Trainer Timo Schultz (2.v.r.) beim Lauftraining mit den Profis des FC St. Pauli. © Witters

FC St. Pauli: Nur mittendrin oder auch oben dabei?

Stand: 15.07.2021 09:22 Uhr

Im vergangenen Jahr legte der FC St. Pauli eine Achterbahnfahrt hin. Welches Gesicht zeigen die Kiezkicker in der kommenden Zweitliga-Saison? Nicht wenige Experten zählen die Hamburger sogar zum Kreis der Aufstiegskandidaten.

von Johannes Freytag

So lief die vergangene Saison:

Die vergangene Spielzeit der Hamburger lässt sich in zwei Hälften teilen. Einer Hinrunde auf den Abstiegsplätzen folgte eine furiose Rückrunde, die den FC St. Pauli noch beinahe in die Aufstiegsränge katapultierte. Spätestens am 10. Spieltag mit der Niederlage beim Aufsteiger Eintracht Braunschweig wurde klar, dass es bei den Kiezkickern nicht rund lief. Mit nur einem Sieg (4:2 gegen Heidenheim) war die Elf von Trainer Timo Schultz Tabellenvorletzter.

Die Wende gelang am 16. Januar mit dem 3:2-Auswärtserfolg bei Hannover 96. Es folgten sieben Siege aus acht Spielen - darunter das 1:0 im Stadtderby gegen den HSV. Mitte März war St. Pauli im Mittelfeld angekommen. Nach vier weiteren Siegen waren sogar die Aufstiegsränge greifbar, erst ein 0:2 in Düsseldorf am 30. Spieltag beendete die zarten Bundesliga-Träume. Es folgte noch ein starkes 2:1 gegen den späteren Aufsteiger Fürth, aber ansonsten war bei den Braun-Weißen die Luft raus. St. Pauli schloss die Saison als Tabellenzehnter ab.

Wer kommt, wer geht:

Zwölf Profis haben die Hamburger verlassen, besonders schmerzhaft waren dabei die Abgänge der Leihspieler Omar Marmoush (VfL Wolfsburg) und Rodrigo Zalazar (Eintracht Frankfurt), die am Millerntor starke Leistungen zeigten. Auch Torwart Dejan Stojanovic (vom FC Middlesbrough ausgeliehen) war ein Rückhalt. Lediglich Eric Smith (KAA Gent) konnten die Kiezkicker fest verpflichten.

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Bei den Neuzugängen ragt der australische Nationalspieler und WM-Teilnehmer von 2018, Jackson Irvine, heraus. Den 28 Jahre alten Mittelfeldmann lobt St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann als "Mentalitätsspieler". Auch vom schnellen Außenbahnakteur Etienne Amenyido, der vom Zweitliga-Absteiger VfL Osnabrück kam, versprechen sich die Norddeutschen viel. Linksverteidiger Lars Ritzka (SC Verl) und Innenverteidiger Jakov Medic (Wehen Wiesbaden) müssen ihre Zweitligatauglichkeit erst unter Beweis stellen.

Neu aufgestellt hat sich St. Pauli auf der Torhüter-Position. Der langjährige Stammkeeper Robin Himmelmann wurde kurz vor Weihnachten zur Nummer zwei "degradiert" und verließ den Club im Frühjahr. Svend Brodersen erhielt keinen neuen Vertrag und lebt jetzt seinen japanischen Traum beim FC Yokohama. Übrig geblieben ist Dennis Smarsch, der sich mit Neuzugang Nikola Vasilj (Zorya Lugansk) einen Zweikampf um den Platz im Tor liefern wird. Eigengewächs Jesper Heim soll die Nummer drei sein.

Das sagt der Trainer:

"Wenn ich ein Resümee ziehen müsste, würde ich sagen, dass in diesem einen Jahr schon alles dabei war, was man irgendwie erleben kann - von einer Mega-Durststrecke zu einem absoluten Höhenflug", sagte Schultz, der in seiner ersten Saison als Profi-Cheftrainer bewiesen hat, dass er Krisen meistern kann: "Das war ein Crash-Kurs in einem Jahr." Der Club vertraut dem 43-Jährigen. "Timo hat gemerkt, dass wir ihm auch in einer schwierigen Zeit den Rücken gestärkt haben und er hat es zurückgezahlt. Er passt einfach wie Faust aufs Auge zu diesem Verein", erklärte Bornemann und fügte hinzu: "Wir haben noch einen langen Weg, den wir gemeinsam gehen wollen."

Für die kommende Saison hat Schultz seine Formation gefunden: "Unser System steht zu großen Teilen. Die Jungs haben sich in der Rückrunde ein halbes Jahr Sicherheit geholt, das hauen wir jetzt nicht kaputt." Auch mit der Vorbereitung ist der St.-Pauli-Coach zufrieden. "Das sah richtig gut aus", sagte er nach dem Test gegen Odense BK (2:2), bei dem die Kiezkicker auch im dritten Spiel ohne Niederlage blieben.

Erwartungen an die Saison:

Mit dem Abstieg dürften die Hamburger in der kommenden Saison nichts zu tun haben. Die starken Leistungen der vergangenen Rückrunde lassen für dieses Jahr allerdings auch auf mehr als nur Rang zehn hoffen. Ob die Kiezkicker, die am 25. Juli mit dem Heimspiel gegen Holstein Kiel starten, tatsächlich wie von manchen Experten prognostiziert ins Aufstiegsrennen eingreifen, erscheint angesichts der namhaften Konkurrenz hoch gegriffen. Auch Trainer Schultz will von solchen Ambitionen nichts hören: "Wir wissen, wo wir herkommen, haben die letzten Jahre noch gut im Gedächtnis."

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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 13.07.2021 | 19:30 Uhr

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