Scholz vor dem Cum-Ex-Ausschuss: Fragen und Antworten
Am Freitag hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Cum-Ex-Affäre um die Hamburger Warburg Bank zum zweiten Mal vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) ausgesagt. Dieser soll klären, ob führende SPD-Politiker 2016 und 2017 Einfluss darauf genommen haben, Steuern von der Bank nicht zurückzufordern. Scholz hatte bereits im April vergangenen Jahres vor dem Untersuchungsausschuss in Hamburg ausgesagt.
Was sind Cum-Ex-Geschäfte?
Bei Cum-Ex-Geschäften werden große Aktienpakete mit (cum) und ohne (ex) Dividendenanspruch rund um den Stichtag für die Ausschüttung in kurzer Zeit hin- und hergeschoben. Diese bewusst undurchsichtigen Transaktionen sollen bei den Finanzbehörden möglichst große Verwirrung stiften. Im Anschluss lassen sich Finanzakteurinnen und -akteure dann Kapitalertragssteuern erstatten, die nie gezahlt wurden.
Worum geht es in der Hamburger Cum-Ex-Affäre?
Olaf Scholz hatte sich 2016 und 2017 - in seiner Zeit als Hamburgs Erster Bürgermeister - mit den Gesellschaftern der Warburg Bank, Christian Olearius und Max Warburg, getroffen. Gegen Olearius wurde damals schon wegen Cum-Ex-Geschäften ermittelt. Nach den ersten Treffen hatte die Hamburger Finanzverwaltung 2016 Rückforderungen für zu unrecht erstattete Steuern in Höhe von 47 Millionen Euro gegen die Bank in die Verjährung laufen lassen. Eine Forderung über 43 Millionen Euro wurde 2017 erst auf Druck des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung erhoben. Die Treffen zwischen Scholz und den Gesellschaftern waren erst 2020 bekannt geworden.
Wie geht Olaf Scholz in die Vernehmung?
Scholz bestreitet jegliche Einflussnahme auf Steuerentscheidungen zur Warburg Bank. In der vergangenen Woche betonte der Bundeskanzler bei seiner Sommerpressekonferenz in Berlin, dass der Ausschuss seit seiner Einsetzung Ende 2020 keine Erkenntnis über eine solche Einflussnahme erbracht habe. Bei seiner ersten Vernehmung vor dem Ausschuss im April 2021 hatte Scholz ausgesagt, keine konkrete Erinnerungen an die Treffen und ihre Inhalte zu haben. Politische Einflussnahme schloss er aber aus. So etwas wäre eine "politische Dummheit" gewesen, hatte er damals gesagt, dazu neige er nicht. Zuletzt bekannt gewordene Erkenntnisse der Kölner Staatsanwaltschaft, die im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Geschäften auch gegen den früheren Hamburger Innensenator Alfons Pawelczyk und den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (beide SPD) ermittelt, werfen allerdings neue Fragen auf. Der Druck auf Scholz war zuletzt gestiegen.
Was hat es mit den strafrechtlichen Ermittlungen auf sich?
Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen den früheren Hamburger Innensenator Alfons Pawelczyk, den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs (beide SPD) und die damals im Hamburger Finanzamt für Großunternehmen für die Warburg Bank zuständige Beamtin wegen des Verdachts der Begünstigung der Steuerhinterziehung. Kahrs und Pawelczyk hatten sich laut bekanntgewordener Tagebucheinträge von Olearius dafür eingesetzt, dass dieser Bank-Mitinhaber Scholz bei einem Treffen im Rathaus von den Steuerproblemen berichten kann. Gegen Scholz selbst richten sich die Ermittlungen nicht. Auch die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft lehnte es vergangene Woche ab, Ermittlungen wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gegen ihn einzuleiten. Die Beschwerde des Hamburger Anwalts Gerhard Strate wurde mit der Begründung abgewiesen, dass es keinen Anfangsverdacht gebe. Gleiches gelte für Scholz' Nachfolger im Rathaus, Peter Tschentscher (SPD), der damals Finanzsenator war.
Was haben die Kölner Ermittlungen bisher ergeben?
Dazu gibt die Staatsanwaltschaft keine Auskünfte ab, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt. Vor kurzem wurden dem Untersuchungsausschuss in Hamburg aber Akten aus Köln überstellt. Medienberichten zufolge, die von Ausschussmitgliedern bestätigt wurden, wird darin der Verdacht geäußert, dass Dokumente im Zusammenhang mit Cum-Ex fehlen und in den Behörden E-Mails gelöscht worden sein könnten. Außerdem wurde ein Whatsapp-Chat der verdächtigten Finanzbeamtin bekannt, in dem diese 2016 einer Kollegin geschrieben hatte, dass ihr "teuflischer Plan" aufgegangen sei. Zuvor war entschieden worden, die Forderungen gegen die Warburg Bank verjähren zu lassen.
Kann die Cum-Ex-Affäre für den Bundeskanzler gefährlich werden?
Bislang hat die Befragung von mehr als 50 Zeuginnen und Zeugen im PUA zur Cum-Ex-Affäre keinen Beleg dafür erbracht, dass Scholz nicht die Wahrheit sagt. Dass er sich auf Erinnerungslücken beruft und damit wenig Transparenz schafft, wertet die Opposition allerdings als Schaden für die Demokratie.
Wird die Cum-Ex-Affäre für Scholz mit seiner zweiten Aussage erledigt sein?
Voraussichtlich wird das nicht der Fall sein. CDU und Linke hatten versucht, die Vernehmung des Kanzlers an diesem Freitag zu verschieben, da sie die Ermittlungsakten aus Köln eingehend studieren wollten. Sie wollten Scholz dann mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen konfrontieren. SPD und Grüne lehnten dies ab. Außerdem will die Opposition den Untersuchungsauftrag des Ausschusses um die Cum-Ex-Geschäfte der ehemaligen staatseigenen HSH Nordbank erweitern. Er gehe deshalb fest davon aus, dass der Kanzler noch ein drittes Mal vor dem Ausschuss erscheinen müsse, sagte der Linken-Obmann Norbert Hackbusch.