Ein Priester breitet seine Arme zum Gebet aus. © picture alliance / robertharding | Godong Foto: Robert Harding

Orationen - Gebete aus einer anderen Sprachwelt

Stand: 08.03.2023 12:15 Uhr

In einem Gottesdienst heißt es doch an manchen Stellen: "Lasset uns beten." Danach spricht bei den Katholiken der Priester ein Gebet, das allerdings meist nur schwer zu verstehen ist.

von Andreas Brauns

Aber, warum aber heißt es dann vorher "Lasset uns beten", wenn das, was dann folgt, klingt wie aus einer anderen Welt? Diese Gebete klingen so, weil sie tatsächlich aus einer anderen Welt kommen, aus einer anderen Sprachwelt. Der Eindruck täuscht also nicht.

Präsidialgebete in Messfeiern sind sehr alt

Die sogenannten Präsidialgebete - diese Bezeichnung sagt viel aus - in einer katholischen Messfeier sind alt. Viele sogar sehr alt. Vor Jahrzehnten wurden sie gesammelt, etliche hat man in lateinischer Sprache neu formuliert und dann in viele Sprachen möglichst wortgetreu übersetzt. Damit wollte die Kirche sicher gehen, dass überall auf der Welt an einem Sonntag nur die Gebete gesprochen werden, die Rom für den Sonntag vorgibt.

Priester und Bischöfe beten weltweit Orationen

Weltweit beten Priester und Bischöfe mit ausgebreiteten Armen diese Orationen, diese minimalistischen Gebete, mit denen jeweils ein Teil des Gottesdienstes abgeschlossen wird. Weil sie aber im Namen der Gemeinde gesprochen werden, beginnen sie mit einem einladenden "Lasset uns beten". Dann folgt eine kurze Stille, in der sich alle sammeln können.

Gebete oft kühl und weit weg vom Leben

Allerdings klingen dies folgenden Gebete oft kühl und weit weg vom Leben. Und tatsächlich sind viele Formulierungen heute nur schwer verständlich. Hinzukommt: In den wenigen Zeilen geht es um viel zu viel. Die Texte sind überfrachtet, oft mit Lob, Dank und Bitte. Darum neigen Priester dazu, die alten Gebete auszutauschen gegen verständlichere Texte. Nach dem Motto, wenn ich schon stellvertretend für die Gemeinde ein Gebet sprechen soll, dann so, dass die Menschen es verstehen können. Außerdem möchten sie weg von dem, was die Kirche vorsieht für diese Gebete im Namen der Gemeinde: jegliche individuelle und gefühlsbetonte Note zu vermeiden.

Doch der Priester ist ein Mensch, der im Gottesdienst anderen Menschen begegnet. Wo das verdrängt wird, kommt kein Dialog zustande, der aber gerade notwendig wäre für ein Gebet im Namen der Mitfeiernden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | 11.03.2023 | 09:15 Uhr

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