Opposition bringt Untersuchungsausschuss zu Klimastiftung auf den Weg
CDU, Grüne und FDP haben großes Besteck aufgefahren: In einer gemeinsamer Presse- und Videokonferenz hat das Oppositions-Trio den Vorstoß für einen Untersuchungsausschuss zur umstrittenen Stiftung Klima- und Umweltschutz MV begründet. Es geht um Geld aus Russland und die Rolle der SPD-Spitzen im Land.
Die drei Landtagsfraktionen, die sich gerne die Jamaika-Opposition nennen, haben ihren lang angekündigten Vorstoß begründet. Bisher habe die Landesregierung diverse Anfragen abgeblockt. In dem Einsetzungsbeschluss für den Untersuchungsausschuss fassen die Fraktionen insgesamt 74 Einzelfragen zusammen. Für das Trio ist schon jetzt klar: Die Stiftung war von Anfang an eine Mogel-Packung. Ihr Hauptzweck sei nie der Klima- und Umweltschutz gewesen. Das sei ganz klar die Fertigstellung der Gas-Pipeline Nord Stream 2 gewesen, so Grünen-Fraktionschef Harald Terpe.
Finanzströme durchleuchten
Ausgerechnet die gemeinwohlorientierte Stiftung habe dafür eine eigene Firma gegründet, die von russischer Seite bezahlt worden sei. Nach bisherigen Erkenntnissen hat die Stiftung 20 Millionen Euro von der Nord-Stream-2-AG erhalten, die zum russischen Staatskonzern Gazprom gehört. Zusätzliches Geld gab es für die Stiftungsfirma, die unter anderem ein Schiff - die "Blue Ship" - kaufte, um die mittlerweile gestoppte Gas-Pipeline Nord Stream 2 zu Ende zu bauen. Zu diesen Finanzströmen soll der Ausschuss nachfassen, so FDP-Fraktionschef René Domke. Es gehe bei einem Partner wie Russland auch immer um Geldwäsche oder Terrorismus-Finanzierung. Wichtig sei auch die Frage, ob die Firma der Stiftung Gewerbesteuer abgeführt habe oder ob für das Stiftungskapital Schenkungssteuer angefallen sei.
Schaden durch Nebenaußenpolitik?
Domke sagte, Mecklenburg-Vorpommern sei mit der Stiftung "zum Spielball internationaler Politik geworden." Er könne sich nicht vorstellen, dass die Stiftungssatzung aus der Feder eines Ministerialbeamten aus Schwerin stamme. "Da werden irgendwelche teuren Anwälte von Gazprom oder wem auch immer beteiligt gewesen sein." Grünen-Fraktionschef Terpe erklärte, Mecklenburg-Vorpommern habe sich mit seiner Nebenaußenpolitik europaweit Schaden zugefügt. Allerdings will Terpe den Ausschuss nicht als Tribunal über die russlandfreundliche Politik der SPD-geführten Landesregierung verstanden wissen. Die Russlandtage, der vom Land geförderte Verein deutsch-russische Freundschaft, Parteispenden des russischen Unternehmens Ilim Timber an die SPD, Auftritte von Spitzen-Sozialdemokraten in staatsnahen russischen Fernsehkanal RT oder die Einrichtung eines "Russland-Beauftragten" in Moskau sollen im Ausschuss keine Rolle spielen. "Das gibt der Einsetzungsbeschluss nicht her", so Terpe.
Ex-Kanzler in den Zeugenstand
Dennoch: Der Ausschuss erhofft sich als "Beifang" neue Erkenntnisse über die vielfach beschriebene Russland-Connection der SPD. Möglicherweise soll auch Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in den Zeugenstand, er gehört als Lobbyist für russisches Gas in das von Terpe beschriebene "fossile Netzwerk aus Gasindustrie und Politik". Die möglicherweise dubiosen Verbindungen zum russischen Machtapparat gehören für die Opposition dazu. Mecklenburg-Vorpommern könnte Ziel eine besonderen "politischen Landschaftspflege des Kreml" geworden sein, hieß aus der Jamaika-Opposition.
CDU half bei Stiftungsgründung mit
Der Ausschuss soll im Mai im Landtag offiziell eingesetzt werden - sechzehn Monate nach der Gründung der Stiftung, die dem Land seitdem fast nur negative Schlagzeilen beschert hat. Der Vorsitz würde an die CDU fallen. Die Union muss bei der ganzen Operation mit einem Glaubwürdigkeitsproblem fertig werden. Sie hatte die Stiftung als Regierungspartei in der rot-schwarzen Koalition noch unterstützt, die damalige Justizministerin Katy Hoffmeister (CDU) beispielsweise unterzeichnete die Stiftungsurkunde. Stellvertreter des Stiftungsvorstands, Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), ist der ehemalige CDU-Politiker Werner Kuhn.
SPD lehnt Untersuchungsausschuss ab
CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow räumte eine Beteiligung der Union während der Regierungszeit ein. Man sei aber nie treibende Kraft gewesen. Die Stiftung sei seinerzeit überfallartig durchgesetzt worden. Was hinter ihr stecke, sei auch der Union nach der Gründung nie klar gewesen. Außerdem, sagte Liskow, sei man jetzt in der Opposition. Ohne die Stimme der CDU würde der Untersuchungsausschuss die parlamentarische Hürde reißen. Mindestens 25 Prozent der Abgeordneten müssen dafür sein. Grüne und FDP allein würden das zusammen nicht auf die Waagschale bringen. Die regierende SPD lehnt den Untersuchungsausschuss ab, er sei "nicht nötig", erklärte Fraktionschef Julian Barlen. Er verweist immer wieder auf die Zustimmung des damaligen Koalitionspartners CDU. Die Stiftung sei im Januar 2021 im Landtag einstimmig beschlossen geworden. Nach Putins Angriff auf die Ukraine hätten SPD und Linke, CDU, FDP und Grünen die Stiftung dann aufgefordert, sich aufzulösen.
Auflösung der Stiftung politisch gewollt
Barlen unterstellte der Opposition zweifelhafte Beweggründe. Der Verdacht liege nahe, meinte er, dass es nicht um die Stiftung gehe, sondern dass Putins Krieg gegen die Ukraine parteipolitisch ausgeschlachtet werden solle. In Barlens Augen liegen alle Fakten auf dem Tisch. Die Opposition sieht das anders. Sie hofft darauf, das eine oder andere überraschende Ergebnis ans Licht zu befördern. Richtig in Gang kommen dürfte der Ausschuss nach der Sommerpause. Vier Jahre lang hat er Zeit. Möglicherweise überlebt der Ausschuss dabei seinen Untersuchungsgegenstand. Auch die größte Befürworterin der Stiftung, Regierungschefin Schwesig, will sie jetzt auflösen - wegen des Ukrainekriegs. Innenminister Christian Pegel (SPD) hat bei der Stiftungsexpertin Prof. Birgit Weitemeyer dazu ein Gutachten beauftragt, das rechtliche Möglichkeiten aufzeigen soll. Pegel soll das Werk, an dem er maßgeblich mitgearbeitet hat, als politische Abriss-Birne jetzt aus der Welt schaffen.
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