Ein Arzt geht über den Flur eines Krankenhauses. © NDR Foto: Julius Matuschik

Krankenhausreform: Kritik an Enthaltung aus Schleswig-Holstein

Stand: 11.07.2023 10:47 Uhr

Bei der Abstimmung über ein Eckpunkte-Papier zur Krankenhausreform hat sich Schleswig-Holstein enthalten - laut Gesundheitsministerin von der Decken wegen offener Fragen. Die Opposition kritisiert das.

Am Montag haben sich Bund und Länder in Berlin auf ein Eckpunkte-Papier zur Krankenhausreform verständigt. Dieses sieht unter anderem eine Abkehr vom System der Fallpauschalen vor. Eine Klinik wird dann nicht mehr pro einzelnem Fall vergütet, sondern für die Leistungen, die sie anbietet. Außerdem sollen sich Kliniken laut dem Papier stärker spezialisieren. Verschiedene "Level" von Krankenhäusern sollen deutlich machen, ob eine Klinik vor allem für die medizinische Grundversorgung verantwortlich ist oder auch komplizierte Behandlungen übernimmt.

Ein Krankenpfleger schiebt einen Wagen über einen Flur im Krankenhaus Siloah in Hannover. © NDR Foto: Mandy Sarti
AUDIO: Kommentar: Die Krankenhausreform wird keine Revolution (3 Min)

Von der Decken: Papier für SH nicht zufriedenstellend

Bayern stimmte als einziges Bundesland gegen die Reform, Schleswig-Holstein enthielt sich in der Abstimmung. Die Eckpunkte seien zwar eine Verbesserung, aber für Schleswig-Holstein noch nicht zufriedenstellend, sagte Gesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU). "Der Bund konnte sich beim für unsere Krankenhäuser wichtigsten Punkt, der Liquiditätssicherung, zu keinem Entgegenkommen durchringen", so die Ministerin. "Der kalte Strukturwandel - das ziellose Kliniksterben - droht sich also bis zur Reform so weiter fortzusetzen."

Weitere Informationen
Gesundheitsminister Karl Lauterbach spricht auf einer Pressekonferenz zur Krankenhausreform. © Britta Pedersen/dpa

Krankenhausreform: Lauterbach drängt auf Eckpunkte bis 10. Juli

Der Bundesgesundheitsminister sieht eine Einigung mit den Ländern in greifbarer Nähe. Die Reform solle wie vorgesehen am 1. Januar 2024 in Kraft treten können. mehr

Außerdem sei unklar, welche Auswirkungen die Reform auf die Krankenhauslandschaft in Schleswig-Holstein hätte. Eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zugesagte Analyse dazu fehle weiterhin. Dennoch müsse die Reform kommen, betonte Schleswig-Holsteins Gesundheitsministerin. "Wir werden uns als Land aber weiter aktiv einbringen, um die offenen Fragen im Sinne der Patienten und Patientinnen in Schleswig-Holstein zu beantworten und der Reform zum Erfolg zu verhelfen."

FDP und SPD erwarten Erklärung der Gesundheitsministerin

Die Opposition im Landtag kritisierte die Enthaltung Schleswig-Holsteins in der Abstimmung scharf. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Heiner Garg, sprach von einer "krassen Fehlentscheidung" und sagte an von der Decken gewandt: "Ihre Enthaltung zeigt, wie planlos und mutlos diese Ministerin bei den entscheidenden Weichenstellungen für die dauerhafte Versorgungssicherung agiert."

Birte Pauls von der SPD meint, die Enthaltung habe Schleswig-Holstein isoliert. "Während sich 14 Gesundheitsminister mit dem Bund einigen konnten, entschieden sich einzig und allein Schleswig-Holstein und Bayern für einen wenig konstruktiven Weg." Beide Parteien erwarten eine Erklärung von von der Decken.

