Schläge durch Polizisten: Urteil in Göttingen erwartet
Ein Polizist muss sich seit Ende Februar wegen Schlägen gegen einen Betrunkenen erneut vor Gericht verantworten. Im Berufungsprozess am Landgericht Göttingen soll am Mittwoch das Urteil fallen.
In dem Prozess geht es um einen umstrittenen Polizeieinsatz im Juli 2021. Das Amtsgericht Göttingen hatte in der ersten Instanz den Polizisten vom Vorwurf der Körperverletzung im Amt freigesprochen. Staatsanwaltschaft und Nebenklage waren daraufhin in Berufung gegangen.
Polizeieinsatz gegen Betrunkenen: Todesangst im Handgemenge?
Das Amtsgericht Göttingen hatte in seinem Urteil festgestellt, dass der angeklagte Polizist im Juli 2021 gemeinsam mit drei Kollegen versucht hatte, einen aggressiven Betrunkenen in der Göttinger Innenstadt zu fixieren. Das ging unter anderem aus Bodycam-Aufnahmen hervor. Nach Aussage des Polizisten habe er bei dem Mann zunächst einen Kopfkontrollgriff angesetzt, dabei stürzten er und der Betrunkene zu Boden. Demnach schlug zunächst der Betrunkene dem Polizisten ins Gesicht und umklammerte ihn, so dass ihm die Luft weg blieb. Er habe Todesangst gehabt, sagte der Polizist vor dem Amtsgericht aus.
Rechtswidrige Schläge oder korrektes Vorgehen des Polizisten?
Die vier Polizisten brachten den sich heftig wehrenden Betrunkenen schließlich in Bauchlage, dabei schlug der angeklagte Polizist dem Mann mehrfach ins Gesicht. Zwei dieser Schläge seien rechtswidrig gewesen, weil keine Notwehrsituation mehr bestanden habe, hatte das Amtsgericht geurteilt. Es sei aber nicht auszuschließen, dass der Polizist die Grenzen der Notwehr "aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken" überschritten habe, wie es in Paragraph 33 StGB heißt. Deshalb wurde der Polizist vom Amtsgericht freigesprochen. Im aktuellen Berufungsverfahren am Landgericht Göttingen wurde unter anderem ein Polizeiausbilder aus Hessen als Experte angehört. Er sagte aus, der angeklagte Polizist und seine Kollegen hätten korrekt gehandelt - das Vorgehen der Beamten sei nicht zu beanstanden gewesen.
Unterschiedliche Plädoyers: Verwarnung, Bewährung oder Freispruch
Die Staatsanwaltschaft bewertete den Zugriff hingegen als rechtswidrig. Sie forderte, wie bereits in der ersten Instanz, für den Angeklagten eine Verwarnung mit Strafvorbehalt und die Zahlung von 2.000 Euro an eine gemeinnützige Organisation. Die Nebenklage verlangt eine härteres Urteil: eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung - das hätte für den Angeklagten eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge. Die Verteidiger des Polizeibeamten sprachen sich in ihrem Plädoyer dafür aus, den Freispruch aus der ersten Instanz beizubehalten. Am Mittwoch will das Landgericht Göttingen das Urteil fällen.
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