Klimaschutz: Klage von Biobauern abgewiesen
Drei Biobauern-Familien aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg sowie die Umweltschutzorganisation Greenpeace sind mit einer Klage gegen die Bundesregierung erst einmal gescheitert: Das Berliner Verwaltungsgericht hat sie am Donnerstag nach einer mehrstündigen Verhandlung als unzulässig abgewiesen. Eine Berufung zum Oberverwaltungsgericht als nächste Instanz sei jedoch möglich. Einer der Kläger, Bio-Obstbauer Claus Blohm aus Guderhandviertel im Landkreis Stade, kündigte an: "Wir werden weiterkämpfen."
Klimaklage von Bio-Landwirten abgewiesen
Drei Bauernfamilien wollten vor dem Berliner Verwaltungsgericht ein Urteil erreichen, dass die Bundesregierung mehr für den Klimaschutz tun muss. Die Klage wurde jedoch abgewiesen.
Bauern wollen Bund zum Handeln zwingen
Es geht um den Schutz des Klimas: Gemeinsam wollten die Kläger vor dem Verwaltungsgericht durchsetzen, dass die Regierung wirksame Maßnahmen ergreift, um die für 2020 angekündigten Klimaziele zu erreichen. Einkommenseinbußen in der explizit nachhaltigen Landwirtschaft der Bauern seien auf den Klimawandel zurückzuführen, sagte Greenpeace-Anwalt Severin Pabsch vor der Verhandlung. Zwar gebe es in Deutschland kein Klimaschutzgesetz, es existierten aber etliche Kabinettsbeschlüsse.
Gericht: Kläger haben keine Klagebefugnis
Laut Urteil war eine Pflicht der Bundesregierung zum geforderten Handeln jedoch nicht ersichtlich. Das Aktionsprogramm "Klimaschutz 2020" sei eine politische Absichtserklärung - es enthalte keine "rechtsverbindliche Regelung mit Außenwirkung". Das Klimaziel 2020 sei darüber hinaus mit dem Regierungsentwurf zum Klimaschutzgesetz zulässig auf das Jahr 2023 verschoben. Den Klägern fehle die Klagebefugnis. "Wir müssen die Handlungsspielräume der Exekutive respektieren", sagte der Vorsitzende Richter Hans-Ulrich Marticke in seiner Begründung.
Bundesregierung mahnt: Gewaltenteilung einhalten
Die Vertreter der Bundesregierung hatten in der Verhandlung davor gewarnt, gegen die Gewaltenteilung und das Demokratieprinzip zu verstoßen. Die Verpflichtung der Exekutive durch ein Gericht zu einem bestimmten Handeln wäre ein "schwerer Eingriff in die politische Willensbildung der Bundesregierung und künftiger Bundesregierungen", hieß es. Durch das Urteil sehe man sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt, hieß es vom Bundesumweltministerium. "Es wurden heute Rechtsfragen geklärt, keine politischen Fragen", sagte ein Sprecher. Das Urteil sei "kein Rückschlag für den Klimaschutz." Kläger und Ministerium verfolgten beide das Ziel einer Klimapolitik, mit der Deutschland seine Klimaziele erreiche.
Ernteeinbußen im Alten Land
Biobauer Blohm und seine Mitstreiter werfen der Bundesregierung vor, nicht genug gegen den Klimawandel zu tun. Extreme Dürre koste ihn einen Großteil seiner Apfelernte, so Blohm. Wetterphänomene wie starker Hagel und andauernde Trockenheit sind nach seiner Auffassung direkte Folgen des Klimawandels. Die Obstbauversuchsanstalt in Jork verzeichnet zum Beispiel einen Anstieg der Durchnittstemperaturen von mehr als zwei Grad in den vergangenen fast 100 Jahren.
Blohm: "Der Frost ist nicht mehr da"
Sonnenbrand, Hagel und vor allem ein Schädling, der Apfelwickler, machen Blohm zu schaffen. "Die Schädlinge fühlen sich hier wohl, die haben ja auch im Winter keine Gegner mehr", sagte der Obstbauer dem NDR Fernsehen im Vorfeld der Gerichtsverhandlung. "Der Frost ist nicht mehr da." Dafür macht er die Bundesregierung verantwortlich. Weil sie ihre Klimaschutz-Versprechen nicht einhalte, könne er 70 Prozent seiner Ernte nicht loswerden: die Winter zu warm, die Sommer zu heiß, die Äpfel unverkäuflich.
Backsen: "Politiker haben Stellschrauben in der Hand"
"Wir haben genau jetzt die Nase voll", sagt Klägerin Silke Backsen, Bäuerin auf der schleswig-holsteinischen Nordseeinsel Pellworm. "Politiker haben die großen Stellschrauben in der Hand - nicht wir." Sie ist Mitglied bei Greenpeace. Und wohl deshalb kam die Organisation auf sie zu und fragte, ob sie vom Klimawandel betroffen sei. Die Backsens bewirtschaften einen Biohof mit Grünland, Ackerbau, Rindern und Schafen. Als Insulaner sind die Backsens zudem in einer ganz besonderen Lage: Sie sind als erste und ganz direkt vom Anstieg des Meeresspiegels betroffen. Denn Pellworm liege zum Teil schon jetzt unterhalb davon. Bei Starkregen laufe die Insel voll "wie eine Badewanne". Wenn dann noch eine Sturmflut dazukomme, könne das Wasser nicht einmal durch die Siele ablaufen.
