Stand: 06.04.2016 22:37 Uhr

Wolfsburg entzaubert Real Madrid

von Johannes Freytag, NDR.de
Wolfsburgs Bruno Henrique (r.) beim Zweikampf gegen Madrids Cristiano Ronaldos © Fishing4
Unerwartet; Nicht Cristiano Ronaldo (l.), sondern Bruno Henrique (r.) drückte dem Spiel seinen Stempel auf.

Der VfL Wolfsburg hat das scheinbar Unmögliche möglich gemacht. 2:0 (2:0) bezwangen die Niedersachsen am Mittwochabend im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League den großen Favoriten Real Madrid. Gegen das Starensemble des spanischen Rekordmeisters war die Elf von Trainer Dieter Hecking, die in der Bundesliga zuletzt so oft enttäuschte, nicht wiederzuerkennen. Ricardo Rodriguez per Foulelfmeter und Maximilian Arnold erzielten die Treffer für die "Wölfe", die nun sogar vom Einzug ins Halbfinale träumen dürfen. Vor dem Rückspiel am kommenden Dienstag im Bernabeu-Stadion in Madrid mahnte Arnold am NDR Mikrofon: "Wir wissen, dass es in Madrid bei Null losgeht. Wir müssen die Eier zusammenpacken und dann auch kompakt stehen. Das wäre dann schon mal die halbe Miete." Sportchef Klaus Allofs frohlockte: "Diesen Abend kann uns keiner mehr nehmen."

Naldo-Comeback, Henrique in der Startelf

Hecking überraschte mit seiner Startelf, in der Naldo sein Comeback nach fünf Wochen Pause (Schulter-Operation) gab. Im Mittelfeld bot der VfL-Trainer Bruno Henrique auf. Max Kruse saß nur auf der Bank, wo Bas Dost als zweiter langzeitverletzter Wolfsburger Platz nahm. Die Partie begann dann fast erwartungsgemäß: Nach zwei Minuten traf Cristiano Ronaldo, hatte aber hauchdünn im Abseits gestanden. Real hatte mehr Ballbesitz und entwickelte mehr Druck zum Tor, die "Wölfe" setzten auf Konter. Wie in der 12. Minute: Arnold schickte Julian Draxler, der flankte auf Bruno Henrique, doch der Brasilianer brachte nur einen schwachen Kopfball zustande. Auf der Gegenseite hatte Karim Benzema das 1:0 auf dem Fuß, scheiterte jedoch aus kurzer Distanz an VfL-Keeper Diego Benaglio (14.).

"Wölfe" drehen nach Strafstoß auf

Madrids Führung schien nur eine Frage der Zeit, als die Partie plötzlich einen völlig unerwarteten Verlauf nahm. Es begann mit einem Strafstoß für die Gastgeber: André Schürrle ging nach einem Kontakt mit Casemiro zu Boden, eine knifflige Entscheidung für den italienischen Schiedsrichter Gianluca Rocchi, der sich heftiger Real-Proteste erwehren musste. Rodriguez blieb cool und verwandelte zur "Wölfe"-Führung (18.). Das Tor wirkte wie ein Brustlöser, denn nun lief es beim Bundesligisten: Schürrle verpasste noch haarscharf eine Arnold-Hereingabe (23.), aber zwei Minuten später machte es Arnold selbst besser und versenkte einen Pass von Henrique zum 2:0 (25.).

Jetzt spielten sich die "Wölfe" in einen Rausch - vor allem Bruno Henrique machte auf der rechten Seite mächtig Dampf. Erst drosch Draxler einen frechen Lupfer-Pass des Brasilianers neben das Tor (33.), dann geriet eine Bruno-Henrique-Hereingabe auf den in der Mitte mitgelaufenen Schürrle zu ungenau (43.). Reals Bemühungen wirkten dagegen eher mau: Einen Distanzschuss von Toni Kroos hielt Benaglio fest (36.), ein Freistoß von Gareth Bale ging über das Tor (44.).

Schürrle vergibt das 3:0

VfL Wolfsburg - Real Madrid 2:0 (2:0)

Tore: 1:0 Rodriguez (18./Foulelfmeter), 2:0 Arnold (25.)
Zuschauer: 26.400 (ausverkauft)
Wolfsburg: Benaglio - Vieirinha, Naldo, Dante, R. Rodriguez - Guilavogui, Luiz Gustavo - Draxler (90.+1 Schäfer), Arnold, Henrique (79. Träsch) - Schürrle (84. Kruse)
Madrid: Keylor Navas - Danilo Da Silva, Pepe, Ramos, Marcelo - Modric (64. Isco), Casemiro, Kroos (84. James Rodriguez) - Bale, Benzema (40. Jesé), C. Ronaldo

Mit Elan kam der spanische Rekordmeister aus der Kabine. Kroos aus der Distanz (47.) und Ronaldo, der allerdings wegrutschte (49.), hatten erste Gelegenheiten auf den Anschlusstreffer. Aber auch die Wolfsburger hatten Chancen: Bruno Henrique flog knapp an einer Draxler-Flanke vorbei (54.). Die "Wölfe" spielten jedoch ihre wenigen Konterchancen längst nicht mehr so gefährlich zu Ende wie noch im ersten Spielabschnitt. Schürrle lief alleine auf Navas zu, wurde aber doch noch von Sergio Ramos abgedrängt (64.). Kurz darauf hätte der Nationalspieler alles klar machen müssen, schoss jedoch freistehend über das Tor (69.). Die Madrilenen wirkten inzwischen sichtlich genervt: Ronaldo war mehr mit Meckern als mit Fußballspielen beschäftigt. Marcelo trat gegen Arnold nach und hätte dafür eigentlich einen Platzverweis kassieren müssen. Stattdessen sah Arnold Gelb (72.).

Real fällt nichts ein

Der VfL stand nun sehr tief und lieferte den "Königlichen" eine Abwehrschlacht: Ronaldo scheiterte an Benaglio (73.), Kroos schoss vorbei (76.) - mehr brachte der Favorit aber nicht zustande. VfL-Coach Hecking wechselte mit Christian Träsch einen zusätzlichen Defensivmann ein, der sichtlich erschöpfte Bruno Henrique durfte vom Platz und wurde von den Fans gefeiert (80.). Feiern durften zehn Minuten später auch die übrigen VfL-Profis: Sie hatten dank einer überragenden ersten Halbzeit den großen Titelfavoriten nicht nur geärgert, sondern sogar verdient gewonnen. "Oh, wie ist das schön", sangen die Fans - auch das war in Wolfsburg lange nicht zu hören.

Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 06.04.2016 | 22:40 Uhr

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