Ein angeklagter Polizist sitzt kurz vor Beginn der Verhandlung in einem Saal vom Fachgerichtszentrum Hannover. © picture alliance/dpa/Moritz Frankenberg Foto: Moritz Frankenberg

Nähe zur Reichsbürger-Szene - Hauptkommissar muss gehen

Stand: 28.04.2022 13:53 Uhr

Das Verwaltungsgericht Hannover hat am Donnerstag entschieden, dass die Polizeidirektion Hannover einen Polizisten aus dem Dienst entfernen darf. Grund ist dessen Nähe zur Reichsbürgerbewegung.

Zur Urteilsbegründung sagte der Vorsitzende Richter, dass Polizeibeamte die Pflicht hätten, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen und ein besonderes Dienst- und Treueverhältnis zum Staat haben. "Damit verträgt sich Ihr Verhalten nicht", sagte der Richter dem 58 Jahre alten Kriminalhauptkommissar. Das Gericht sieht demnach die Nähe zur Reichsbürgerbewegung als gegeben an. Der Kriminalhauptkommissar sei auf Veranstaltungen entsprechenden "Argumentationsmustern" gefolgt und habe die Rechtsordnung zumindest infrage gestellt.

Kriminalhauptkommissar verbreitet Verschwörungstheorien

Die Polizeidirektion Hannover hatte eine Disziplinarklage gegen den 58-Jährigen eingereicht, um ihn aus dem Dienst zu entfernen. Die Behörde warf dem Mann vor, der Reichsbürger-Bewegung anzugehören und staatliche Institutionen verunglimpft und auf sogenannten Querdenker-Veranstaltungen Verschwörungstheorien verbreitet zu haben. Der 58-Jährige war auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen aufgetreten, hatte sich mit vollem Namen als Kriminalhauptkommissar vorgestellt und die Corona-Regeln hinterfragt. Dabei forderte er seine Kollegen auf, sich in der Corona-Lage mehr ihrem Gewissen als dem Gehorsam verpflichtet zu fühlen.

Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit abgewiesen

Zum Prozessauftakt lehnte das Gericht einen Antrag der Verteidigung auf einen Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Es gehe nicht um persönliche Lebensumstände des Beamten, sagte der Vorsitzende Richter.

Nähe zum Rechtsextremismus

"Reichsbürger" sind Menschen, die die Bundesrepublik Deutschland und ihre Rechtsordnung nicht anerkennen. Laut Verfassungsschützern steht die Ideologie der Reichsbürger-Bewegung dem Rechtsextremismus sehr nahe. Volksverhetzende Äußerungen und Holocaust-Leugnungen seien keine Seltenheit.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Hannover | 28.04.2022 | 15:00 Uhr

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