Mysteriöses Sanddornsterben in MV noch nicht geklärt
Noch immer ist offen, warum der Sanddorn in den Plantagen und auch wilde Sträucher an der Ostseeküste absterben. Seit über einem Jahr suchen die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Gülzow bei Güstrow in einem großangelegten Forschungsprojekt nach Antworten.
Über 40 Sanddornsorten wachsen auf dem Versuchsfeld in Gülzow. Dr. Daniela Kuptz begleitet das Projekt wissenschaftlich. Sie schaut sich einen weiblichen Strauch an, der im vergangenen Jahr noch völlig gesund aussah und dessen orangefarbigen Früchte geerntet wurden. Nun treibt nur noch ein Zweig an dieser Pflanze neu aus. "Der Rest ist ohne Austrieb abgestorben. Die Rinde ist dunkel geworden. Da sind rote Pusteln drauf. Und das sind ganz typische Merkmale von dem Sanddornsterben". Die Wissenschaftlerin erzählt weiter, dass parallel im Labor Proben gesunder und kranker Pflanzen untersucht werden.
Zahlreiche Pilze als Schaderreger entdeckt
Über 100 Pflanzenproben, hauptsächlich aus Mecklenburg-Vorpommern, werden gerade auch im Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Dossenheim, Baden-Württemberg näher analysiert. Die Experten dort konnten bereits etliche Pilze feststellen. Allerdings ist noch unklar, welcher Pilz für welche Symptome zuständig ist. Deshalb werden nun eindeutig gesunde Pflanzen mit den Pilzsporen infiziert, um diese Symptome zu provozieren. Für Daniela Kuptz ist dieser Forschungsansatz hochinteressant. "Ende des Jahres können wir vermutlich schon eingrenzen, welcher Pilz der häufigste ist, der diese Symptome zeigt".
Sanddorn braucht Wasser
Neben Schaderregern werden weitere Einflüsse beobachtet. Auf dem Versuchsfeld in Gülzow werden alle Sanddornsträucher bewässert. Dr. Frank Hippauf, der Leiter des Forschungsprojekts geht davon aus, dass Landwirte, die Sanddorn anbauen, künftig auf eine künstliche Bewässerung nicht mehr verzichten können, vor allem nicht in anhaltend warmen trockenen Zeiten. "Was wir jetzt sehen ist, dass wir keine Sorte haben, die komplett resistent ist. Insofern ist es wichtig, über bestimmte Pflegemaßnahmen, möglicherweise über Bewässerung und Düngung, die Pflanzen so lange vital zu halten, dass ein Betrieb damit wirtschaftlich arbeiten kann". Denn auch das ist Ziel des Forschungsprojektes: den Anbauern Handlungsstrategien an die Hand zu geben, damit diese den Sanddorn auf ihren Flächen optimal nutzen können.
Züchtung neuer Sorten ist unerlässlich
So gut wie alle Sanddornsorten, die hierzulande wachsen und angebaut werden, stoßen mehr oder weniger an ihre Grenzen. Zudem wurden sie vor allem in den 70er/80er Jahren gezüchtet. Obstbauexperte Dr. Frank Hippauf geht davon aus, dass künftig neue Sorten gezüchtet werden müssen, um auf alle Einflüsse reagieren zu können, auch auf den Klimawandel. Der Wissenschaftler hofft, dass genau das passieren wird, wenn die Ursache für das Sterben klar ist. Er sieht ein enormes Potential im Sanddorn als Kulturpflanze. "Es wäre schade, wenn wir jetzt das beiseite tun und sagen, es hat keinen Sinn. Der Sanddorn eignet sich für verschiedenste Bereiche, für die Gesundheit, als Kosmetik und auch als Superfood, um einmal diesen Begriff in den Mund zu nehmen. Das ist es, was wir hier im Norden haben. Und deshalb ist es auch wert zu gucken, was man tatsächlich machen kann."
Auch wilder Sanddorn steht im Fokus
Dr. Daniela Kuptz legt zwei Landkarten nebeneinander, die die Küstenlinie von Mecklenburg-Vorpommern zeigen. Sie wurden von einer Mitarbeiterin des Pflanzenschutzdienstes im Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei über Jahre erstellt. Darin sind viele Standorte markiert, an denen hierzulande wilder Sanddorn wächst. Die eine Kartierung stammt aus dem Jahr 2018, die andere wurde 2021 erstellt. Auffallend ist, dass es 2018 noch viele grüne Punkte gab, die für vitale Pflanzen stehen. Auf der Karte für 2021 gibt es nur noch einen grünen Punkt auf der Insel Rügen, alle weiteren sind gelb und rot und stehen für kranke und abgestorbene Sanddornsträucher. Auch diese Pflanzen werden in das Forschungsprojekt einbezogen.
Forschung läuft weiter
Das Forschungsprojekt geht noch bis Ende 2023. Es wird aus Bundesmitteln finanziert, und zwar über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe, die sich ebenfalls in Gülzow befindet.