Das Konzert
Sonntag, 13. April 2025, 21:30 bis
00:00 Uhr
"Tonus peregrinus" bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie "Der fremde Ton". So fügte sich das Programm zum übergreifenden Saison-Motto der Reihe Musik 21 im NDR: "Fremde". Unter der Überschrift "Tonus peregrinus" gab es am 21. März ein für "Musik 21" ungewöhnliches Konzert mit zwei Barock-Ensembles: Dem Vokalwerk Hannover und dem Concerto Ispirato unter der Leitung von Martin Kohlmann. Sie setzten zum 340. Geburtstag von Bach dessen Motette "Jesu meine Freude" in Kontrast zu einer neuen Komposition der serbischen Komponistin Snežana Nešić.
Vertrautheit und Fremdheit
"Tonus peregrinus" steht sinnbildlich für neuartige, ungewöhnliche Klänge, hat aber auch eine ganz handfeste Bedeutung: Der Begriff beschreibt einen alten Psalmton. Diese gregorianische Melodie hat auch Bach verwendet, zum Beispiel in seinem "Magnificat", das in Teilen auch auf dem Programm steht. Martin Kohlmann hat sich für das Programm eine detaillierte Dramaturgie überlegt, die die Komponistin Snežana Nešić sehr inspiriert hat. Sie akzentuiert, wie modern und unerhört Bach in seinen Werken oftmals ist. Mit ihrer eigenen Musik geht sie diesen Weg in gewisser Weise weiter. Denn sie möchte nicht "befremdlich" wirken, wie es gern mit "neuer Musik" assoziiert wird, sondern das Fremdartige soll im besten Fall Ohren und Augen öffnen für Neues, helfen zu wachsen, wie sie es selbst sagt. Bach hat so viel experimentiert, Snežana Nešić lädt dazu ein, neugierig zu bleiben für das, was kommt.
Kommt einer von ferne
Der Komposition "Katabasis I-V" von Snežana Nešić liegt ein Text von Nelly Sachs zugrunde, "Kommt einer von ferne":
Kommt einer / von ferne / mit einer Sprache / die vielleicht die Laute / verschließt / mit dem Wiehern der Stute / oder / dem Piepen / junger Schwarzamseln / oder / auch wie eine knirschende Säge / die alle Nähe zerschneidet / Kommt einer / von ferne / mit Bewegungen des Hundes / oder / vielleicht der Ratte / und es ist Winter / so kleide ihn warm / kann auch sein / er hat Feuer unter den Sohlen / (vielleicht ritt er auf einem Meteor) / so schilt ihn nicht / falls dein Teppich durchlöchert schreit - / Ein Fremder hat immer / seine Heimat im Arm / wie eine Waise / für die er vielleicht nichts / als ein Grab sucht.
Ein Text, der viele Fragen aufwirft und uns vermittelt, dass wir alle mit dem Gefühl von Fremdheit umgehen müssen und können, ein Gefühl, das uns am Ende verbindet.
Große Nachtmusik
Außerdem: Die Kantaten "O Ewigkeit, du Donnerwort" und "Jesu, der du meine Seele" von Johann Sebastian Bach in einer Aufnahme vom Musikfest Bremen im vergangenen Jahr. Das Bach Collegium Japan war zu Gast im Rahmen der "Großen Nachtmusik". Mit Masaaki Suzuki hat es schon 2018 die Einspielung aller Bach-Kantaten vollendet, eine Referenzeinspielung neben den Interpretationen von Nikolaus Harnoncourt oder John Eliot Gardiner.
