Starkes Zeichen: Muslime demonstrieren für Frieden
Am 17. Juni haben die Musliminnen und Muslime in Deutschland wieder ein Zeichen gegen den Terror im Namen ihrer Religion und für den Frieden setzen wollen. Unter dem Motto "NichtMitUns" hatten Islamwissenschaftlerin und Autorin Lamya Kaddor und zahlreiche andere Muslime zu einem Friedensmarsch in Köln aufgerufen. Und es sind noch weitere Demonstrationen geplant. In Hamburg etwa und in Berlin.
Ein Kommentar von Kübra Gümüsay
Als ich zum ersten Mal davon hörte, sträubte sich alles in mir. Denn der Aufruf kam nur wenige Tage, nachdem das Rock-am-Ring-Konzert wegen möglicher Terrorgefahr unterbrochen worden war. Und Konzertmanager Marek Lieberberg wutentbrannt gefordert hatte, dass sich "endlich" Muslime zu Zehntausenden vom Terror distanzieren sollten.
Wie so viele andere vor ihm ignorierte auch Lieberberg damit die seit mindestens 16 Jahren anhaltenden unzähligen Kampagnen, Mahnwachen, Statements und Demonstrationen von Musliminnen und Muslimen in Deutschland. Doch viel verstörender empfinde ich die grundsätzliche Unterstellung, Muslime könnten - ja, ich könnte - dem Morden, dem Blutvergießen, dem Leiden, der Gewalt, der Brutalität, der Abscheulichkeit auch nur in irgendeiner Hinsicht zustimmen. Eine Unterstellung, die den Menschen seiner Würde beraubt. Gar entmenschlicht. Welch Affront! Welch Anmaßung!
Für unser aller Zukunft
Doch etwas brachte mich zum Umdenken. Ich fragte mich: Was würde ich tun, wenn es nicht diese unsäglichen Distanzierungsforderungen nach jedem Attentat im Namen meines Glaubens gäbe? Wenn man nicht gezwungen wäre, immer und immer wieder zu wiederholen, dass man selbstverständlich diese monströsen Taten verurteilt - um dann oftmals doch nicht gehört zu werden? Wenn diese Unterstellung nicht ständig im Raum stünde? Wie würde ich dann auf den Terror im Namen meines Glaubens, meiner Religion reagieren?
Ich denke, dann würde ich unter anderem einen Friedensmarsch organisieren. Oder zumindest ihn unterstützen. Mitnichten, um uns Islamkritikern anzubiedern, sondern für unsere Kinder, für unsere muslimischen und nichtmuslimischen Mitbürger und Mitbürgerinnen, für uns alle. Für unser aller Zukunft. Um der Instrumentalisierung unseres Glaubens Einhalt zu gebieten, um für die Pluralität der Gesellschaft einzustehen, in der wir leben.
Ein Marsch, der uns einen kann
Es ist Zeit, sich von den Islamkritikern und Islamkritikerinnen, von den Unterstellungen, dem Hass, der Diskriminierung zu emanzipieren. Sollen sie doch sagen, was sie wollen. Nichts, was wir Muslime tun oder sagen, wird ihren Hass besänftigen können.
Statt uns an ihnen abzuarbeiten, könnten wir der treibende Motor einer Friedensbewegung sein. Einer einenden Bewegung, die die Vielfalt und Freiheit dieser Gesellschaft hochhält, gegen Extremismus, Rassismus und jeglichen Terror eintritt - ob nun im Namen des Islam oder von rechts. Ein Marsch für das friedliche Miteinander. Gerade jetzt im Ramadan. Denn der islamistische Terror macht auch vor diesem heiligen Monat nicht halt - und auch nicht vor Muslimen. Weltweit stellen diese schließlich die überwältigende Mehrheit der Opfer des islamistischen Terrors.
Ein Friedensmarsch ist weder das Ende dieses Prozesses noch der einzige Weg, den wir gehen müssen. Aber ich bin der festen Überzeugung: Dies ist ein Marsch, der unsere Gesellschaft weiter einen, vielleicht sogar heilen kann. Allen und allem trotzend.
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