Vier Tonnen Kunst: Kann ein Brunnen einfach so verschwinden?
Manches taucht wieder auf, anderes bleibt für immer verschwunden: Skulpturen, Brunnen, Denkmale, die mal den öffentlichen Raum prägten. So wie das Kunstwerk von Udo Reimann in Bad Zwischenahn.
Der 84-jährige Bildhauer aus Oldenburg kann auf ein reiches Werk von Skulpturen zurückblicken, die wichtigsten Werke gibt es zusammengefasst in einem Bildband. Und er ist sichtlich angefasst, seit er weiß, dass eines seiner Werke verschwunden ist. Es geht um einen Brunnen, der seit 1977 vor dem Wellenbad in Bad Zwischenahn stand: rotes Lavagestein aus einem Steinbruch in Hessen, vier Tonnen schwer. Reimann nennt es eine Katastrophe, dass niemand ihm bislang gesagt habe, wo sein Brunnen denn nun sei. "Keiner sagt, wo er ist", so Reimann.
"Nicht jeder Brunnen ist ein Kunstwerk"
Fest steht, dass der Brunnen 2016 abgebaut wurde, weil er defekt war. Die Reparatur hätte 6.000 Euro gekostet. Stattdessen aber habe ihn eine Entsorgungsfirma mitgenommen, sagt Norbert Hemken, Kurdirektor von Bad Zwischenahn dem NDR Niedersachsen. Sie habe ihn nachhaltig weiterverarbeitet. Im Klartext: "Der ist wahrscheinlich geschreddert worden", sagt Hemken. Ganz genau könne das aber niemand sagen. Er fügt an, dass nicht jeder Brunnen ein Kunstwerk sei. "Es gibt ganz viele Brunnen. Dass dieser Brunnen ein Kunstwerk gewesen ist, war für niemanden ersichtlich." Keine Tafel habe auf ein Kunstwerk hingedeutet. Später sei man überrascht gewesen, als herauskam, dass es eben doch ein Kunstwerk gewesen sei.
Anwalt: Künstler hat Anspruch auf Schadensersatz
Für Reimann wiegt das Verschwinden schwer. "Was habe ich vorher investiert? Übernachtung, Werkzeuge, Kranstunden und, und, und, ... Das alles so wegzuwerfen. Es ist 'ne Frechheit." Der 84-Jährige hat sich entschieden, die Sache auch vor Gericht auszutragen, wenn es sein muss. Sein Anwalt Rolf Lübben verweist auf das Urheberrecht des Künstlers. Wenn dessen Werk vernichtet werde, bestehe ein Anspruch, der möglicherweise höher sein kann als der Kaufpreis.
Heinz-Erhardt-Denkmal in Göttingen wieder aufgetaucht
Schlimmstenfalls geht es also vor Gericht. Oder Künstler und Kurdirektion einigen sich. In einem ähnlichen Fall in Bremen jedenfalls sahen sich der Künstler Rolf Nolden und die Stadt tatsächlich vor Gericht wieder - einigten sich dann aber auf Schadensersatz: Die Stadt zahlte dem Künstler 30.000 Euro, nachdem seine Stahlskulptur verschwunden war. Im besten Falle taucht der Brunnen wieder auf, auch wenn die Wahrscheinlichkeit äußerst gering ist, wenn man sich die Ausführungen von Kurdirektor Hemken in Erinnerung ruft. Gegeben hat es das immerhin schon: Vor knapp vier Jahren war in Göttingen das Heinz-Erhardt-Denkmal vom Weender Tor nach einigen Wochen wieder aufgetaucht. Wo es in der Zwischenzeit war, wurde aber nie herausgefunden.
