Impfzentren: Von der Freude, ein "Zahnrad" zu sein
Auch wenn bislang noch nicht geimpft werden kann - erstes Personal wäre bereit. Ungefähr 2.900 Ärzte und etwa 1.900 medizinische Fachangestellte haben sich freiwillig für die Arbeit in den Impfzentren in SH gemeldet.
von Constantin Gill
Noch sind die Abläufe im geplanten Impfzentrum Theorie: Die Blicke der Männer richten sich auf den Grundriss des Gebäudes, der an die Wand vor ihnen projiziert ist. Das eigentliche Gebäude steht in einem anderen Stadtteil. Bei der Lagebesprechung der Kieler Feuerwehr, die den Aufbau des Impfzentrums plant, geht es um IT-Ausstattung und Sicherheitsmaßnahmen, bauliche Fortschritte, die Parksituation und Barrierefreiheit.
Spagat zwischen Praxis und Impfzentrum
Mit dabei ist auch Impfkoordinator Dr. Dennis Kramkowski - er ist der ärztliche Leiter des Zentrums. Momentan kümmert er sich ums Hygienekonzept und um die Dienstplanung für die Ärzte in Kiel. Tagsüber arbeitet Dennis Kramkowski in seiner Praxis, abends gibt es dann Absprachen mit Feuerwehr und Stadt in Videokonferenzen. Manchmal muss er nachts um eins noch E-Mails lesen: "Das ist halt ein Spagat. Das muss man einfach so abarbeiten. Die normale ärztliche Versorgung muss ja weiter gehen. Da können wir nicht sagen, die stellen wir jetzt beiseite und kümmern uns nur noch um Corona."
Applaus im Landtag für die freiwilligen Helfer
Bei alledem spürt Kramkowski auch so etwas wie Stolz - nämlich mit der Arbeit im Impfzentrum etwas für die Bewältigung der Pandemie zu tun. Es sei ein "prima Gefühl, ein Zahnrad zu sein." Für diese Bereitschaft gibt es heute an einem anderen Ort in der Landeshauptstadt Applaus: Im Landtag verkündet der Gesundheitsminister die Zahl der Ärzte und medizinischen Fachangestellten. Applaus gibt es auch, als Heiner Garg die geplanten Impfungen als "den großen Schritt, aus dieser Pandemie herauszukommen" bezeichnet. Die Abgeordneten haben kurz vorher noch über einen Lockdown diskutiertund scheinen regelrecht erleichtert über den Lichtblick.
Informationskampagne geplant
Offene Fragen gibt es dennoch. Wann genau kommt ein Impfstoff nach Schleswig-Holstein? Und wie viele Impfdosen werden es sein? Das kann auch der Minister nicht sagen. "Klar ist aber heute schon, dass zunächst der Impfstoff sehr begrenzt verfügbar sein wird", stellt er fest. Dass medizinisches Personal und Risikogruppen im Vordergrund stehen, hat die Ständige Impfkommission zwar schon angekündigt - aber endgültig stehen die Kriterien erst fest, wenn ein Impfstoff zugelassen ist und eine entsprechende Bundesverordnung vorliegt.
Unklar ist auch, wie genau die jeweiligen Risikogruppen erfahren, dass sie geimpft werden sollen - und wie sie einen Termin bekommen. Darüber wollen die Gesundheitsminister die Bürger nach gemeinsamen Beratungen demnächst "auf allen Kanälen" informieren.
Diskussion um Impfbereitschaft
Das begrüßt Katja Rathje-Hoffmann von der CDU, denn aus ihrer Sicht ist die "Impfbereitschaft noch nicht hoch genug", um die Herdenimmunität zu erreichen. Dass es angesichts beschleunigter Zulassungsverfahren auch Bedenken gegen einen Impfstoff gibt, dafür hat FDP-Fraktionschef Christopher Vogt Verständnis. Umso wichtiger sei es, die Menschen zu informieren. Weil die Langzeitfolgen nicht erforscht sind, geht es aus Sicht von SSW-Mann Christian Dirschauer auch um Vertrauen.
Das haben der AfD-Abgeordnete Claus Schaffer und sein ehemaliger Parteikollege Frank Brodehl nicht - sie sehen zu viele offene Fragen. Marret Bohn von den Grünen hatte zuvor empfohlen, zwischen dem Corona-Risiko und einem geringen Risiko von Impfungen abzuwägen. Ergänzt wird das noch einmal von einem Rechenbeispiel des SPD-Abgeordneten Kai Dolgner, der den skeptischen Abgeordneten "Angstmache" vorwirft.
Impfzentren rechtzeitig fertig
Wann ein Impfstoff kommt, wer zuerst geimpft wird - das entscheidet Dr. Dennis Kramkowski nicht. Aber er wird die Entscheidungen der Politik umsetzen müssen und für einen reibungslosen Ablauf im Impfzentrum sorgen. Der ärztliche Leiter ist zuversichtlich, dass das gelingt: "Wir haben es sehr, sehr gut vorbereitet."
Beim Landkreistag geht man davon aus, dass in jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt am 15.12. Impfzentren betriebsbereit sein werden - die Impfungen können also starten, sobald ein Impfstoff verfügbar ist. Je nachdem, wie viel davon verfügbar ist, kommen weitere hinzu. 29 Impfzentren sind insgesamt geplant. Die Stadt Kiel hat die Presse schon zu einem Termin im künftigen Impfzentrum eingeladen. Bald wird aus der Theorie Praxis.
