St. Paulis Daniel-Kofi Kyereh mit einer Flugeinlage © Witters

Kyereh im Datencheck - St. Paulis Ass im Zweitliga-Aufstiegskampf?

Stand: 22.03.2022 12:40 Uhr

von Matthias Heidrich

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein - im Fußball eine nicht zu unterschätzende Gabe. Daniel-Kofi Kyereh war gegen Heidenheim am zweiten Pfosten zur Stelle, als Leart Paqaradas maßgenaue Flanke kam. Anstatt blind vollspann draufzuhalten, schob der 26-Jährige den Ball direkt mit der Seite gegen die Laufrichtung des Keepers ins Tor - technisch perfekt.

Es war sein zehnter Saisontreffer und der fünfte in den jüngsten sechs Spielen. Keine Frage, Kyereh, der zudem noch zehn Torvorlagen geliefert hat, ist aktuell der Steuermann auf St. Paulis Bundesligakurs.

"Mit seinen Toren und Vorlagen, mit seinen Dribblings, seinen offensiven Lösungen, ist er für uns ein extrem wichtiger Spieler." Trainer Timo Schultz über Kyereh

Der torgefährliche Spielmacher war zuletzt auch in Ghanas Nationalmannschaft Stammspieler und muss mit seinem Heimatland "nur noch" die Klippe Nigeria umschiffen, um das Ticket für die WM Ende des Jahres in Katar zu lösen.

Mit Kyereh läuft es wieder für St. Pauli

"Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir ihn nicht eins zu eins ersetzen können", sagt Coach Timo Schultz über den Offensivmann. Das wurde Anfang des Jahres deutlich, als Kyereh mit einer Muskelverletzung vom Afrika-Cup zurückkam. Ohne den Ghanaer holte St. Pauli nur ein 2:2 gegen Aue, verlor das Derby gegen den HSV und spielte remis gegen Paderborn.

Die Grafik zeigt die Leistungsdaten von St. Paulis Spieler Daniel-Kofi Kyereh © NDR

Gegen Regensburg gab Kyereh sein Comeback und erzielte nach seiner Einwechslung das wichtige 3:1 auf dem Weg zum 3:2-Erfolg. Die folgende 0:3-Pleite gegen Hannover ausgenommen, läuft es mit ihm auf dem Platz wieder für die Braun-Weißen.

Zweitliga-Spitze im offensiven Mittelfeld

Sein "Performance-Score" von 58,67, der beste im Vergleich aller offensiven Zweitliga-Mittelfeldspieler, spiegelt die Formstärke des 26-Jährigen in dieser Saison wider. Kyereh erzielt im Schnitt die meisten Tore (0,42 pro Partie) und gibt die meisten Vorlagen (0,38).

3,8 erfolgreiche Dribblings pro Spiel sind hinter Paderborns Julian Justvan (4,5) Rang zwei, mit 0,8 Schlüsselpässen landet Kyereh auf Platz drei - hinter Werders Niklas Schmidt (1,34) und Rostocks Svante Ingelsson (0,83).

Nicht alles Gold, was offensiv bei Kyereh glänzt

In Kyereh hat St. Pauli einen kreativen Straßenfußballer, der immer Risiko geht und im Erfolgsfall eben den Unterschied ausmacht. So einen "Zocker" muss man sich allerdings leisten können. Denn bei dem Techniker ist nicht alles Gold, was offensiv glänzt. "Sechser" Eric Smith oder auch Mittelfeldmann Jackson Irvine müssen für Kyereh kräftig mitarbeiten und auffangen, was dieser verbockt.

10 Ballverluste pro Partie gehen auf die Kappe von Kyereh, der Ligaschnitt auf seiner Position liegt bei 7,54. Als aktiver Verteidiger fällt der Feingeist im St.-Pauli-System praktisch aus. Er erobert lediglich 1,65 Bälle pro Spiel (Schnitt 3,41) und gewinnt nur 38,92 % seiner Zweikämpfe (Schnitt 45,89 %).

Kyerehs aktueller GSN-Index, der das komplette Potenzial eines Spielers beschreibt, sortiert ihn mit dem Wert 60,64 in der Kategorie "Bundesliga-Durchschnitt" ein. Klingt gut für einen Zweitliga-Kicker, allerdings deutet sein möglicher GSN-Index - mit 61,16 ebenfalls Bundesliga-Durchschnitt - kein größeres Entwickungspotenzial an. Die Diskrepanz zwischen Offensivstärke und Defensivschwäche ist dafür zu groß.

Funktioniert Kyereh auch in der Bundesliga?

Tatsächlich in der Ersten Liga angekommen - ob mit St. Pauli oder einem anderen Bundesligaclub - könnte es für Kyereh eng werden, wenn er nicht an seinen Schwächen arbeitet. Die Kiezkicker würden sich den "Offensiv-Zocker" Kyereh, der ausschließlich Stärken in der Offensive hat, in der Bundesliga kaum leisten können, wenn die Klasse um jeden Preis gehalten werden soll.

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Womöglich wäre ein vielseitigerer Ersatz wertvoller, wenn kolportierte Vereine wie Mainz oder Augsburg entsprechend Kyerehs Marktwert zwei oder gar drei Millionen Euro bezahlen, um den 26-Jährigen im Sommer aus dem noch bis 2023 laufenden Vertrag in Hamburg herauszukaufen.

Doch dies ist Zukunftsmusik. Zunächst geht es für den FC St. Pauli darum, tatsächlich den Bundesliga-Aufstieg zu schaffen. Mit Kyereh in derzeitiger Form stehen die Chancen ziemlich gut.

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Das Bild zeigt (v.l.) Tobias Mohr, Leart Paqarada, Romano Schmid, Ko Itakura, Sebastian Schonlau und Klaus Gjasula (Montage) © Imago Foto: Passion2Press, Jan Huebner, Kirchner-Media, Team 2, Nordphoto, HMB-Media

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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 21.03.2022 | 19:30 Uhr

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