Kommentar: Hamburgs Corona-Bilanz - Schulterklopfen reicht nicht
Fast alle Corona-Beschränkungen sind jetzt auch in Hamburg gefallen. Es gilt nur noch die Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr und in Kliniken und Pflegeheimen. Also alles gut hier bei uns? Nicht ganz, meint Anette van Koeverden.
Der Bürgermeister ist zufrieden: "Ich bin mit allen Entscheidungen und Empfehlungen im Reinen, und ich halte mich selber an das, was wir empfehlen", sagte Peter Tschentscher nach über zwei Jahren Pandemie.
Tschentscher hat es sich nicht leicht gemacht
Man muss dem Bürgermeister zugutehalten, dass er sich die Entscheidungen nicht einfach gemacht hat, eher zur Vorsicht gemahnt und auch bei Gegenwind an seinem Kurs festgehalten hat. Der Erste Bürgermeister war und ist in der Pandemie eine verlässliche und kompetente Größe.
Anders als seine Kollegen in Nordrhein-Westfalen oder Bayern. Im Wahlkampf wusste man am Ende nicht mehr, wofür CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet steht. Und auch Markus Söder als einer der Lautesten fiel durch einen Zickzack-Kurs auf. Mal Lockerungen, mal Verschärfungen. Je nachdem, was gerade en vogue war.
Nicht jede Entscheidung war nachvollziehbar
Aber es ist eben auch nicht so, dass in Hamburg alles 1A gelaufen ist. Nicht nachvollziehbar ist und bleibt, warum Hamburg noch vor einem Monat ein sogenannter Hotspot war und Corona-Einschränkungen verlängert wurden und jetzt bei immer noch hohen Inzidenzen auf einmal alles besser ist. Auch die falschen Inzidenz-Zahlen für Ungeimpfte, die der Bürgermeister nannte, waren peinlich.
Ein Riesenfehler war allerdings, Schulen und Kitas im März 2020 für Monate zu schließen. Ohne wirkliche Vorbereitung auf einen Distanzunterricht. Auch alte Menschen in den Pflegeheimen von der Welt abzuschneiden und zu isolieren, war falsch. Diese Entscheidungen in Hamburg und in den anderen Bundesländern wirken im Nachhinein übereilt und hilflos.
Eine fachliche Aufarbeitung wäre richtig
Deshalb sollte eine Bilanz des politischen Handelns nach zwei Jahren mehr umfassen als ein Schulterklopfen. Der Ruf der Opposition nach einer Enquete-Kommission ist deshalb richtig, denn eine fachliche Aufarbeitung gehört dazu. Nur so können wir uns auf die nächste Krise gut vorbereiten. Denn eines ist klar: Das Ende der Corona-Maßnahmen ist nicht das Ende von Corona.
Kein endgültiges Ende der Masken?
Deswegen bewahren sie Ihre Masken auf! Es sei gut möglich, dass wir die im Herbst noch öfter brauchen werden, hat Gesundheitssenatorin Melanie Leonhard (SPD) gesagt. Recht hat sie.
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