Messerattacke in Zug von Kiel nach Hamburg: Zwei Tote in Brokstedt

Stand: 26.01.2023 07:15 Uhr

Am Mittwochnachmittag hat in der Bahn von Kiel nach Hamburg ein Mann mit einem Messer andere Zugreisende angegriffen. Zwei Menschen starben. Heute Nachmittag wollen die Innenministerin und die Polizei über den Ermittlungsstand informieren. (Stand: 26.01.2023 07:15)

Bei einer Messerattacke eines Mannes auf Passagiere in einem Regionalexpress von Kiel nach Hamburg sind am Mittwoch zwei Menschen getötet worden. Drei weitere Menschen hätten schwere Verletzungen erlitten, teilte die Polizei in Itzehoe am Mittwochabend mit. Vier Menschen wurden demnach leicht verletzt. Den Informationen nach hatte der Mann kurz vor 15 Uhr vor der Ankunft im Bahnhof Brokstedt (Kreis Steinburg) mit einem Messer Reisende angegriffen. Die Ermittlungen der Itzehoer Kripo in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Itzehoe laufen. Die Identitäten der Getöteten und der Verletzten standen bis zum Mittwochabend nicht zweifelsfrei fest.

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Teilnehmer der Andacht der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Brokstedt für die Opfer des Messerangriffs stellen nach dem Gottesdienst Kerzen vor der Kirche auf. © dpa-Bildfunk Foto: Axel Heimken

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Bei dem Angriff sind zwei junge Menschen gestorben. In der Brokstedter Kirche versammelten sich am Freitagabend rund 200 Menschen. mehr

Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack will heute gegen 14 Uhr gemeinsam mit dem Leiter der Polizeidirektion Itzehoe, Frank Matthiesen, über den aktuellen Ermittlungsstand informieren. NDR.de überträgt diese im Livestream.

Mutmaßlicher Täter festgenommen

Ein Tatort am Bahnhof Brokstedt (Kreis Steinburg). © Daniel Friederichs
Der Tatort am Bahnhof Brokstedt am Mittwochabend.

Nach Angaben der Behörden nahm die Polizei den 33 Jahre alten Mann fest. Auch er sei bei der Attacke verletzt worden - er befinde sich jetzt in einem Krankenhaus und werde, so bald es geht, befragt. Ersthelfer halfen den Angaben nach dabei, ihn festzusetzen. Bei dem Mann handelt es sich laut Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) um einen staatenlosen Palästinenser, der bis vor einigen Tagen in Haft saß und nach Verbüßen seiner Strafe entlassen wurde. Wie der NDR aus Ermittlungskreisen erfuhr, ist der Mann vor etwa acht Jahren aus Gaza nach Deutschland gekommen. Seitdem trat er mehrfach strafrechtlich in Erscheinung, politisch motivierte Taten waren aber offenbar nicht darunter.

"Über die Hintergründe der Tat können wir bisher noch nichts sagen, wir sind dabei, uns selbst Überblick über den ganzen Einsatzraum zu verschaffen", sagte Polizeisprecherin der Polizeiinspektion Itzehoe, Astrid Heidorn, am Tatort. "Wir haben einen Notruf bekommen um 14.55 Uhr - da sind etliche Notrufe eingegangen von Fahrgästen, da dieser Mann Fahrgäste mit einer Stichwaffe attackiert hat." Daraufhin sei die Polizei losgefahren, der Zug hielt im Bahnhofsbereich in Brokstedt. An Bord waren nach Polizeiangaben etwa 120 Fahrgäste.

Zugverkehr nach sechs Stunden wieder angelaufen

Der Bahnhof wurde bis in die Abendstunden gesperrt. Laut Bahn kam es zu Zugausfällen im Fernverkehr zwischen Hamburg und Kiel beziehungsweise Neumünster. Kurz vor 20 Uhr verließ der Zug den Bahnhof Brokstedt. Kurze Zeit später waren dann auch die polizeilichen Maßnahmen vor Ort abgeschlossen. Fast sechs Stunden nach der Messerattacke lief der normale Verkehr auf der Strecke am Abend langsam wieder an. Die Polizei habe den Bahnhof in Brokstedt kurz nach 20.30 Uhr wieder freigegeben, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn.

Innenministerin erschüttert über Tat

Einsatzkräfte der Spurensicherung untersuchen einen Tatort am Bahnhof Brokstedt (Kreis Steinburg) nach einem Messerangriff in einem Regionalzug. © NDR Foto: Laske, Kevin
Einsatzkräfte der Spurensicherung untersuchen den Tatort am Bahnhof Brokstedt (Kreis Steinburg) nach einem Messerangriff im Regionalzug von Kiel nach Hamburg.

"Es ist ganz furchtbar", sagte Innenministerin Sütterlin-Waack am Mittwochnachmittag bei einer ersten Stellungnahme zur Tat, "wir sind ganz erschrocken und entsetzt, dass sowas passiert ist." Die Landespolizei und die Bundespolizei seien vor Ort, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Mittlerweile ist die Innenministerin in Brokstedt angekommen. Sie dankte den Polizisten, die den Täter festgenommen haben, sowie allen Rettungskräften, die die Verletzten versorgt haben. "Für mich steht fest, dass sich die entsetzliche Tat gegen jede Menschlichkeit richtet", sagte Sütterlin-Waack vor Ort.

Günther: "Schleswig-Holstein trauert"

Ministerpräsident Daniel Günther äußerte sich am Mittwochabend ebenfalls zur Tat. "Ich habe mit tiefer Trauer und Bestürzung diese Nachricht aufgenommen - diese sinnlose Tat, die zwei Menschen das Leben gekostet hat und viele weitere Verletzte", sagte der CDU-Politiker. "Ich bin in Gedanken und Gebeten bei den Menschen, bei den Angehörigen in dieser wirklich schweren Situation." Den Einsatzkräften vor Ort, der Polizei, allen Menschen, die sich um die Passagiere und Verletzten kümmern, sprach Günther seinen Dank aus. "Wir werden alles dafür tun - Polizei, Staatsanwaltschaft - dass es zügig geklärt wird - die Hintergründe dieser schrecklichen Tat", sagte Günther und kündigte an, sich umfassend zu äußern, wenn es weitere Neuigkeiten gibt. "Schleswig-Holstein trauert, das ist ein furchtbarer Tag, ganz schrecklich, was dort an dieser Stelle passiert ist", sagte er zum Abschluss.

Justizministerin von der Decken: Hilfsangebote für Opfer

Schleswig-Holsteins Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) wies am Mittwochabend auf Hilfsangebote für die Opfer hin. Es gebe ein Hilfetelefon für die Betroffenen der Messerattacke, das die Polizeidirektion Itzehoe unter (04821) 60 22 100 eingerichtet habe. "Ich bin absolut schockiert über die Ereignisse in Brokstedt", sagte die Ministerin, "mein tiefes Mitgefühl gilt den Opfern und deren Angehörigen." Das Innenministerium hat außerdem zum Gedenken an die Opfer Trauerbeflaggung an den Dienstgebäuden aller Behörden und Dienststellen des Landes angeordnet. Die Flaggen sollten am Donnerstag auf halbmast gesetzt werden, teilte das Ministerium mit. Unter anderem den Kreisen und Gemeinden empfiehlt das Ministerium, sich der Trauerbeflaggung anzuschließen.

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NDR Info | 25.01.2023 | 20:15 Uhr

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