Weitere Informationen
Krankenhauspersonal läuft einen Flur entlang. © imago images Foto: Shotshop

Krankenhäuser in SH: Zwischen Umbau und Bürgerprotest

Dass die Krankenhäuser eine Reform brauchen, ist weitgehend unumstritten - aber was bedeuten die Pläne des Bundes für die Gesundheitsversorgung vor Ort? mehr

KGSH: Versorgung könnte sich schon 2023 verschlechtern

Die Krankenhausgesellschaft Schleswig-Holstein (KGSH) kritisiert vor allem, dass in dem Eckpunkte-Papier die Zwischenfinanzierung nicht konkret geregelt werde. Denn die Reform soll Anfang 2024 in Kraft treten und dann erst schrittweise umgesetzt werden.

Kurzfristig werde sich die ökonomische Lage der Krankenhäuser zunächst eher verschlechtern, sagt KGSH-Geschäftsführer Patrick Reimund. "In Schleswig-Holstein haben wir schon Insolvenzen und es wird weitere geben, nicht nur hier, sondern bundesweit", sagt er. Wenn sich nichts ändere, könnte sich die Versorgung verschlechtern - das könnte schon in diesem Jahr spürbar werden, meint Reimund. Außerdem werden Patienten längere Wege in Kauf nehmen müssen. "Und es kann auch sein, dass die Beiträge der gesetzlich Versicherten steigen, um die Kosten der Krankenhäuser, die unabweisbar sind - Inflation, Tarifabschlüsse - abdecken zu können."

Ein Arzt geht über den Flur eines Krankenhauses. © NDR Foto: Julius Matuschik
AUDIO: Bund und Länder verständigen sich auf Eckpunkte für Krankenhausreform (1 Min)

Konkreter Gesetzentwurf soll nun erarbeitet werden

Die Forderung der KGSH an den Bund: Entweder müsse das Krankenhausentgeltgesetz verändert werden, das regelt, wie viel Geld die Krankenkassen für die Leistungen der Krankenhäuser zahlen. Oder der Bund müsse den Krankenkassen selbst mehr Geld zur Verfügung stellen, sodass die Entgelte an die Kostenentwicklung angepasst werden könnten. Die Länder hingegen müssten die Investitionskosten der Krankenhäuser übernehmen. Einen gemeinsamen Fonds für zusätzliche Kosten der Strukturveränderung begrüße die Krankenhausgesellschaft.

Ein konkreter Gesetzentwurf zur Krankenhausreform soll über den Sommer mit Beteiligung der Länderseite erarbeitet werden.

Weitere Informationen
Arztteam rollt Patient auf Klinikbett durch einen Krankenhausflur. © panthermedia Foto: spotmatikphoto

Krankenhausreform: CDU in SH kritisiert Lauterbachs Pläne

Der Bund lasse die Krankenhäuser und Kliniken im Regen stehen, so der Vorwurf der Christdemokraten. Eine Lösung sei nicht zu erkennen. mehr

Der Flur in einem Krankenhaus © IMAGO / YAY Images Foto: IMAGO / YAY Images

Krankenhaus-Reform: Vertreter aus SH fordern mehr Mittel

Die Krankenhausgesellschaft warnt davor, das Geld einfach nur umzuverteilen. Eine Krankenhauslandschaft umzubauen, erfordere Investitionen. mehr

Ein Krankenpfleger schiebt einen Wagen über einen Flur im Krankenhaus Siloah in Hannover. © NDR Foto: Mandy Sarti

Krankenhausreform: SH wehrt sich gegen Vorschlag des Bundes

Drei unionsgeführte Bundesländer, darunter Schleswig-Holstein, melden verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschläge für eine Krankenhausreform an. mehr

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 11.07.2023 | 10:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Gesundheitspolitik

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Neumünster: Anke Erdmann, Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, spricht beim Landesparteitag der Grünen Schleswig-Holstein. © dpa Foto: Frank Molter

Grünen-Chefin Erdmann: "Wir prägen die politische Agenda"

Auf dem Landesparteitag der Grünen Schleswig-Holstein in Neumünster hat die Landesvorsitzende eine Bilanz gezogen. mehr

Videos