Landtag: Niedersachsen setzt auf allgemeine Impfpflicht
In einer Sondersitzung hat sich der Landtag mit der Corona-Pandemie befasst. Ministerpräsident Weil warb für eine allgemeine Impfpflicht, die Opposition bemängelte den Kurs der Landesregierung.
Mit Blick auf die dramatische Situation im Gesundheitsssystem in ostdeutschen und süddeutschen Bundesländern sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) in seiner Regierungserklärung, dass die Landesregierung fest entschlossen sei, es in Niedersachsen nicht so weit kommen zu lassen und die Kontrolle über das Infektionsgeschehen zu behalten.
Weil: Impfung "Gebot des Anstands"
"Es ist eine bittere Erfahrung, dass alle Argumente bis jetzt nicht ausgereicht haben, die Impfquote noch einmal deutlich zu erhöhen", sagte Weil. Erneut appellierte er an Ungeimpfte, sich eine Impfung gegen das Coronavirus geben zu lassen. Dies sei auch mit Blick auf die Ärzte, Ärztinnen, Pflegerinnen und Pfleger, die auf den Intensivstationen seit fast zwei Jahren um das Leben von Patienten kämpften, "ein Gebot des Anstands". Die Opposition aus Grünen und FDP kritisierte diese pauschale Forderung und warf der Regierung zudem vor, mit ständig geänderten Regeln chaotische Zustände geschaffen zu haben.
Weil setzt auf Booster-Impfungen und Impfungen für Kinder
Niedersachsen habe sich, so Weil, das Ziel gesetzt, zwischen dem 1. November und dem Jahresende rund 2,8 Millionen Erst-, Zweit- oder Booster-Impfungen zu schaffen. Bis zum 6. Dezember sei davon bereits rund die Hälfte erreicht. "Wir trauen uns zu, bis zum Jahresende das Klassenziel zu schaffen", sagte Weil. Zugleich forderte der Ministerpräsident eine zügige Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für das Vakzin für fünf- bis zwölfjährige Kinder. Diese Empfehlung sei deswegen so wichtig, weil sich an ihr viele Ärztinnen und Ärzte orientierten. In Niedersachsen konnten rund 500.000 Kinder dieser Altersklasse bislang nicht geimpft werden.
Parlament ebnet Weg für weitere Maßnahmen
Zur Bekämpfung der Pandemie setzt Niedersachsen auf die zwei Schwerpunkte Impfungen und Kontaktbeschränkungen. Damit weitere Verschärfungen, die in der Warnstufe 3 gelten sollen, auch möglich sind, hat das Parlament "die konkrete Gefahr der epidemischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019" festgestellt. Alle vier Fraktionen unterstützen das. Die Opposition dringt aber unter anderem auf mehr Tempo beim Impfen. Die FDP lehnt zudem die Einführung der 2G-Regel im Einzelhandelab, die ab Sonnabend gelten soll und auf die sich Bund und Länder zuvor verständigt hatten. Für Ungeimpfte sind zudem Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich geplant.
Kritik von Grünen und FDP
Christian Meyer, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, kritisierte, die Landesregierung ziehe sich zu oft darauf zurück, die noch schlimmeren Ausgangslagen in anderen Bundesländern zu betonen. Dabei sei auch in Niedersachsen die Lage ernst. Er bemängelte zudem das Handeln der Regierung als chaotisch und "zu spät und zu langsam", etwa bei der Schaffung von Test- oder Impfmöglichkeiten.
FDP-Fraktionsvorsitzender Stefan Birkner kritisierte, eine Impfpflicht könne zwar das entscheidende und richtige Mittel sein, es sei aber falsch, diese ohne weitere Diskussion einfach einzufordern. Zunächst müssten alle Argumente abgewogen werden, um eine für die Bürger nachvollziehbare Entscheidung zu treffen.
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