, aber nicht von der Ostsee."

Wissenschaftliche Schaden höher als der finanzielle

Laut Prien habe der Einsatz kaum Kosten verursacht. "Schlimmer ist, dass uns nun Zahlen von mehr als vier Monaten fehlen." Bis April könne keine Aussagen zur Temperatur, zum Sauerstoff- und Salzgehalt oder zur Wassertrübung gemacht werden. Allesamt wichtige Daten, um die Ostsee zu verstehen, so Prien. Und nur wer die Ostsee versteht, kann sie auch schützen.

Besondere Messstation

Die "Godess" unterscheidet sich von anderen Messstationen. Ein schweres Wagenrad eines Eisenbahnwagons hält eine Winde am Boden in 180 Metern Tiefe. An ihr ist die Plattform mit den Messinstrumenten befestigt. Zu programmierten Zeiten spult die Winde eine bestimmte Länge ihrer Leine ab, die Messplattform steigt nach oben. So kann die "Godess" in allen Wassertiefen messen. Im Gegensatz zu Forschungsschiffen arbeitet sie jeden Tag 24 Stunden lang. Dadurch habe das IOW herausfinden können, dass die Ostsee geschichtet sei, sagt Holtermann. Sauerstoffarmes Nordseewasser liege unter sauerstoffreichem Fluss- und Regenwasser. "Das ist wie ein Latte Macchiato. Oben ist die Milch und unten der Kaffee, aber die vermischen sich nicht gut. Der Ostsee fehlt der Löffel zum Umrühren."

IOW bereitet Gerät auf

Der Sauerstoffmangel erschwert Tieren und Pflanzen das Leben im Binnenmeer von Natur aus. Treibende Plastikteile machen es nicht leichter. Auch die Wissenschaft schränken sie ein. Dabei werfe die Ostsee noch viele unbeantwortete Fragen auf, sagt Prien. So zum Beispiel, wie Schadstoffe in der Ostsee gelangen. Ist es die Industrie oder die Landwirtschaft? Könnte der Verkehr schuld sein? Doch derzeit entfernt das IOW noch den Müll aus dem Gerät und muss der Frage nachgehen, woher die Plastikplanen kommen.

Weitere Informationen
Biolumineszierende Leuchtalgen im Meer. © Niklas Mönnich/Briese Reederei Foto: Niklas Mönnich/Briese Reederei

Meeresleuchten: Forscher aus Warnemünde im Pazifik unterwegs

Das Leibniz-Institut für Ostseeforschung (IOW) untersucht die Küste Südamerikas auf Schadstoffe und Sauerstoffmangel. mehr

Maren Voss, Forscherin, arbeitet für das Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde IOW. © dpa-Bildfunk Foto: Bernd Wüstneck

IOW-Forscherin erhält hochdotierten Umweltpreis

Professorin Maren Voß erhält den schwedischen "Björn Carlson Ostsee-Preis" für ihre Forschung. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 20.02.2023 | 12:00 Uhr

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Urlauber gehen über den Strand an der Ostseeküste in Warnemünde. © dpa

Pfingsten in MV: Mühlen, Kunst und Urlauberandrang

Ob historische Mühlen oder Kunst in außergewöhnlicher Vielfalt. An Pfingsten gibt es in Mecklenburg-Vorpommern viel zu erleben. mehr

Die neue NDR MV App

Ein Smartphone zeigt die Startseite der neuen NDR MV App © NDR Foto: IMAGO. / Bihlmayerfotografie

Mecklenburg-Vorpommern immer dabei - die neue NDR MV App

Artikel, Podcasts, Livestreams: Die NDR MV App ist ganz neu: übersichtlich, kompakt, benutzerfreundlich, aktuell. mehr