Klimawandel in MV: Dem Schweriner See geht das Wasser aus
Der Klimawandel ist angekommen in den Gewässern Mecklenburg-Vorpommerns. Zu sehen an den Ufern des Schweriner Sees: Es fehlt eine ganze Menge Wasser. Das Land will den Landschaftswasserhaushalt auf lange Sicht stabilisieren. Erste Vorbereitungen dafür laufen.
Über Jahre zu wenig Regen, steigende Temperaturen und im Ergebnis ein sinkender Grundwasserspiegel - die Diagnose des Umweltministeriums von Mecklenburg-Vorpommern. Das Problem: Nach wie vor ist der Wasserstand des Schweriner Sees deutlich zu niedrig. Das Pegelportal vom Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie Mecklenburg Vorpommern gibt für den Schweriner See nur 83 Zentimeter aus. Das Stauziel bleibt mit diesem Pegel unterschritten - um gut 20 Zentimeter. Für Ende Oktober würden Wasserstände von 95 bis 103 Zentimeter angestrebt, so das Umweltministerium in Schwerin.
Schweriner See-Wasser fließt zum Teil Richtung Elbe
Der Schweriner See speist sich zum Großteil mit Wasser aus der Erde. Doch der Grundwasserspiegel sinkt immer weiter ab. Es ist in den vergangenen Jahren einfach zu warm und zu trocken gewesen. Der Schweriner See gibt über die Störwasserstraße Wasser Richtung Elbe ab - aktuell jedoch nur die Mindestmenge - reguliert über das Wehr in Banzkow. Das sind aber trotzdem noch etwa 500 Liter pro Sekunde - Wasser, das auch für die Ökosysteme im gesamten Gewässerkomplex überlebensnotwendig ist.
Empfindliche Tier- und Pflanzenarten in Gefahr
Der aktuelle Wasserstand ist zwar niedrig, doch es war auch schon weit weniger Wasser im Schweriner See. Der Negativrekord stammt aus dem November 2018 mit einem Pegelstand von 73 Zentimetern. Das sind noch einmal 10 Zentimeter weniger als jetzt. Für Tiere und Pflanzen, die am und im See leben, kann es dann schon ernst werden. Ihre Lebensräume verändern sich ohne Wasser dramatisch.
Ganz im Norden bei Hohen Viecheln fließt Wasser aus dem Schweriner Außensee in den Wallensteingraben. Im Herbst steigen hier Meerforellen aus der Ostsee auf, um im kiesigen Flussbett ihre Eier zu legen. Die Laichwanderungen beginnen im Wallensteingraben Anfang Oktober, so Artenschutzexperte Mario Voigt vom Landesanglerverband Mecklenburg-Vorpommern. Bei zu wenig Wasser schaffen es die Tiere aber nicht, bis in die Laichgebiete vorzudringen. Das sei aktuell der Fall. Voigt fordert daher, die Wasserabgabe aus dem Schweriner See in den Wallensteingraben gegenüber der an die Störwasserstraße zu bevorzugen.
Schweriner Schloss von sinkenden Pegeln bedroht
Doch nicht nur die Natur, auch die Menschen in Schwerin sind auf das Wasser des Schweriner Sees angewiesen - ganz besonders die Gebäude an seinen Ufern. Denn die sind teilweise über morastigem Boden gebaut - auf Pfahlkonstruktionen aus Holz. Das Wasser verhindert, das die Holzfundamente mit Sauerstoff in Berührung kommen. Andernfalls könnten sie faulen und instabil werden. Auch das Schweriner Schloss steht auf so einem künstlichen Fundament. Nach Auskunft des Betriebes für Bau und Liegenschaften (BBL) liegt es bei 56 Zentimetern. Sollte der Wasserstand in Zukunft auf diese Marke sinken, würde das drastische Folgen für die Schweriner Stadtsilhouette haben.
MV in Kooperation: Kampf gegen Wassermangel
Weil die Wasserknappheit nicht an der Landesgrenze Halt macht, müssen auch die Gegenmaßnahmen länderübergreifend ausfallen. Seit dem Frühjahr gibt es laut Umweltministerium eine engere Zusammenarbeit mit den Ländern Brandenburg, Berlin und der Bundeswasserstraßenverwaltung, damit schnell auf Pegelsituationen reagiert werden kann.
Aber auch für langfristige Maßnahmen laufen Planungen. Zusammen mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde will das Umweltministerium zunächst ein hydrologisches Modell für die Wassereinzugsgebiete erarbeiten. Langfristiges Ziel sei es, Niederschläge in den Böden zu halten, anstatt sie über Drainagen und Kanäle abzuführen. Das würde letztlich Renaturierung im großen Stil bedeuten - zum Beispiel durch die Wiedervernässung von Mooren.