Kolumne: Schwangerschafts-Abbruch entzweit
Die einen wollen es liberaler, die anderen wollen es wieder verbieten. Die Diskussionen über Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland und den Vereinigten Staaten verlaufen sehr gegensätzlich.
Ein Schwangerschaftsabbruch ist eine schreckliche Entscheidung. Ich habe das selbst miterlebt. Es steht viel auf dem Spiel. Das Lebensrecht eines Menschen, das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren Körper, Schuldgefühle bei Mann und Frau, die Angst vor dem Eingriff und Sorgen über mögliche seelische Spätfolgen. Ein Dilemma.
Bundesregierung plant Streichung des Paragrafen 219a
Während in Deutschland gerade ein Gesetzentwurf das Kabinett passiert hat, der es Ärztinnen und Ärzten zukünftig erlaubt, öffentlich über Schwangerschaftsabbrüche aufzuklären (Streichung § 219a), gehen die Vereinigten Staaten in die andere Richtung. Das oberste Gericht verhängt vermutlich schon sehr bald ein strenges Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen. Konservative Richter der "christlichen Rechten" haben sich den radikalen Lebensschutz auf die Fahne geschrieben. Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen wird dabei genauso ausgeblendet, wie die Tatsache, dass in den US-Staaten, in denen am lautesten nach Strafe für Abtreibungen gerufen wird, die Todesstrafe verhängt wird oder zum Gebrauch von Schusswaffen geradezu ermutigt wird. Das passt nicht zusammen.
In Deutschland geht die Diskussion weiter in die andere Richtung. Es gibt Stimmen, die mit der jetzt geplanten Abschaffung des Paragrafen 219a die Stunde gekommen sehen, auch gleich die Restriktionen des Paragrafen 218 - insbesondere die Strafbewehrung und die Beratungspflicht - abzuschaffen. Die Hürden für einen Abbruch sollen weiter sinken.
Schwangerschaftsabbruch ein Dilemma aus christlicher Sicht
Ich denke, das wäre kein guter Weg. Aus meiner christlichen Sicht bleibt ein Schwangerschaftsabbruch ein schreckliches Dilemma. Die Beratungspflicht ist da eine, wie ich finde, weise Regelung. Sie markiert die Schwere der Entscheidung. Gleichzeitig akzeptiert sie das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Die evangelische Kirche beteiligt sich daher aus gutem Grund an der Schwangerschaftskonfliktberatung. Weil wir glauben, dass Gottes Heilszusage auch und gerade in moralisch aussichtsloser Lage gilt und trägt. Dafür ein Herz der Liebe.
Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Regelmäßig vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.
