Fußballer zuerst impfen? Unverständnis für Rummenigge-Vorstoß
Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern muss für seinen Vorschlag, Fußball-Profis "als Vorbilder" zuerst gegen Corona zu impfen, viel Kritik einstecken. Besonders Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte fand klare Worte.
"Was mich an diesem Spruch besonders gewundert hat, ist, wie man simples Vordrängeln 'Ich will zuerst geimpft werden' dann noch versucht, als Realisierung einer gesellschaftlichen Vorbildfunktion zu verkaufen", spottete der SPD-Politiker. "Da muss man erst mal drauf kommen, indem man sagt: Wir ziehen vorbei an Erzieherinnen und Erziehern, an Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern, vielleicht auch an medizinischem Personal und Polizisten."
Rummenigge hatte zuvor bei "Sport1" angeregt, dass Fußballprofis bei der Impfung gegen das Coronavirus vorangehen könnten - und sich selbst auch gleich miteinbezogen: "Wir wollen uns überhaupt nicht vordrängen, aber Fußballer könnten als Vorbild einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Lässt sich beispielsweise ein Spieler von Bayern München impfen, wächst das Vertrauen in der Bevölkerung."
Warum werben die Bayern nicht einfach fürs Impfen?
Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Außerhalb des Fußball-Geschäfts wird die Sonderrolle der Profis ohnehin seit Beginn kritisch gesehen. SPD-Sportpolitikerin Dagmar Freitag schlug bei "ntv" vor, der deutsche Rekordmeister könne seine Vorbildrolle auch wahrnehmen, indem er "einen Bruchteil seiner beträchtlichen Einnahmen eingesetzt hätte, um in Anzeigen und TV-Spots mit der Mannschaft für das Impfen zu werben".
Allofs: "Gesellschaft ist schon gespalten genug"
Aber auch Rummenigges Weggefährten sind seinen Ideen mittlerweile entschieden entgegengetreten. "Unsere Gesellschaft ist schon gespalten genug", sagte Klaus Allofs, früher Manager bei Werder Bremen und beim VfL Wolfsburg, der "Rheinischen Post". Für eine Sonderbehandlung der Fußballer sieht das Vorstandsmitglied von Fortuna Düsseldorf "überhaupt keinen Anlass".
Für Werder-Geschäftsführer Frank Baumann ist "selbstverständlich, dass sich der Fußball an die Reihenfolge halten muss". HSV-Trainer Daniel Thioune stellt "sich gerne hinten an". Und auch Dortmunds Manager Michael Zorc reagierte deutlich: "Kein Fußballer, allesamt junge und gesunde Menschen, sollte älteren Menschen oder Pflegern, Polizisten oder Lehrern bei Impfungen vorgezogen werden." Er könne sich nicht mal vorstellen, dass das wirklich irgendjemand "fordert oder denkt".
Im Bremer Offensivmann Leonardo Bittencourt zeigte sich auch ein Bundesliga-Spieler irritiert vom Vorstoß aus München: "Wir sind schon privilegiert genug, dass wir spielen dürfen. Da stelle ich mich doch nicht hin und sage: Ich möchte gerne geimpft werden. Erst mal sollten die Menschen geimpft werden, für die es lebensnotwendig ist, denn die Gesundheit geht immer vor."
Vorbildrolle? "Nicht an wertlosem Turnier teilnehmen"
Bovenschulte hatte dann in Richtung des Bayern-Bosses, dessen Verein gerade an der Club-WM in Katar teilnimmt, auch noch eine Spitze parat: "Mir fällt einiges ein, wie Fußballprofis ihrer gesellschaftlichen Vorbildrolle in der Pandemie gerecht werden könnten. Sie könnten zum Beispiel darauf verzichten, an sportlich wertlosen Turnieren teilzunehmen und dafür um die halbe Welt zu reisen."
