Aktive, passive und indirekte Sterbehilfe - was heißt das?
Sterbehilfe ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Juristen unterscheiden zwischen assistiertem Suizid sowie aktiver, passiver und indirekter Sterbehilfe. Doch was bedeutet das und was ist erlaubt und was strafbar?
Bis Ende Februar 2020 war der assistierte Suizid in Deutschland strafbar. Ein Gesetz verbot seit 2015 "die geschäftsmäßige Sterbehilfe". Dagegen hatten Betroffene, Sterbehilfe-Vereine und Ärzte geklagt. Im Februar 2020 erklärte das Bundesverfassungsgerichts das Verbot, die Selbsttötung "geschäftsmäßig zu fördern" für verfassungswidrig und hob ein entsprechendes Strafgesetz auf. Der Bundestag muss die Sterbehilfe neu regeln.
Assistierter Suizid: Nach dem Urteil in einer Grauzone
Beihilfe zum Suizid heißt, dass bei der Selbsttötung geholfen wird. Zum Beispiel, indem ein tödliches Mittel beschafft oder bereitgestellt wird. Ein entscheidendes Kennzeichen in Abgrenzung zur aktiven Sterbehilfe ist, dass der Patient das Medikament selbst einnimmt. Das Gericht forderte in Zusammenhang mit der Aufhebung des Verbots die Politik auf, dass die Sterbehilfe gesetzlich neu geregelt werden muss. Passiert ist aber bislang nichts. Daher finden assistierte Suizide derzeit immer noch in einer rechtlichen Grauzone statt.
Aktive Sterbehilfe ist in Deutschland verboten
Im Gegensatz zum assistierten Suizid verabreicht bei der aktiven Sterbehilfe jemand anderes dem Patienten ein tödlich wirkendes Mittel. Diese Art der Sterbehilfe ist in Deutschland verboten. Nur in den Niederlanden, in Luxemburg, in Spanien und Belgien ist dies legal.
Passive und indirekte Sterbehilfe sind in Deutschland erlaubt
Als passive Sterbehilfe wird der Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen bezeichnet. Dazu zählt zum Beispiel der Verzicht auf Ernährung, Bluttransfusion oder Beatmung.
Bei der indirekten Sterbehilfe geht es vor allem um Schmerzlinderung. Wenn der Patient in dem Zusammenhang Medikamente bekommt, die zur Folge haben, dass er früher verstirbt, ist das in Deutschland erlaubt und wird indirekte Sterbehilfe genannt.
Staat muss erst einmal kein Medikament zur Verfügung stellen
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen wies im Februar 2022 die Klagen von drei Personen ab, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn verpflichten wollte, ihnen ein tödliches Medikament zur Verfügung zu stellen. Der Staat muss schwerstkranken Menschen dem Urteil zufolge nicht den Zugang zu einem Suizid-Mittel verschaffen. Das Gericht verwies aber darauf, dass die Politik auch hier den gesetzlichen Rahmen neu regeln müsse. Bis dahin könnten schwerkranke Menschen Ärzte aufsuchen, die ihnen bei einem Suizid helfen.
Bundesverfassungsgericht bestimmt 2020 ein Recht auf Selbstbestimmtes Sterben
Gemeinsam mit der "Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben" kämpfte Hans-Jürgen Brennecke jahrelang für ein neues Sterbehilfegesetz. Mit der Diagnose Burkitt-Lymphom, das zu den am schnellsten wachsenden Tumorarten des Menschen gehört, unterzog er sich mehrerer Chemotherapien, die er sehr schlecht vertrug. Er musste künstlich ernährt werden, es kommt zum Atemstillstand. Außerdem leidet er auch nach den Therapien unter dauerhaft geschädigten Nerven in Händen und Füßen. Er beschließt, dass, sollte der Krebs zurückkommen, er es nicht noch einmal durchmachen möchte. In diesem Fall will er freiwillig aus dem Leben scheiden - mit ärztlicher Hilfe. Doch damals war die Beihilfe zum Suizid in Deutschland noch strafbar. Deshalb reichte er Klage beim Bundesverfassungsgericht ein. Im Februar 2020 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass "das allgemeine Persönlichkeitsrecht ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen". Der Bundestag muss den gesetzlichen Rahmen für die Sterbehilfe nun neu regeln. Dabei deuten sich erste Koalitionen an:
Gruppe um FDP und Grüne will sich zusammenschließen
Die beiden Parlamentariergruppen, die im Bundestag für eine liberale Regelung des assistierten Suizids eintreten, wollen sich einem Medienbericht zufolge für einen gemeinsamen Antrag zusammenschließen. Das RedaktionsNetzwerk Deutschland“ berichtet, die Gruppen um die FDP-Abgeordnete Helling-Plahr und ihre Grünen-Kollegin Künast wollten ihre „Kräfte bündeln“. So solle verhindert werden, dass sich der dritte vorliegende Vorschlag durchsetzt, der organisierte Hilfe beim Suizid grundsätzlich unter Strafe stellen und nur in Ausnahmen erlauben will. Die abschließende Abstimmung könnte noch im ersten Quartal stattfinden.
