Stand: 05.06.2019 16:33 Uhr

Nur jeder Zehnte hat ein digitales Testament

Ein Holzkreuz liegt auf einem Laptop © Fotolia Foto: Kovac, vectomart, Maksym Yemelyanov
Nur jeder zehnte Deutsche hat sich bisher darum gekümmert, was nach seinem Tod mit den persönlichen Daten und Zugängen passiert.

Ob Fotoalben bei Facebook, Konten bei Onlinebanken oder wichtige Geschäftsunterlagen in der digitalen Cloud: Ein Großteil des Lebens findet heute im Internet statt, doch kaum jemand macht sich Gedanken darüber, was mit den Daten nach dem eigenen Tod passiert. Nicht einmal jeder zehnte Deutsche hat seinen digitalen Nachlass geregelt. Das ergab eine Umfrage im Auftrag der E-Mail-Anbieter WEB.de und GMX aus Jahr 2018.

Arbeit für Gerichte

Auch Gerichte beschäftigen sich zunehmend mit diesem Thema: Vor etwa einem Jahr urteilte der Bundesgerichtshof zu Gunsten einer Mutter, die Zugriff auf das Facebook-Konto ihrer verstorbenen Tochter erhalten wollte. Die Richter stellten damit das digitale und physische Erbe auf eine Stufe. Im April hat das Landgericht Münster ein Urteil gegen den IT-Riesen Apple gefällt. Das Unternehmen muss den Erben eines verstorbenen Angehörigen Zugang zu dessen Daten- und Dokumentensammlungen im Onlinespeicher iCloud gewähren.

Nachlass frühzeitig schriftlich regeln

Wer sichergehen will, dass seine Daten nach dem Tod nicht in falsche Hände geraten und die Angehörigen - wenn gewünscht - Zugriff darauf haben, der sollte seinen digitalen Nachlass im Testament oder auch in einer Vorsorgevollmacht schriftlich regeln. Dazu gehört:

  • eine Übersicht über das digitale Erbe erstellen
  • eine Person des Vertrauens benennen, die sich um den Nachlass kümmert und/oder
  • Zugangsdaten für Onlineprofile und Konten bei einem Notar oder in einem Schließfach hinterlegen (gibt es auch virtuell)
  • festlegen, was mit Online-Daten und Daten auf Speichermedien passieren soll: Accounts löschen oder deaktivieren, Bilder, Texte und Videos archivieren, Abos kündigen und Ähnliches

Was ist mein digitales Erbe?

Zum digitalen Erbe gehören beispielsweise:

  • Daten bei Kommunikationsdiensten wie WhatsApp, Snapchat, Instagram, Twitter, Facebook, E-Mail-Anbietern
  • Konten und Vermögenswerte bei Online-Banken und -Bezahldiensten
  • Kundenkonten bei Online-Shops, Sharing-Systemen, Abos für E-Books und Zeitschriften, Musik- und Filmsammlungen oder Streaming-Diensten
  • Software für den heimischen PC wie zum Beispiel Spiele oder Bildbearbeitungsprogramme oder Speicherplatz in der Cloud
  • Hardware wie Smartphones, externe Festplatten, USB-Sticks, Tablets, E-Book-Reader, MP3-Player und Computer

Online-Dienste und Soziale Netzwerke

Wer Online-Dienste nutzt, sollte rechtzeitig klären, welche Regelungen man im Vorwege treffen kann und welche Rechte und Pflichten nach dem Tod an die Erben übergehen. Beispielsweise müssen online gebuchte Urlaube storniert und online bestellte Waren gegebenenfalls bezahlt werden.

Internetdienstanbieter haben unterschiedliche Regelungen für den Umgang mit den Online-Konten im Todesfall. Viele E-Mail-Anbieter lassen den Zugriff rechtmäßiger Erben auf Mailkonten zu. Auch dessen Löschung sollte bei Vorlage der Sterbeurkunde kein Problem sein.

Funktionen bei Google und Facebook einrichten

Bei Google gibt es den sogenannten Kontoinaktivitätsmanager. Über diese Funktion legt der Nutzer fest, wie lange er inaktiv sein muss, bevor das Konto automatisch an einen vorher festgelegten Kontakt freigegeben wird. Hat man zu Lebzeiten versäumt, diese Funktion einzurichten, wird es für die Hinterbliebenen deutlich umständlicher: Google bietet in einigen Fällen Zugang zum E-Mail-Postfach des Verstorbenen. Dazu muss aber ein autorisierter Vertreter des Verstorbenen verschiedene Dokumente (wie die Sterbeurkunde auf Englisch) an den Firmensitz in Kalifornien senden. Google weist darauf hin, dass die anschließende Prüfung aus Datenschutz-Gründen an ein langwieriges Verfahren gebunden ist. Wenn die Erstprüfung erfolgreich ist, sind weitere Rechtswege in den USA erforderlich. Dieser Prozess bietet den Angehörigen jedoch keine Garantie auf eine Freigabe der Daten.

Bei Facebook können Nutzer einen Nachlasskontakt festlegen. Diese müssen allerdings auch Facebook-Nutzer sein. Hier kann zwischen einem Gedenkzustand oder einer vollständigen Löschung des Kontos gewählt werden. Dann sind nicht mehr alle Bereiche des Profils öffentlich zugänglich und das Profil wird nur noch Freunden des Verstorbenen angezeigt. Ein Zugriff auf die Daten (z.B. Bilder und Nachrichten) ist nicht möglich.

Wichtig ist, sich genau mit den Bedingungen von Online-Anbietern auseinanderzusetzen, die Nutzung der Daten gegebenenfalls einzuschränken und einen Nachlasskontakt zu benennen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 05.06.2019 | 17:40 Uhr

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Recht

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