Tankrabatt: Autofahrer müssen mit holprigem Start rechnen
Mit dem Tankrabatt sollen Autofahrer drei Monate lang finanziell entlastet werden - die Energiesteuer auf Benzin wurde zum 1. Juni um 35,2 Cent gesenkt, bei Diesel um 16,7 Cent. Doch Experten erwarten einen holprigen Start.
Wer darauf spekuliert hatte, gleich am Morgen mit leerem Tank zur Tankstelle zu fahren und dann besonders günstig vollzutanken, könnte eine böse Überraschung erleben. Denn Experten gehen davon aus, dass der Tankrabatt erst mit ein paar Tagen Verzögerung greifen wird. Denn wenn die Nachfrage innerhalb kurzer Zeit steil ansteige, könne das laut ADAC-Sprecher Christian Hieff erst mal für einen Preisschub nach oben sorgen.
Sprit zum alten Steuersatz wird erst abverkauft
Jan-Nikolas Sontag vom Verband des Kfz-Gewerbes in Schleswig-Holstein weist ergänzend darauf hin, dass sich in vielen Tanks der Tankstellen aktuell noch der Kraftstoff befinde, der nach dem alten Steuersatz eingekauft wurde: "Der muss erst mal abverkauft werden." Die eigentliche Preissenkung würde sich dann erst nach drei bis fünf Werktagen bemerkbar machen.
Zu Pfingsten könnten Kraftstoffe knapp werden
In Schleswig-Holstein hatten Verbraucherinnen und Verbraucher offensichtlich schon im Vorfeld die Sorge, dass sie zu Beginn der Aktion vor leeren Tanksäulen stehen würden. Denn dort war die Nachfrage bereits am Dienstag hoch, wie Axel Nielsen, der Geschäftsführer der Tankstellen-Kette Anton Willer, berichtet. Demnach hätten deutlich mehr Menschen getankt als erwartet - trotz der hohen Preise. Einige Tankstellen-Betreiber haben ihre Vorräte absichtlich klein gehalten, um ebenfalls direkt vom Rabatt profitieren zu können. Entsprechend sei es nicht auszuschließen, dass einzelne Kraftstoffe an einzelnen Tankstellen übers Pfingstwochenende ausverkauft sein könnten.
Keine Erfahrungswerte für Steuersenkung dieser Größenordnung
Der Öllieferant Alfons Wittrock aus Rhede im Emsland etwa will den Kraftstoff für seine 20 Tankstellen um Mitternacht abholen, sobald die Preise gefallen sind. Das mache pro Tankwagen einen Unterschied von 10.000 Euro. Bei der Öl-Raffinerie Lingen könnte diese Praxis zu Warteschlangen führen. Dort ist man nach Angaben eines Unternehmenssprechers aber vorbereitet: Die Tanks seien gut gefüllt.
Wie genau sich die Lage entwickeln wird, kann auch Christian Küchen, der Hauptgeschäftsführer des Mineralölverbands Fuels und Energie schwer voraussagen. Schließlich gebe es für eine Steuersenkung dieser Größenordnung noch keine Erfahrungswerte.
ADAC warnt vor turbulenten Szenen
Der ADAC befürchtet, dass es mancherorts sogar zu langen Warteschlangen und turbulenten Szenen kommen könnte. Arian Freytag von der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern empfiehlt, mit dem Tanken - wenn möglich - bis nach Pfingsten zu warten. Wegen der zu erwartenden Schwierigkeiten sollte man auf keinen Fall auf den letzten Tropfen zur Tankstelle fahren. Außerdem empfiehlt der Autoclub die Preise per App zu vergleichen, je nach Tageszeit und Tankstelle ließe sich so auch Geld sparen.
Großer Andrang in den Grenzgebieten erwartet
Gerade in den Grenzgebieten könnte es laut ADAC in den kommenden Wochen zu einem regelrechten Ansturm auf die Tankstellen kommen. Denn Tanken dürfte dann deutlich günstiger sein als in den Nachbarländern Dänemark und Niederlande.
Die Tankstellen-Betreiber profitieren laut Hans-Joachim Rühlemann aber nicht. Er ist Vorsitzender des Verbands des Garagen- und Tankstellengewerbes Nord-Ost. Seinen Schilderungen zufolge ist die Lage für die Branche aktuell angespannt, vor allem für Betriebe an der deutsch-polnischen Grenze. Diese hätten seit Februar einen Umsatzrückgang von 75 Prozent verzeichnet und warteten händeringend darauf, dass die Preise in Deutschland runtergingen. In der Hoffnung, dass dann der Tanktourismus nach Polen abnehme.
Das Bundeskartellamt ist gefragt
Der Tankrabatt der Bundesregierung hat im Vorfeld nicht nur für praktische Probleme, sondern auch für reichlich Kritik gesorgt: Denn zuletzt sind die Benzinpreise an den Tankstellen deutlich gestiegen, was bei vielen Verbrauchern Unmut hervorgerufen hatte. Finanzminister Christian Lindner (FDP) äußerte sich dazu unter anderem auf der Plattform Twitter und wies dabei die Verantwortung für diese Entwicklung von sich: "Dass der Tankrabatt bei den Menschen ankommt, das ist nun Aufgabe von Kartellamt und Co!" Das Bundeskartellamt hat angekündigt, die Preisentwicklung genau im Auge zu behalten, damit von den Preissenkungen tatsächlich die Verbraucher und nicht die Mineralölkonzerne profitieren.
Benzin-Knappheit in den USA
Branchenvertreter haben die Vorwürfe zurückgewiesen, dass der Preisanstieg der vergangenen Tage etwas mit dem Tankrabatt zu tun habe. Alexander von Gersdorff vom Wirtschaftsverband Fuels und Energie macht den weltweiten Preisanstieg dafür verantwortlich. Demzufolge wirke sich eine Benzin-Knappheit in den USA auf den weltweiten Markt aus.